Träume Zitate (Seite 10)
Am Wegesrand
Auf der Terrasse sitze ich,
mit Blick in unseren Garten.
Sehr darauf gefreut habe ich mich
und konnte es kaum erwarten.
Ich will sie spüren, die warme Luft;
weit öffne ich Fenster und Tür.
Der Garten hängt voll mit blumigem Duft,
und ich bin dankbar dafür.
Bin dankbar für Blumen, Wiesen und Bäume,
für Tiere aller Arten,
für die Erfüllung mancher Träume.
Was darf ich vom Leben mehr erwarten?
Wir sollten öfter ruhig stehen,
um links und rechts zu schauen.
Zeit haben, aufeinander...
Edith Tries
Im Sommer
O komm mit mir aus dem Gewühl der Menge,
Aus Rauch und Qualm und tobendem Gedränge,
Zum stillen Wald,
Dort wo die Wipfel sanfte Grüße tauschen,
Und aus der Zweige sanft bewegtem Rauschen
Ein Liedchen schallt.
Dort zu dem Quell, der durch die Felsen gleitet
Und dann zum Teich die klaren Wasser breitet,
Führ ich dich hin.
In seinem Spiegel schau die stolzen Bäume
Und weiße Wolken, die wie sanfte Träume
Vorüberziehn.
Dort laß uns lauschen auf der Quelle Tropfen
Und auf der...
Heinrich Seidel
Rosengruß
Heimlich durch's Fenster kam er geflogen,
Schüchterner Liebe duftiger Gruß –
Sieht sich der hoffende Werber betrogen?
Sinnende Maid, warum zögert Dein Fuß?
Durch des Gemaches verschwiegene Räume
Fluthet der Rosen bestrickender Hauch,
Wiegt Dich in süße, berauschende Träume,
Wecket den Frühling im Herzen dir auch.
Bald zu den Lippen wirst Du sie heben,
Rosen zu Rosen – blühende Zeit! –
Aber noch zagst Du mit innerem Beben –
Ahnst Du die Dornen? Ahnst Du das Leid?
Ernst Scherenberg
Ecce homo
Seht her: mein Herz ist arm, mein Herz ist arm und blutet;
Des Lebens ganzer Harm hat nächtens es durchfluthet.
Ich gab's den Nöthen preis und aller Qual auf Erden,
Und wähnte, daß sein Schweiß euch könnt' zum Glücke werden.
Nun ist ihm alle Kraft und alle Gluth verflogen,
Denn schweren Giftes Saft hat's aus der Qual gesogen.
Wohin mein Auge schaut, verwelkt das Grün der Bäume,
Die Blüthe stirbt der Braut, verdirbt der Duft der Träume.
Was wollt ihr noch von mir? O laßt mich sterben...
Ludwig Scharf
Kindergebetchen
Lieber Gott, ich liege
Im Bett. Ich weiß ich wiege
Seit gestern fünfunddreißig Pfund.
Halte Pa und Ma gesund.
Ich bin ein armes Zwiebelchen,
Nimm mir das nicht übelchen.
Lieber Gott, recht gute Nacht.
Ich hab noch schnell Pipi gemacht,
Damit ich von dir träume.
Ich stelle mir den Himmel vor
Wie hinterm Brandenburger Tor
Die Lindenbäume.
Nimm meine Worte freundlich hin,
Weil ich schon sehr erwachsen bin.
Joachim Ringelnatz
Klartext
Menschen durchforsten die Läden,
gönnen sich kaum eine Pause,
kaufen nur Nonsens in Massen,
schleppen viel Plastik nach Hause.
Kinder spielen auf Müllhaufen,
atmen die schädlichen Gase,
fangen schon früh an zu saufen,
ziehen sich Koks in die Nase.
Ausländer werden verachtet,
und Regeln werden gebrochen,
im Park mit Bier übernachtet,
eigener Wortschatz gesprochen.
