Träume Zitate (Seite 11)
Spätherbstnebel, kalte Träume,
Überfloren Berg und Tal,
Sturm entblättert schon die Bäume,
Und sie schaun gespenstisch kahl.
Nur ein einzger, traurig schweigsam
Einzger Baum steht unentlaubt,
Feucht von Wehmutstränen gleichsam,
Schüttelt er sein grünes Haupt.
Ach, mein Herz gleicht dieser Wildnis,
Und der Baum, den ich dort schau
Sommergrün, das ist dein Bildnis,
Vielgeliebte, schöne Frau!
Heinrich Heine
Kiefern
Inmitten jungfräulicher Ahornbäume
Und Birken mag ich stolze Kiefern nicht;
Sie störn die Schar lebendig-süßer Träume,
Zuwider ist mir ihr Gesicht.
Im Kreis der auferstandenen Nachbarn stöhnen
Und flüstern oder zittern jene nie.
Den Frühling, den die Siegeskränze krönen,
Gemahnen an den Winter sie.
Und läßt der Wald sein letztes Blatt verwehen,
Der auf das Frühjahr, das Erwachen harrt,
Dann bleiben sie, Künftiges schreckend, stehen
In kühler Schönheit, wie erstarrt.
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Zwielicht
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken ziehn wie schwere Träume -
Was will dieses Graun bedeuten?
Hast ein Reh du lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger ziehn im Wald und blasen,
Stimmen hin und wieder wandern.
Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug und Munde,
Sinnt er Krieg im tück'schen Frieden.
Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neugeboren.
Manches bleibt in...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Die Nachtblume
Nacht ist wie ein stilles Meer,
Lust und Leid und Liebesklagen
Kommen so verworren her
In dem linden Wellenschlagen.
Wünsche wie die Wolken sind,
Schiffen durch die stillen Räume,
Wer erkennt im lauten Wind,
Ob’s Gedanken oder Träume?
Schließ ich nun auch Herz und Mund,
Die so gern den Sternen klagen;
Leise doch im Herzensgrund
Bleibt das linde Wellenschlagen.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Blick ins Licht
Still von Baum zu Bäumen schaukeln
Meinen Kahn die Uferwellen;
Märchenblütenblau umgaukeln
Meine Fahrt die Schilflibellen,
Schatten küssen den Boden der Flut.
Durch die dunkle Wölbung der Erlen
- welch ein funkelndes Verschwenden -
Streut die Sonne mit goldenen Händen
Silberne Perlen
In die smaragdenen Wirbel der Flut.
Durch die Flucht der Strahlen schweben
Bang nach oben meine Träume,
Wo die Bäume
Ihre krausen Häupter heben
In des Himmels ruhige Flut.
Und in leichtem,...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Wenn ich seh’ der andern Lieb’
Fühl’ mich dabei nur wie ein Dieb
Such’ in mir nur dies Gefühl
Doch je mehr ich in mir wühl’
Spür ich nur die eisig Kühl’
Verliere mich in Träume
Schreite gedanklich durch all die Räume
Aber auch meine Zeit wird wieder kommen
Sonst mein Leben ich mir hätt’ schon längst genommen
Mit Feigheit hat dies nichts zu tun
Würd’ dann endlich nur in Frieden ruh’n
Verlange ich zuviel von mir
Oder such’ ich letztendlich nur nach Dir?
Stephan Brünnler
Feldeinsamkeit
Ich ruhe still im hohen, grünen Gras
und sende lange meinen Blick nach oben,
von Grillen rings umschwirrt ohn’ Unterlaß,
von Himmelsbläue wundersam umwoben.
Und schöne, weiße Wolken ziehn dahin
durchs tiefe Blau, wie schöne stille Träume.
mir ist, als ob ich längst gestorben bin,
und ziehe selig mit durch ew’ge Räume.
Hermann Ludwig Allmers