Übers Leben Zitate (Seite 18)
Zu spät
Ich weiß es wohl, was mir dein kühler Kuß
Geheim verrät,
Daß all mein Wünschen hier entsagen muß –
Es ist zu spät.
Wenn auch dein müdes Herz ein letztes Glück
Nicht ganz verschmäht,
Verlornes Leben bringt kein Kuß zurück –
Es ist zu spät.
Manchmal im Herbst von Blüten steht ein Strauch
Noch übersät –
Sie werden nie zur Frucht – und wissens auch …
Es ist zu spät.
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Verantwortung
Du machst es dir noch leicht.
Du tust Verzicht
und gibst der Welt
dann Trauer zum Entgelt:
sie muß es büßen,
was du nicht erreicht.
Verzicht' und traure,
aber klage nicht;
dein Schmerz durchschaure
Leben und Gedicht, –
doch bau er sie nicht auf!
Das fall' dem zu,
der über...
Christian Morgenstern
Auf dem Strome
Am Himmel der Wolken
Erdunkelnder Kranz …
Auf schauerndem Strome
Metallischer Glanz …
Die Wälder zuseiten
So finster und tot …
Und in flüsterndem Gleiten
Vorüber mein Boot …
Ein Schrei aus der Ferne –
Dann still wie zuvor …
Wie weit sich von Menschen
Mein Leben verlor! …
Eine Welle läuft leise
Schon lang nebenher,
Sie denkt wohl, ich reise
Hinunter zum Meer …
Ja, ich reise, ich reise,
Weiß selbst nicht, wohin
Immer weiter und weiter
Verlockt mich mein Sinn …
Schon kündet ein...
Christian Morgenstern
Wohl dem, der schon aus seiner Frühlingswelt
zurück zur Heimat kehrt, wo keine Blume
Verwelkt, kein Sommer drückt, kein Herbstwind rauscht,
Die falben Blätter über Stoppeln jagend,
Kein Wintersturm, die greisen Locken schüttelnd,
Mit Schnee die Flur sowie das Herz bedeckt!
Dann ist der Tod ein treuer Freund, der nur
Zu sanftem Schlummer uns die Augen schließt,
Der aus dem Labyrinth des Lebens uns entführt
Und zu dem bessern Sein uns aufwärts trägt.
Minerva, »Taschenbuch für Damen
Es gibt Sportskanonen, die
jagen
den falschen Gelegenheiten hinterher,
ringen
jeden Tag um ihre Existenz,
boxen
sich so gerade durch's Leben,
rennen
ihren verpaßten Chancen hinterher,
schwimmen
ständig gegen den Strom,
wandern
von einer Gelegenheit zur anderen,
schießen
oft übers Ziel hinaus,
segeln
fast immer gegen den Wind,
reiten
auf zu hohem Roß,
werfen
oftmals alles in die Waagschale,
laufen
sich die Hacken ab,
fliegen
bei manchen Gelegenheiten auf die Schnauze,
springen
dafür manchmal...
Willy Meurer
Klarheit
Schließ ab, schließ ab an jedem Tag des Lebens,
und frage dich, zu welchem Zweck du lebst.
Stets mußt du wissen, ob du wohl vergebens,
ob mit Erfolg nach diesem Ziele strebst.
Ein kluger Mann will keine einz'ge Stunde
im Zweifel über seine Lage sein;
er fordert von ihr klare, sichre Kunde
und prägt sich, was sie sagt, für immer ein.
Wer das nicht tut, der gleicht den armen Frauen,
die ohne Öl und nie gerüstet sind.
Sie schlafen fort im blinden Selbstvertrauen
und sind, wie dies...
Karl May
Ein Morgen im Walde.
Dunkle Waldesbäume,
Wie sind sie so hold,
Weht durch grüne Bäume
Morgensonnengold.
Efeuzweige ranken
Sich durch's weiche Gras,
Glockenblumen schwanken
Ohne Unterlaß.
Schlanke Stämme breiten
Ihre Wipfel aus,
Heil'ge Schauer gleiten
Durch dies Gotteshaus.
Waldeslust und -leben,
Drüber Himmelsblau!
All dies Blüh'n und Weben
Spiegelt sich im Tau.
Will dein Herz ergrimmen
Ob dem Tun der Welt
Hör des Waldes Stimmen,
Such sein grünes Zelt!
Dort wirst du erhalten...
Eugenie Marlitt
Was ich dir wünsche
Jeden Morgen eine Sonne, die dich weckt
mit Zuversicht und mit gutem Appetit
auf das Frühstück und das Leben.
Jeden Tag einen Weg,
der dich nicht immer nur geradewegs zum Ziel führt,
sondern ab und zu ein paar wunderschöne Umwege macht.
Jede Nacht ein paar gute Sterne über dir,
die dich beschützen und deinen Schlaf bewachen.
Jochen Mariss
Du weißt es besser
Von Deinen Augen geträumt,
jedes Deiner Worte
eingeprägt.
Nächte durchgeheult
wegen Dir.
Wie verrückt Gedichte geschrieben,
die völlig absurde Hoffnung,
Du könntest sie mal lesen.
In Gedanken
Deine Hand,
Deine Lippen berührt
und
schließlich gedacht,
ohne Dich nicht leben zu können.
Aber Du stehst vor mir
und behauptest allen Ernstes:
"Du liebst mich nicht."
Claudia Malzahn