Verpönt sind Würde und Anstand,
genau wie Güte und Respekt,
keiner reicht dem Andern die Hand,
sieht achtlos zu, wie er...
Horst Rehmann
Worte sind …
Worte sind das Bild der Seele,
farbenfroh, sehr bunt und offen,
sie durchwandern uns're Kehle,
sagen das, was wir erhoffen.
Worte sind das Bild des Lebens,
eingerahmt in Freud und Leid
des Nehmens und des Gebens,
jedoch auf unbestimmte Zeit.
Worte sind das Bild des Herzen,
glühend heiß und voller Liebe,
aufgelegt sogar zum Scherzen,
offen für das Weltgetriebe.
Worte sind das Bild der Träume,
meist tugendhaft, aber auch wild,
kennen weder Zeit noch Räume,
sie sind nun mal der...
Horst Rehmann
Spätherbst
Fahlgrau verdämmert der Tag…
Nebel in flatternden Stücken,
will mir die Brust bedrücken,
Furcht regt sich im Föhrenschlag.
Und schon nahet der Sturm,
Herbst beugt die greisen Bäume, –
in meine dumpfen Träume
zittern die Glocken vom Turm.
Schall und verworrener Klang
aus dem Häusergewimmel;
Dampf quillt zum nächtlichen Himmel
in aufstrebendem Drang.
Dunkel schleicht mir ins Herz,
Wolken ballen sich dichter –
Aber drüben die Lichter
winken mir heimatwärts.
Wilhelm Popp
Ewig jung ist nur die Sonne
Heute fanden meine Schritte
mein vergeßnes Jugendtal,
Seine Sohle lag verödet,
seine Berge standen kahl.
Meine Bäume, meine Träume,
meine buchendunkeln Höhn –
Ewig jung ist nur die Sonne,
sie allein ist ewig schön.
Drüben dort in schilf'gem Grunde,
wo die müde Lache liegt,
Hat zu meiner Jugendstunde
sich lebend'ge Flut gewiegt,
Durch die Heiden, durch die Weiden
ging ein wandernd Herdgetön –
Ewig jung ist nur die Sonne,
sie allein ist ewig schön.
Conrad Ferdinand Meyer
Mein Weg
Manchmal macht es mir Spaß,
auf meinem Weg
Purzelbäume zu schlagen,
voll Übermut
und ein bißchen unvernünftig.
Dann hüpfe ich
über die Steine der Konventionen,
springe
über den Zaun der Angepaßtheit,
gehe ein paar Schritte
auf der Straße Phantasie.
Dort kommen mir
meine Träume, Wünsche
und Hoffnungen entgegen,
Hand in Hand
gehen wir zusammen,
ein kleines Stück.
Ruth W. Lingenfelser
Blütenreife
I.
Die Blüten schlafen am Baume
In schwüler, flüsternder Nacht,
Sie trinken in duftigem Traume
Die flimmernde, feuchte Pracht.
Sie trinken den lauen Regen,
Den glitzernden Mondenschein,
Sie zittern dem Licht entgegen,
Sie saugen es taumelnd ein:
Sie sprengen die schweigende Hülle
Und gleiten berauscht durch die Luft
Und sterben an der Fülle
Von Glut und Glanz und Duft.
Das war die Nacht der Träume,
Der Liebe schwül gärende Nacht,
Da sind mit den Knospen der Bäume
Auch meine Lieder...
Hugo von Hofmannsthal
Alle Landschaften haben
Sich mit Blau erfüllt.
Alle Büsche und Bäume des Stromes,
Der weit in den Norden schwillt.
Leichte Geschwader, Wolken,
Weiße Segel dicht,
Die Gestade des Himmels dahinter
Zergehen in Wind und Licht.
Wenn die Abende sinken
Und wir schlafen ein,
Gehen die Träume, die schönen,
Mit leichten Füßen herein.
Zymbeln lassen sie klingen
In den Händen licht.
Manche flüstern und halten
Kerzen vor ihr Gesicht.
Georg Heym