Nur Dir Zitate (Seite 6)
Die Klage, sie wecket…
Die Klage, sie wecket
Den Toten nicht auf,
Die Liebe nur decket
Den Vorhang dir auf.
Man liebt und was immer
Das Leben belebt,
Mit fassenden Sinnen
Die Augen erhebt.
Das zarte Umfassen,
Es löst sich so bald,
Die Augen erblassen
Es stirbt die Gestalt.
Die Liebe, sie schicket
Die Klage ihr nach
Die Liebe, sie blicket
Den Toten bald wach.
Die Klage, sie wecket
Die Toten nicht auf,
Die Liebe nur decket
Das Leben dir auf.
Clemens Brentano
Denk' an deine Jugendsonne,
wenn dich's in der Seele friert;
träum von Jugendglück und Wonne,
wenn es Herbst im Herzen wird.
Strömt der Sonne Strahlenquelle
auch nur einen Augenblick: –
bleibt ihr Glanz in Herz und Seele
doch noch lange Zeit zurück!
Träumst du auch nur für Sekunden
von dem Glück, das längst dahin: –
ist dir gleich der Traum entschwunden,
lang' glüht dir sein Bild im Sinn.
Schmückst mit Blumen neu die Liebe,
suchst des Freundes treue Brust
gleich, als ob sie ewig...
Balder vom Berge
Wir werden uns nicht wiedersehn
Wir werden uns wohl niemals wiedersehn,
Denn ungleich sind die Launen und die Stunden,
Und deine Gegenwart ist mit Gefahr verbunden.
Drum werd' ich weislich dir stets aus dem Wege gehen.
Scheint diese Furchtsamkeit dir etwas übertrieben?
O! so bedenke nur:
Wer könnte Kaltsinn üben,
Wo Schönheit und Natur
Uns nöthigen zu lieben?
Nun denn! die kleinste Lust, dich flüchtig nur zu sehn,
Versag' ich mir, die Welt könnt's zum Verbrechen machen.
Wenn auch Verleumdung...
Gabriele von Baumberg
Erwachsen also unter lauter Wortkrämerei und tätiger Lüge, lernt der Knabe nur eine Wahrheit kennen, die er auch von ganzem Herzen glaubt, nämlich: Krieche wie die, so vor dir sind, durchs Leben, genieße und schwätze viel; tue aber wenig, alles nur für dich, damit du dir nichts abbrechest, und fröne deinen Lüsten.
Johann Gottfried von Herder
Selbst die Götter dehnen sich und wachsen / und mischen sich in einen Riesengott; / und allgemeine Liebe wird er heißen. / Doch, teilst du deine Liebe in das All, / bleibt wenig für den einzelnen, den nächsten, / und ganz dir in der Brust nur noch der Haß. / Die Liebe liebt den nahen Gegenstand, / und alle lieben ist nicht mehr Gefühl. / Was du Empfindung wähnst, ist nur Gedanke, / und der Gedanke schrumpft dir ein zum Wort, / und um des Wortes willen wirst du hassen, / verfolgen, töten!
Franz Grillparzer
Mein Herz
Die Zeit vergeht,
Dein Gesicht verblaßt,
der Schmerz läßt nach,
mein Herz verheilt.
Wie es in mir steht?
Hab Dich gehaßt,
das macht es einfach
und übereilt.
Denn wie soll man hassen,
was man liebt,
nur um das Alleinsein, nicht dabei sein,
besser zu ertragen.
Ich kann nicht von Dir lassen,
mich etwas zu Dir schiebt,
nicht einsam, zweisam sein
und tausend Fragen.
Und ein Gefühl,
noch immer Liebe,
herrscht in mir vor
und trotzt dem Schmerz.
Im Gefühlsgewühl,
trotz...
Klemens Winterer
Wie wird doch Alles enden noch?
Wie wird sich Alles wenden doch?
O frage nicht, es gibt die Zeit,
Wer weiß, dir nur zu bald Bescheid!
Schon manchen Sehnens bist du bar,
Das deiner Jungend theuer war,
Und jedes Jahr, das dir verstrich,
Betrog um eine Hoffnung dich.
Wie trügest du noch mit festem Mut
Du dieses Lebens mißlich Gut,
Blieb nicht für jeden nächsten Tag
Der Ungewißheit Reiz dir wach?
O frage nicht, was werden wird;
Geh' deine Straße unbeirrt,
Und spende Dank dem Weltengeist,
Daß du,...
Robert Waldmüller
Ob nachts auch thränenfeucht dein Pfühl,
Und heiß die ruhelosen Lider,
Einst wirst du schlummern sanft und kühl,
Und keine Sorge weckt dich wieder.
Vergehe nicht in Angst und Qual,
Es eilt die Stunde, dich zu retten;
Vier Bretter nur braucht's dünn und schmal,
Ein müdes Menschenherz zu betten.
Und du auch findest eine Hand,
Die Augen sanft dir zuzudrücken,
Mit einer Blume, einem Band
Dir Deinen Sarg noch auszuschmücken.
Der Tod bring Ruhe deinem Harm,
Die dir das Leben nie vergönnte;
Halt...
Albert Träger
Grabschrift
War's dir nicht möglich, Ewiger,
des Lebens und des Sterbens Herr,
mein Flehen zu erhören,
da ich im Staube vor dir rang
und da mein Weinen aufwärts drang
zu deinen Jubelchören?
Was jubelt wohl die Engelschar,
wozu schlägt man die Harfen gar,
als um das große Stöhnen,
das Schreien dieser armen Welt,
den Jammer unterm Himmelszelt
mit List zu übertönen?
Mein Stöhnen war dir nur ein Spott,
du nahmst ihn mir, o Herre Gott,
behalt ihn denn zum Raube;
nun siehe, was dein Zorn mir...
Hermann Sudermann
Die Stadt
Am grauen Strand, am grauen Meer
Und seitab liegt die Stadt;
Der Nebel drückt die Dächer schwer,
Und durch die Stille braust das Meer
Eintönig um die Stadt.
Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
Kein Vogel ohne Unterlass;
Die Wanderganz mit hartem Schrei
Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei,
Am Strande weht das Gras.
Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
Du graue Stadt am Meer;
Der Jugend Zauber für und für
Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
Du graue Stadt am Meer.
Theodor Storm