Ruhe Zitate (Seite 10)
Feierlich, in wunderbarem Frieden
Feierlich, in wunderbarem Frieden,
ziehen die Gestirne ihre Bahn.
Warum ist mir Ruhe nicht beschieden?
Quält mich Reue? Plagt mich eitler Wahn?
Nein, nichts such ich, was ich einst besessen,
und was war, das hab ich nie bereut.
Ruhen will ich und mich selbst vergessen –
wunschlos ruhn in alle Ewigkeit.
Doch nicht jenen Schlaf in Grabestiefe
suche ich in kalter, dunkler Gruft.
Atmen soll die Brust, als wenn ich schliefe,
atmen will ich warme Sommerluft.
Einer...
Michael Jurjewitsch Lermontow
Das Unendliche
Lieb war mir immer dieser kahle Hügel
Und diese Hecke, die dem Blick so Viel
Vom fernsten Horizont zu schau'n verwehrt.
Und wenn ich sitz' und um mich blicke, träum' ich,
Endlose Weiten, übermenschlich Schweigen
Und allertiefste Ruhe herrsche dort
Jenseit der niedern Schranke, und das Herz
Erschauert mir vor Grau'n. Und hör' ich dann
Den Wind erbrausen im Gezweig, vergleich' ich
Die grenzenlose Stille dort, und hier
Die laute Stimme; und des Ew'gen denk' ich,
Der todten Zeiten...
Giacomo Graf Leopardi
Winternacht
Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
es kracht der Schnee von meinen Tritten,
es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
nur fort, nur immer fort geschritten!
Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
die sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
den Zweig zurück zur Erde richten.
Frost! Friere mir ins Herz hinein!
Tief in das heißbewegte, wilde!
Daß einmal Ruhe mag da drinnen sein,
wie hier im nächtlichen Gefilde!
Nikolaus Lenau
Nebelschleier, feucht und schwer,
Wallten um die elfte Schwester,
Fröstelnd schreitet sie einher,
Zieht des Mantels Falten fester.
Ihre Augen blicken trüb',
Ach, dahin ist alles Prangen!
Was den heit'ren Schwestern lieb,
Ist zur Ruhe eingegangen.
Aber sieh, des Menschen Lust
Ruht nicht mit den Kreaturen,
Jägereifer in der Brust
Folgt er kühn des Wildes Spuren.
Leicht entdeckt im weichen Schnee
Von der losgelass'nen Meute,
Werden Häslein, Fuchs und Reh
Seiner Flinte sichre Beute.
Auch...
Helene Krüger
Die schönsten Farben
Die schönsten Farben sind die späten:
ganz friedensselig, reif und rein.
Gewoben sind in ihre Ruhe
die Jahressegnungen hinein.
So schaut die reife Menschenseele
die Helle höchster Farbenpracht
und das Geheimnis letzten Leuchtens
just an der Pforte letzter Nacht.
Karl Ernst Knodt
Zwei Gräber
Sie liebten sich und mußten, ach, sich meiden!
Im Traum nur durften sie einander sehen,
Im Traume sich ihre Liebe eingestehen,
Denn eine weite Kluft lag zwischen beiden.
Da kam der stille Tod und machte Frieden,
Mit milder Hand versöhnt' er ihre Leiden,
Und während sonst im Tod die Menschen scheiden,
Hat sie der Tod vereinigt noch hienieden.
Sein Grab umklettern blüh'nde Rosenranken
Sie sind vom Hügel sanft hinabgestiegen,
Sich zärtlich an das Immergrün zu schmiegen,
Das ihrem...
Max Kalbeck
Sehnsucht
Das macht der duftige Jasmin,
Daß ich nicht Ruhe finde,
Die Nachtgedanken der Sehnsucht ziehn
Hinaus und schweifen im Winde.
Ob eine Seele wohl mein gedenkt
In all der blühenden Runde?
Ich hätte gar bald mein Herz verschenkt,
So einsam ist die Stunde!
