Abgewendet
Du stehst vor mir, ein stolzes Weib,
In hoher, unnahbarer Pracht,
Als wüßte nichts dein holder Leib
Vom Zauber süßer Liebesmacht.
Die Lippen weigern Wort und Gruß,
Die Lippen, deren weiche Glut
Zu mancher Stund' im Flammenkuß
Auf meinen freudig jüngst geruht.
Nicht sekmnkst du scheu der Augen Licht,
Wenn ich im Zufall dir genaht,
Dein marmorbleiches Angesicht,
Nicht bebt es, führt uns gleicher Pfad,
So ferne heut', da gestern noch
Der Tag uns sah voll Seligkeit –
Doch ob du fremd warst, bleibst du doch
Mein eigen ganz für alle Zeit.
Und mag dein Herz vergessen ganz,
Was es an meinem schnöd verbrach:
Dir folgt in neuer Sonne Glanz
Der alten Liebe Schatten nach!
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Es wandelt, was wir schauen
Es wandelt, was wir schauen,
Tag sinkt ins Abendrot,
Die Lust hat eignes Grauen,
Und alles hat den Tod.
Ins Leben schleicht das Leiden
Sich heimlich wie ein Dieb,
Wir alle müssen scheiden
Von allem, was uns lieb.
Was gäb' es doch auf Erden,
Wer hielt' den Jammer aus,
Wer möcht' geboren werden,
Hielt'st Du nicht droben Haus!
Du bist's, der, was wir bauen,
Mild über uns zerbricht,
Daß wir den Himmel schauen –
Darum so klag' ich nicht.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff