Worte Zitate (Seite 37)
Die stumme Schöne
Als ich die junge Clitia
Schön, wie ein Tag im Frühling, sah,
Rief ich: welch reizendes Gesicht!
O schade! daß sie doch nicht spricht!
Sie sprach, und nun war ich ganz Ohr,
Kaum stammelt sie zwei Worte vor;
So rief ich: welch ein schön Gesicht!
Nur ewig schade! daß sie spricht.
Christian Felix Weiße
Ich hab dich lieb, kannst du es denn ermessen,
Verstehn das Wort, so traut und süß?
Es schließet in sich eine Welt von Wonne,
Es birgt in sich ein ganzes Paradies.
Ich hab dich lieb, so tönt es mir entgegen,
Wenn morgens ich zu neuem Sein erwacht;
Und wenn am Abend tausend Sterne funkeln,
Ich hab dich lieb, so klingt die Nacht.
Du bist mir fern, ich will darob nicht klagen,
Dich hegen in des Herzens heil'gem Schrein.
Kling fort, mein Lied! Jauchz auf, beglückte Seele!
Ich hab dich lieb, und...
Frank Wedekind
Abgewendet
Du stehst vor mir, ein stolzes Weib,
In hoher, unnahbarer Pracht,
Als wüßte nichts dein holder Leib
Vom Zauber süßer Liebesmacht.
Die Lippen weigern Wort und Gruß,
Die Lippen, deren weiche Glut
Zu mancher Stund' im Flammenkuß
Auf meinen freudig jüngst geruht.
Nicht sekmnkst du scheu der Augen Licht,
Wenn ich im Zufall dir genaht,
Dein marmorbleiches Angesicht,
Nicht bebt es, führt uns gleicher Pfad,
So ferne heut', da gestern noch
Der Tag uns sah voll Seligkeit –
Doch ob du fremd...
Gottfried Wandner
Zu Gott, den er im Staub verehrte, sprach
Einst ein Kalif in seiner letzten Stunde
Als einziges Gebet die frommen Worte:
"Ich bringe Dir, allein'ger höchster Herrscher,
Dir, einzig unbeschränktes Wesen, Alles,
Was du entbehrst in Deiner Herrlichkeit
Und nur uns Erdenwürmern wolltest gönnen:
Schuld, Reue, Elend und Unwissenheit."
– Doch hätt' er noch die Hoffnung nennen können.
Voltaire
Scheinleben
Und seit des Nichts unsäglicher Gedanke,
Ein wilder Blitz, mir in die Seele schlug,
Ist Schein geworden all mein Thun und Wesen,
Ist all mein Leben eitel Lug und Trug.
Am Richtplatz sah man: wenn das Haupt gefallen,
Auffährt der Rumpf und bebt zwei Schritte fort,
Das Auge zuckt und will die Welt noch sehen,
Die Lippen stammeln noch ein leises Wort.
Friedrich Theodor von Vischer
O selige Nacht
O selige Nacht! In himmlischer Pracht
erscheint auf der Weide ein Bote der Freude
den Hirten, die nächtlich die Herde bewacht.
Wie tröstlich er spricht: O fürchtet euch nicht!
Ihr waret verloren, heut ist euch geboren
der Heiland, der allen das Leben verspricht.
Seht Bethlehem dort, den glücklichen Ort!
Da werdet ihr finden, was wir euch verkünden,
das sehnlich erwartete göttliche Wort.
Christoph Bernhard Verspoel
Poetenbegräbnis
Abseits des Weges grub man ihn ein,
Zwei Männer standen am Schragen,
Ohn Sing und Sang im Tannenschrein
Hat man ihn fortgetragen.
Hoch war sein Dach in lichtleerer Welt,
Sein Tun: nur nächtliches Schreiben.
Er war ein Dichter und ohne Geld:
"Was soll so nutzloses Treiben?"
Denn niemand weiß, wie ihm glühte der Kopf,
Wenn die Seele in Flammen gestanden:
"Er war ein seltsam-verrückter Tropf
Und wurde daran zuschanden."
Und keines Menschen Mund hat geklagt
Ob unverstandenem...
Wilhelm Uhlmann-Bixterheide
Sie schläft
Morgens, vom letzten Schlaf ein Stück,
nimm mich ein bißchen mit –
auf deinem Traumboot zu gleiten ist Glück –
Die Zeituhr geht ihren harten Schritt ...
pick-pack ...
»Sie schläft mit ihm« ist ein gutes Wort.
Im Schlaf fließt das Dunkel zusammen.
Zwei sind keins. Es knistern die kleinen Flammen,
aber dein Atem fächelt sie fort.
Ich bin aus der Welt. Ich will nie wieder in sie zurück –
jetzt, wo du nicht bist, bist du ganz mein.
Morgens, im letzten Schlummer ein Stück,
kann ich...
Kurt Tucholsky
Ein rasches Wort, im Zorn gesagt,
Dir anfangs gar zu wohl behagt;
Hörst du's nachher von den andern wieder,
Schlägst du beschämt die Augen nieder.
Heiß schien es dir voll Süßigkeit,
Ein rechter Trost fürs Herzeleid;
Sollst du daselbe kalt verspeisen,
Wird's gallenbitter sich erweisen.
Johannes Trojan
Haß
Im Innern gezüchtet als Larve des Bösen
sorgsam behütet von meiner Verschlossenheit
genährt an der Brust des Mißverständnisses,
gestärkt durch Artgenossen im derben Spiel aus anderen
sucht er ausgewachsen
die Freiheit aus der Enge.
Entsteigt aus der Tiefe der Seele
quetscht mir beim Aufstieg das Herz,
lähmt den Verstand
benutzt mich Hilflosen für sein böses Treiben
schiedet meine Worte zu erbarmungslosen Dolchen
springt dem anderen mit meiner Faust in sein Gesicht.
Und stirbt....
Nico Szaba