Wie Silber liegt der Mondenschein
Über den schweigenden Gärten. –
O ging es jetzt in die Welt hinein
Mit einem lieben Gefährten!
O kämst du, Einziger, her zu mir,
Zu mir in Nacht und Schweigen!
Und führtest die Einsame fort von hier,...
Max Kalbeck
Die Heimat
Froh kehrt der Schiffer heim an den stillen Strom
Von fernen Inseln, wo er geerntet hat;
Wohl möchte auch ich zur Heimat wieder;
Aber was hab ich, wie Leid geerntet?
Ihr holden Ufer, die ihr mich auferzogt,
Stillt ihr der Liebe Leiden? ach! gebt ihr mir,
Ihr Wälder meiner Kindheit, wann ich
Komme, die Ruhe noch einmal wieder?
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Im Gefängnis
(nach Paul Verlaine)
Der Himmel ist über dem Dach
So blau, so stille.
Ein Baum wiegt über dem Dach
Seines Wipfels Fülle.
Die Glocke im Himmelsraum,
Sie läutet leise.
Ein Vöglein singt auf dem Baum
Seine traurige Weise.
Mein Gott, welche Ruhe hat
Hier das schlichte Leben!
Friedlich dringt aus der Stadt
Ein raunend Weben.
– Sage, was hast denn du,
Weinend in Bann und Acht,
Mit deiner Jugend du,
Ärmster, gemacht?
Karl Henckell
Nachtlied
Zur Ruhe ist gegangen
Der Menschen Treiben, Thun;
Sie finden ihr Verlangen, –
Nur mein Herz kann nicht ruhn.
Jetzt erst wird Alles stille,
Die Nacht zieht groß einher,
Mit ihres Friedens Fülle; –
Schlaf, Herz, was willst du mehr.
Zu dir kommt auch der Frieden,
Wenn gleich der Busen schwer;
Er naht sich gern den Müden, –
Schlaf, Herz, was willst du mehr.
Denkst du vergangner Zeiten? –
O, sie sind dir Gewähr,
Daß sie auf schön're deuten. –
Schlaf, Herz, was willst du mehr.
Denkst du...
Ida Gräfin von Hahn-Hahn
Die wahre Liebe
Auf einer alten Mauer saßen
Zwei junge treue Turteltauben,
Die, voll von innerlicher Liebe,
Die Augen auf einander wandten,
Und dann und wann die Flügel zuckten.
Ein Sperling auf dem nächsten Dache
Voll buhlerischer Brunst und Schalkheit,
Hieß dieses Paars verliebte Ruhe,
Frost, Schläfrigkeit und Unvermögen.
Da sprach der Täuber, doch mit Sanftmut:
Sprich nicht so schlimm von unsrer Liebe.
Horch! deine junge Gattin seufzet.
Sie heißt dich einen Ungetreuen.
Sie, die du gestern...
Johann Nikolaus Götz
Zum Fressen geboren, zum Kraulen bestellt
in Schlummer verloren gefällt mir die Welt.
Ich schnurr' auf dem Schoße, ich ruhe im Bett
in lieblicher Pose, ob schlank oder fett.
So gelte ich allen als göttliches Tier, sie stammeln
und lallen und huldigen mir, liebkosen mir
glücklich den Bauch, Öhrchen und Tatz –
ich wählte es wieder, das Leben der Katz.
Johann Wolfgang von Goethe
Der Vater ewig in Ruhe verbleibt,
Er hat der Welt sich einverleibt.
Der Sohn hat Großes unternommen,
Die Welt zu erlösen ist er gekommen;
Hat gut gelehrt und viel ertragen,
Wunder noch heut in unsern Tagen.
Nun aber kommt der heilige Geist,
Er wirkt am Pfingsten allermeist.
Woher er kommt, wohin er weht,
Das hat noch niemand ausgespäht.
Sie geben ihm nur eine kurze Frist,
Da er doch Erst- und Letzter ist.
Johann Wolfgang von Goethe