Lied Zitate (Seite 18)
Schweigen
Als ich noch jung war,
Liebt' ich zu klagen,
All, was dem Herzen leid,
Vielen zu sagen.
Nun, da ich älter,
Hehl' ich die Pein,
Schließe den Kummer
Im Innersten ein.
Denn ich erfuhr es:
Kalt ist die Welt,
Und nur der Anteil
Lindert, was quält.
Sowie das Vöglein,
Jedermann kennt's,
Das seine Liebe
Flötet im Lenz,
Aber vorüber
Rosen und Brut,
Lautlos in Zweigen
Fürder nun ruht.
So meine Muse,
Also mein Herz;
War doch ihr Lied nur
Sehnsucht und Schmerz.
Franz Grillparzer
Der Halbmond glänzet am Himmel
Der Halbmond glänzet am Himmel,
Und es ist neblicht und kalt.
Gegrüßt sei du Halber dort oben,
Wie du, bin ich Einer der halb.
Halb gut, halb übel geboren,
Und dürftig in beider Gestalt,
Mein Gutes ohne Würde,
Das Böse ohne Gewalt.
Halb schmeckt' ich die Freuden des Lebens,
Nichts ganz als meine Reu';
Die ersten Bissen genossen,
Schien Alles mir einerlei.
Halb gab ich mich hin den Musen,
Und sie erhörten mich halb;
Halb auf der Hälfte des Lebens
Entflohn sie und...
Franz Grillparzer
Ein Gleichnis
Jüngst pflückt' ich einen Wiesenstrauß,
Trug ihn gedankenvoll nach Haus;
Da hatten, von der warmen Hand,
Die Kronen sich alle zur Erde gewandt.
Ich setzte sie in frisches Glas,
Und welch ein Wunder war mir das!
Die Köpfchen hoben sich empor,
Die Blätterstengel im grünen Flor,
Und allzusammen so gefunden,
Als stünden sie noch auf Muttersgrund.
So war mir's, als ich wundersam
Mein Lied in fremder Sprache vernahm.
Johann Wolfgang von Goethe
Tasso
Es füllt sich ganz das Herz von Zärtlichkeit –
Sie ist's, sie steht vor mir. Welch ein Gefühl!
Ist es Verirrung was mich nach dir zieht?
Ist's Raserei? ist's ein erhöhter Sinn,
Der erst die höchste reinste Wahrheit faßt?
Ja, es ist das Gefühl, das mich allein
Auf dieser Erde glücklich machen kann;
Das mich allein so elend werden ließ,
Wenn ich ihm widerstand und aus dem Herzen
Es bannen wollte.
Johann Wolfgang von Goethe
Warum denn?
Warum ist's denn mit großen Herrn
Nicht räthlich, Kirschen essen?
Weil sie vielleicht vergessen,
Daß uns von Gott, dem größten Herrn,
Die Früchte gleich gemessen?
Trüg' einer Orden, Band und Stern,
Wollt' mit mir Kirschen essen,
Stracks wär' ich so vermessen!
"Wie Du eß' ich die Kirschen gern,
Laß uns zusammen essen."
Und ließe er mir nur den Kern,
Wollt's Fleisch alleine essen,
Schlüg' ich ihm in die Fressen!
Drum sagt, warum's mit großen Herrn
Nicht räthlich, Kirschen essen?
Adolf Glaßbrenner
Ich möchte sterben wie der Schwan,
Der, langsam rudernd mit den Schwingen,
Auf seiner blauen Wasserbahn
Die Seele löst in leisem Singen.
Und starb er, wenn der Abend schied
Mit goldnem Kusse von den Gipfeln:
Nachhallend säuselt noch das Lied
Die ganze Nacht in Busch und Wipfeln.
O würde mir ein solch Geschick!
Dürft' unter Liedern ich erblassen!
Könnt' ich ein Echo voll Musik
Dem Volk der Deutschen hinterlassen!
Doch Größern nur ward solch ein Klang,
Nur Auserwählten unter vielen –
Mir wird...
Emanuel Geibel
Vorüber
O darum ist der Lenz so schön
Mit Duft und Strahl und Lied,
Weil singend über Tal und Höh'n
So bald er weiter zieht;
Und darum ist so süß der Traum,
Den erste Liebe webt,
Weil schneller als die Blüt' am Baum
Er hinwelkt und verschwebt.
Und doch! Er läßt so still erwärmt,
So reich das Herz zurück;
Ich hab' geliebt, ich hab' geschwärmt,
Ich preis' auch das als Glück.
Gesogen hab' ich Strahl auf Strahl
Ins Herz den kurzen Tag;
Die schöne Sonne sinkt zu Tal.
Nun komm', was kommen...
Emanuel Geibel
Laß andre nur im Reigen
Mit lautem Gruß mir nahn,
Du bist mein lieblich Schweigen,
Und siehst mich freundlich an.
Dein Auge tief und minnig,
Es sagt mir Tag für Tag,
Was nimmer so herzinnig
Die Lippe künden mag.
So hat die Frühlingssonne
Auch Schall und Rede nicht,
Und doch mit stiller Wonne
Durchschauert uns ihr Licht.
Mir gab den Wohllaut eigen,
Der dir den Blick beschied;
Sei du mein lieblich Schweigen
Und ich will sein dein Lied.
Emanuel Geibel
Ich sah den Wald sich färben,
Die Luft war grau und stumm;
Mir war betrübt zum Sterben,
Und wußt es kaum, warum.
Durchs Feld von Herbstgestäude
Hertrieb das dürre Laub;
Da dacht' ich: Deine Freude
Ward so des Windes Raub!
Dein Lenz, der blütenvolle,
Dein reicher Sommer schwand;
An die gefrorne Scholle
Bist du nun festgebannt.
Da plötzlich flog ein klares
Getön in Lüften hoch:
Ein Wandervogel war es,
Der nach dem Süden zog.
Ach, wie der Schlag der Schwingen,
Das Lied ins Ohr mir kam,
Fühlt'...
Emanuel Geibel
Die stille Wasserrose
Die stille Wasserrose
Steigt aus dem blauen See,
Die feuchten Blätter zittern,
Der Kelch ist weiß wie Schnee.
Da gießt der Mond vom Himmel
All seinen goldnen Schein,
Gießt alle seine Strahlen
In ihren Schoß hinein.
Im Wasser um die Blume
Kreiset ein weißer Schwan;
Er singt so süß, so leise,
Und schaut die Blume an.
Er singt so süß, so leise,
Und will im Singen vergehn –
O Blume, weiße Blume,
Kannst du das Lied verstehn?
Emanuel Geibel