Zitate
Ins Leben schleicht sich das Leiden
wie ein heimlicher Dieb,
wir alle müssen scheiden
von allem was uns lieb.
Was gäbe es nicht auf Erden,
wer hielt den Jammer aus
wer möcht geboren werden,
hieltst du nicht droben Haus!
Du bists, der, was wir bauen
mild über uns zerbricht
daß wir den Himmel schauen -
darum so klag ich nicht.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Das ists, was mich ganz verstöret:
daß die Nacht nicht Ruhe hält,
wenn zu atmen aufgehöret
lange schon die müde Welt.
Daß die Glocken, die da schlagen,
und im Wald der leise Wind
jede Nacht von neuem klagen
um mein liebes, süßes Kind.
Daß mein Herz nicht konnte brechen
bei dem letzten Todeskuß,
daß ich wie im Wahnsinn sprechen
nun in irren Liedern muß.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Der Pilot
Glaube stehet still erhoben
Überm mächt'gen Wellenklan,
Lieset in den Sternen droben
Fromm des Schiffleins sichern Gang.
Liebe schwellet sanft die Segel,
Dämmernd zwischen Tag und Nacht
Schweifen Paradieses Vögel,
Ob der Morgen bald erwacht?
Morgen will sich kühn entzünden,
Nun wird's mir auf einmal kund;
Hoffnung wird die Heimat finden
Und den stillen Ankergrund.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Die Zeit geht schnell
Lieb' Vöglein, vor Blüten
Sieht man dich kaum,
Im dämmernd beglühten
Flüsternden Baum;
Wann in Morgenfunken
Sprüh'n Thäler und Quell,
Singst du feuertrunken –
Aber die Zeit geht schnell.
Wie balde muß lassen
Seine Blätter der Wald,
Die Blumen erblassen,
Die Gegend wird alt,
Erstarrt ist im Eise
Der muntere Quell –
Rüst' die Flügel zur Reise;
Denn die Zeit geht schnell.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Verschwiegene Liebe
Über Wipfel und Saaten
In den Glanz hinein –
Wer mag sie erraten,
Wer holte sie ein?
Gedanken sich wiegen,
Die Nacht ist verschwiegen,
Gedanken sind frei.
Errät es nur eine,
wer an sie gedacht,
Beim Rauschen der Haine,
Wenn niemand mehr wacht,
Als die Wolken, die fliegen –
Mein Lieb ist verschwiegen
Und schön wie die Nacht.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Es geht wohl anders als du meinst:
derweil du frei und fröhlich scheinst,
ist Lenz und Sonnenschein verflogen,
die liebe Gegend schwarz umzogen;
und kaum hast du dich ausgeweint,
lacht alles wieder, die Sonne scheint -
es geht wohl anders, als man meint!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff