Nebel Zitate (Seite 4)
Juninacht
Sterne künden die Nacht.
Glänzend wie Schwanengefieder
senkt sie zur Erde sich nieder.
Liebchen habe nun acht!
Rings wie Nebel empor
heben sich Zaubergestalten.
Nymphen jetzt Zwiegespräch halten,
zärtlich seufzend im Rohr.
Oberon ruft zum Tanz;
Elfen umfangen sich lüstern.
Horch, in den Zweigen das Flüstern!
Sieh, im Grase der Glanz!
Mohn blüht feurig im Korn,
wo sie im Reigen sich drehen.
Schleier wie Spinngeweb weben
früh an Distel und Dorn.
Tauiger Hauch küßt wach
blühende Rosen...
Theobald Nöthig
An die Mutter
Kennst, teure Mutter, du die schöne Fabel,
wie stets der Sonnengott zur Mutter fliegt,
die jede Nacht in ihrem welken Schoße
den wegemüden Sohn in Schlummer wiegt?
Muß er doch tagelang die Welt durchirren,
hat doch der Arme längst der Fahrt genug
durch graue Nebel, Wetter, düstre Wolken,
ach, fast so viel als je ein Mensch ertrug.
Er legt als Greis sich und ersteht als Jüngling
und strahlt mit neuer Kraft durchs Morgenrot –
O Mutter, Mutter, voller Engelsgüte, –
ich hab' es so...
Jan Neruda
Träume nur, Seele…
In den verdämmernden Herbsttag hinein
zauberst du lachenden Sonnenschein,
und aus der Blätter vergilbendem Flor
blühen dir duftige Veilchen empor,
träumende Seele –
Tönt denn der Glocken dumpfhallender Klang
dir wie ein schmetternder Lerchengesang?
Siehst du der Erde verweintes Gesicht,
fühlst du die eisigen Nebel denn nicht,
träumende Seele? –
Träume nur, träume… der Frühling ist weit;
Rosen hat's nimmer im Winter geschneit –
dumpf; nur und klagend, verweht vom...
Clara Müller-Jahnke
Winternacht
Die lange, lange, dunkle Nacht
hab ich durchwacht,
mit Seufzen und in Tränen
tät sich mein Herz aus öder Qual
dem Sonnenstrahl,
dem Licht entgegensehnen.
Und nun es kommt – wie bleich und kalt:
es wogt und wallt
des Nebels Wahngebilde, –
zu Eis erstarrt die Träne – ach!
ein Wintertag
liegt über dem Gefilde!
Clara Müller-Jahnke
Wintersaat
In des Kornfelds kahl Gebreite
tiefe Furchen reißt der Pflug.
Weißer Nebel hüllt die Weite,
hüllt den Wald in Schleiertuch.
Nur der Landmann noch beim Säen
steht, vom letzten Licht umloht, –
und ein schreiend Volk von Krähen
hebt sich scheu ins Abendrot.
Aus dem bunten Spiel der Zeiten
wird uns letzte Weisheit kund,
...
Clara Müller-Jahnke
In dieser Winterfrühe
wie ist mir doch zumut!
O Morgenrot, ich glühe
vor deinem Jugendblut.
Es glüht der alte Felsen
und Wald und Burg zumal,
berauschte Nebel wälzen
sich jäh hinab ins Tal.
Mit tatenfroher Eile
erhebt sich Herz und Sinn
und flügelt goldne Pfeile
durch alle Ferne hin.
Ach wohl! was aus mir singet
ist nur der Liebe Glück,
die wirren Töne schlinget
sie sanft in sich zurück.
Eduard Mörike