Nebel Zitate (Seite 6)
Das Meer erglänzte weit hinaus
Im letzten Abendscheine;
Wir saßen am einsamen Fischerhaus,
Wir saßen stumm und alleine.
Der Nebel stieg, das Wasser schwoll,
Die Möwe flog hin und wider;
Aus deinen Augen, liebevoll,
Fielen die Tränen nieder.
Ich sah sie fallen auf deine Hand,
Und bin aufs Knie gesunken;
Ich hab von deiner weißen Hand
Die Tränen fortgetrunken.
Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib,
Die Seele stirbt vor Sehnen; -
Mich hat das unglücksel'ge Weib
Vergiftet mit ihren Tränen.
Heinrich Heine
Nacht der Trennung
Welche Mißgunst hat zur Plage
Armer Liebe dich erdacht?
Welcher Gott erschuf dich, sage,
Nacht der Trennung, lange Nacht?
Ohne Mondlicht, ohne Sterne,
Ohne Lied der Nachtigall
Drückt auf alle Näh' und Ferne
Deiner Nebel dunkler Schwall.
Ungeseh'n und still wie Geister,
Die von Stern zu Sterne zieh'n.
Wandelt nur die blasse Sehnsucht
Leise klagend her und hin.
Moritz Hartmann
Herbstgefühl
Wie ferne Tritte hörst du's schallen,
Doch weit umher ist nichts zu sehn,
Als wie die Blätter träumend fallen
Und rauschend mit dem Wind verwehn.
Es dringt hervor wie leise Klagen,
Die immer neuem Schmerz entstehn,
Wie Wehruf aus entschwundnen Tagen,
Wie stetes Kommen und Vergehn.
Du hörst, wie durch der Bäume Gipfel
Die Stunden unaufhaltsam gehn,
Der Nebel regnet in die Wipfel,
Du weinst, und kannst es nicht verstehn.
Martin Greif
Neues Leben
Standest jüngst noch wie verdorret,
Schlanker Baum auf stiller Au!
Deine kahlen Wipfel schwankten
Trauernd in der Nebel Grau.
Und nun prangst du tausenblütig
In dem schönsten Festtagskleid!
Neues Leben kehrte wieder
Und dahin ist Winterleid.
Stillt auch meines Herzens Sehnen
Bald ein lindes Frühlingsweh'n?
Feiert auch mein Geist beseligt
Bald ein herrlich Aufersteh'n?
Johann Philipp Glöckler
Nun säume nicht, die Gaben zu erhaschen
Des scheidenden Gepränges vor der Wende.
Die grauen Wolken sammeln sich behende.
Die Nebel können bald uns überraschen.
Ein schwaches Flöten von zerpflücktem Aste
Verkündet dir, daß letzte Güte weise
Das Land (eh es im nahem Sturm vereise)
Noch hülle mit beglänzendem Damaste.
Die Wespen mit den goldengrünen Schuppen
Sind von verschlossnen Kelchen fortgeflogen.
Wir fahren mit dem Kahn im weiten Bogen
Um bronzebraune Laubes Inselgruppen.
Stefan George
Lied
Ach, du fliehst vergebens
Was dich härmt und kränkt:
Keinem wird des Lebens
Bittrer Zoll geschenkt.
Wenn der erste süße
Jugendleichtsinn schwand,
Bleibt dir an die Füße
Stets ein Weh gebannt.
Zu den höchsten Matten,
Unter's stille Dach
Wandelt, wie dein Schatten,
Dir die Sorge nach.
Mischt zu jedem Glanze
Sich als Nebel still,
Nagt an jedem Kranze,
Der dir blühen will;
Bis du, unter Schmerzen,
An durchkämpftem Tag
Dir errangst im Herzen,
Was sie bänd'gen mag:
Muth, der...
Emanuel Geibel
Guter Rat
An einem Sommermorgen
da nimm den Wanderstab,
es fallen deine Sorgen
wie Nebel von dir ab.
Des Himmels heitre Bläue
lacht dir ins Herz hinein
und schließt, wie Gottes Treue,
mit seinem Dach dich ein.
Rings Blüten nur und Triebe
und Halme von Segen schwer,
dir ist, als zöge die Liebe
des Weges nebenher.
So heimisch alles klingt
als wie im Vaterhaus,
und über die Lerchen schwingt
die Seele sich hinaus.
Theodor Fontane
Frühe
Im Osten graut's, der Nebel fällt,
Wer weiß, wie bald sich's rühret!
Doch schwer im Schlaf ruht noch die Welt,
Von allem nichts verspüret.
Nur eine frühe Lerche steigt,
Es hat ihr was geträumet
Vom Lichte, wenn noch alles schweigt,
Das kaum die Höhen säumet.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Sommerende
Das Dunkeln
beginnt wieder früher
und rauchiger atmet
die welke Natur.
Das Laub bedeckt
raschelnd die Wege,
schon zeichnet der Herbst
seine farbige Spur.
Noch Sommer
und doch schon vorüber.
Als Reif endet morgens
der Nebel im Gras.
Scheint mittags
noch wärmende Sonne,
verwandelt sie ihn
in Perlen aus Glas.
Sonja Drechsel-Walther
Von allen Seelen die geschaffen –
Hab eine ich – erwählt –
Wenn Sinn von Geist sich trennt –
Und Ausflucht – nicht mehr zählt –
Wenn das was ist – und das was war –
Für sich – und wahrhaft – steht –
Und dieses kurze Erdenstück –
Wie Treibsand – ist verweht –
Wenn Formen ihre Schönheit zeigen –
Und Nebel weggewallt,
Siehe die Urform – die ich meine –
Vor aller Lehmgestalt!
Emily Dickinson
Wenns dämmert
Und Tag um Tag geht still dahin,
Und meine ruhigen Augen sehn,
Wie alle Wünsche wunschlos still
In eine blasse Dämmerung gehn.
Dich lieb ich, du! Oh komm, sei mein!
Ein grauer Nebel kommt und steht.
Wo bist du?! Alles grau und leer.
Und mein Begehren wankt und geht.
Wohin, wohin!? Ich seh kein Licht,
Ins Graue schwindet, was ich will.
Laß gehn dahin und frage nicht,
Laß gehn dahin und blicke still.
Wunsch geht und Welt geruhig hin,
Und meine ruhigen Augen sehn,
Wie alle...
Otto Julius Bierbaum
Frühlingsmorgen
Leuchtend brach der Strahl der Sonne,
Aus den weißen Nebelfluthen,
Als ich heut' am frühen Morgen
Durch die thaubenetzte Wiese
Kummervollen Herzens hinschlich;
Und die morgenfrische Erde
Streckte alle ihre Glieder,
Blätter, Blüthen, Halme, Gräser –
Alle durstend ihm entgegen.
Ach, wenn also Deiner Liebe
Seligsüßer Strahl doch endlich
Segnend auf mich niederthaute,
Jene Nebel hell durchbrechend,
Die von allen Seiten trübe
Meines Lebens Pfad umfließen –
Wenn ich endlich, gleich...
Wilhelm Arent
