Freuden Zitate (Seite 6)
Die eine Klage
Wer die tiefste aller Wunden
Hat in Geist und Sinn empfunden,
Bittrer Trennung Schmerz;
Wer geliebt, was er verloren,
Lassen muß, was er erkoren,
Das geliebte Herz,
Der versteht in Lust die Tränen
Und der Liebe ewig Sehnen
Eins in Zwei zu sein,
Eins im Andern sich zu finden,
Daß der Zweiheit Grenzen schwinden
Und des Daseins Pein.
Wer so ganz in Herz und Sinnen
Konnt‘ ein Wesen liebgewinnen,
O! den tröstet’s nicht ,
Daß für Freuden, die verloren,
Neue werden neu...
Karoline von Günderode
Der Kuß im Traume
Es hat ein Kuß mir Leben eingehaucht,
Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten,
Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten,
Daß neue Wonnen meine Lippe saugt.
In Träume war solch Leben eingetaucht,
Drum leb‘ ich, ewig Träume zu betrachten,
Kann aller andern Freuden Glanz verachten,
Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht.
Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,
Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen
Und mich verzehren seiner Sonne Gluten.
Drum birg...
Karoline von Günderode
Wenn dich Glück und Freunde fliehen,
Sei du nicht so tief besorgt,
Wie besitzen nur geliehen
Ist verloren nur geborgt.
So an trüben Herbstestagen,
Wenn erlosch des Jahres Glanz,
Schau im Wind die Blätter jagen,
Ein entfleischter Totentanz.
Aber kaum der Lenz erschienen,
Zahlt ein Erbe, lusterstarkt,
Er mit barem, blanken Grünen,
Was der Vorfahr abgekargt.
Hold von neuem sind die Götter,
Üb'rall Wonne, Lust und Licht,
Neue Freuden, neue Blätter –
Freilich nur dieselben nicht.
Franz Grillparzer
Der Halbmond glänzet am Himmel
Der Halbmond glänzet am Himmel,
Und es ist neblicht und kalt.
Gegrüßt sei du Halber dort oben,
Wie du, bin ich Einer der halb.
Halb gut, halb übel geboren,
Und dürftig in beider Gestalt,
Mein Gutes ohne Würde,
Das Böse ohne Gewalt.
Halb schmeckt' ich die Freuden des Lebens,
Nichts ganz als meine Reu';
Die ersten Bissen genossen,
Schien Alles mir einerlei.
Halb gab ich mich hin den Musen,
Und sie erhörten mich halb;
Halb auf der Hälfte des Lebens
Entflohn sie und...
Franz Grillparzer
Abschied
War unersättlich nach viel tausend Küssen,
Und mußt mit einem Kuß am Ende scheiden.
Nach herber Trennung tiefempfundnem Leiden
War mir das Ufer, dem ich mich entrissen,
Mit Wohnungen, mit Bergen, Hügeln, Flüssen,
Solang ich's deutlich sah, ein Schatz der Freuden;
Zuletzt im Blauen blieb ein Augenweiden
An fernentwichnen lichten Finsternissen.
Und endlich, als das Meer den Blick umgrenzte,
Fiel mir zurück ins Herz mein heiß Verlangen;
Ich suchte mein Verlornes gar verdrossen.
Da war...
Johann Wolfgang von Goethe
Sei du im Leben wie im Wissen
Durchaus der reinen Fahrt beflissen;
Wenn Sturm und Strömung stoßen, zerrn;
Sie werden doch nicht deine Herrn;
Kompass und Pol-Stern, Zeitenmesser
Und Sonn' und Mond verstehst du besser,
Vollendest so nach deiner Art
Mit stillen Freuden deine Fahrt.
Besonders, wenn dich's nicht verdrießt,
Wo sich der Weg im Kreise schließt;
Der Weltumsegler freudig trifft
Den Hafen, wo er ausgeschifft.
Johann Wolfgang von Goethe
Bleibe, schönes Mädchen! ruft der Knabe,
Rafft von seinem Lager sich geschwind:
Hier ist Ceres', hier ist Bacchus' Gabe,
Und du bringst den Amor, liebes Kind!
Bist vor Schrecken blaß!
Liebe, komm und laß,
Laß uns sehn, wie froh die Götter sind!
Ferne bleib, o Jüngling! bleibe stehen,
Ich gehöre nicht den Freuden an.
Schon der letzte Schritt ist, ach! geschehen
Durch der guten Mutter kranken Wahn,
Die genesend schwur:
Jugend und Natur
Sei dem Himmel künftig untertan.
Und der alten Götter bunt...
Johann Wolfgang von Goethe
Rastlose Liebe
Dem Schnee, dem Regen
Dem Wind entgegen,
Im Dampf der Klüfte,
Durch Nebeldüfte,
Immer zu! Immer zu!
Ohne Rast und Ruh'!
Lieber durch Leiden
Möcht' ich mich schlagen,
Als so viel Freuden
Des Lebens ertragen.
Alle das Neigen
Von Herzen zu Herzen,
Ach wie so eigen
Schaffet das Schmerzen!
Wie, soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh',
Liebe, bist Du!
Johann Wolfgang von Goethe
Heidenröslein
Sah ein Knab' ein Röslein steh'n,
Röslein auf der Heiden,
war so jung und morgenschön,
lief er schnell, es nah zu seh'n,
sah's mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Knabe sprach: Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!
Röslein sprach: Ich steche dich,
daß du ewig denkst an mich,
und ich will's nicht leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.
Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und...
Johann Wolfgang von Goethe
Du seufzest über dürres Land, –
o sei nur blind nicht, nicht so träge!
Viel Freuden schmachten unerkannt,
das sind die Blumen am Wege.
Sie winken still, sie duften fein,
erheischen nicht deine Pflege,
sie möchten nur geerntet sein,
die kleinen Blumen am Wege.
Nach goldenem Sterne, weit entrückt,
blickst du, nach fernem Gehege, –
dieweil verblühen, ungepflückt,
viel tausend Blumen am Wege!
Amélie Godin
Denk' an den Tod!
Denk' an den Tod
Mit seinen Schauern und mit seinen Schrecken!
Erschütternd tönt sein Wort, dich aufzuwecken,
Eh deinen Staub des Grabes Dunkel decken –
Denk' an den Tod!
Denk' an den Tod
Mit seinen Freuden und mit seinen Wonnen!
Beseligend, wenn Gram und Leid zerronnen,
Enthüllt er dir der ew'gen Heimat Sonnen –
Denk' an den Tod!
Johann Peter Glöckner
Zum neuen Jahr ein neues Herze,
ein frisches Blatt im Lebensbuch.
Die alte Schuld sei ausgestrichen
und ausgetilgt der alte Fluch.
Zum neuen Jahr ein neues Herze,
ein frisches Blatt im Lebensbuch!
Zum neuen Jahr ein neues Hoffen!
Die Erde wird noch immer wieder grün.
Auch dieser März bringt Lerchenlieder.
Auch dieser Mai bringt Rosen wieder.
Auch dieses Jahr läßt Freuden blühn.
Zum neuen Jahr ein neues Hoffen.
Die Erde wird noch immer grün.
Karl Gerok