Lied Zitate (Seite 22)
Zu spät
Du kamst zu mir in der stillen Nacht,
ich habe die Tür nicht aufgemacht!
Du riefst mich mit zitterndem Liebeswort,
ich wies dich barsch von der Schwelle fort.
Da gingst du von dannen, stumm und schwer,
mein reuiges Wort fand dich nicht mehr.
Nun stehe ich nächtens an Brücken und Steg,
doch gehst du weitab, weitab deinen Weg.
Wie ein Lockvogel sing ich dein Lied ohne Ruh,
doch trägt dir's kein Hauch barmherzig zu.
Und selbst meinen Schrei aus Sehnsucht und Not
vertändelt der Wind in...
Karl Bienenstein
Erwartung
Nicht kann ich es fassen, daß du mich verlassen,
Soviel auch der Tage kommen und gehn!
Im Abenddunkel, im Morgenschimmer
Noch harre ich gläubig, noch hoffe ich immer,
Dich reuig wiederkehren zu sehn.
Und wärst du verdorben, verkommen, gestorben,
Und ließe das Grab dich nimmer herfür;
Ich hörte allnächtlich oft dennoch dein Pochen,
Als kämest du wieder, enttäuscht und gebrochen –
Als stündest du bittend vor meiner Tür.
Maximilian Bern
Verbleibst ihm dennoch hold gewogen
Verbleibst ihm dennoch hold gewogen,
mein Herz, das in der Jugend bricht!
Er hat ja nimmer dich belogen,
Du hast ja gern dich selbst betrogen,
Was du gejubelt, weiß er nicht.
Dein wonnig Lied, dein scheues Beben,
Du hast es ihm ja nie geklagt;
Hast keiner Seele preisgegeben
Dein wundervolles Liebeleben,
Dir's selbst in Räthseln nur gesagt.
Kein Gott hat ihn mit dir verbündet,
Doch deine Sendung ist bestellt;
Nie hat die Ahnung ihm verkündet,
Wo deines...
Karl Beck
Im Nachhinein
Still schlug die Uhr die zwölfte Stunde
Als deine Hand die meine fand.
Ein wenig pochte meine Wunde,
Bevor der Reiz mich dir verband.
Die Blicke waren schüchtern, züchtig,
Der Wille brach, bewußt gespielt.
In Lustgerüchen und doch flüchtig
Entstand ein Rausch, der nicht lang hielt.
Der Morgen kam und mit ihm wieder
Verstand, Vernunft und viel Kaffee.
Das Wissen kämpft Gefühle nieder,
Und Pflasterspott bedeckt das Weh.
Es blieb kein Lied, das uns verbindet,
Es...
Margot S. Baumann
Weihnachtslied
Ein Kindlein ist gekommen
Vom hohen Himmelssaal,
Das hat hinweggenommen
Der Erde Weh und Qual.
In einer Krippe liegen
Sieht man das Gotteskind,
In dem sich niederbiegen
Der Esel und das Rind.
Damit wir Frieden hätten
Von unsrer Sünde Last,
Ließ sich so niedrig betten
Der königliche Gast.
Da hörten frohe Märe
Die Hirten auf dem Feld,
Daß uns geboren wäre
Der Heiland aller Welt.
Des Dankes Lieder klangen
Zum Himmel nah und fern;
Viel Tausend Englein sangen:...
Karl Friedrich Adolf Konrad Bartsch
Frühling
So hast du in Behutsamkeit
Mit Lauben und mit Ranken
Den Garten meiner Nacht umsäumt
Jetzt lächeln die Gedanken.
Nun singen mir im Gitterwerk
Die süßen Nachtigallen
Und wo ich immer lauschen mag
Will mir ein Lied einfallen.
Die Sonne strahlt in deinem Blick
Und geht in meinem unter.
So schenkst du mir den schönen Tag
Ein mildes Sternenwunder.
So hast du meinen dunklen Traum
Durchleuchtet aller Enden
Und wo ich immer schreiten mag,
Begegne ich deinen Händen.
Hugo Ball
Kind und Traum
Kind und Traum und früher Garten
Wandeln wir durch lauter Licht.
Reifer Früchte runde Schatten
Malen sich auf dein Gesicht.
Wipfel neigen grün die Zweige
Tief in den erfüllten Grund.
Wanderselig, wundertrunken
Übt ein Vogel seinen Mund.
Sieh, es hat die schöne Sonne
Sich in deinem Haar verfangen,
Deiner Augen blaue Sterne
Sind schon in mein Lied gegangen.
Hugo Ball
Abendstille
Abendstille öffnet Türen,
Lieb' der Liebe zuzuführen.
Immer immer
Lockt der Schimmer
Mich, den Armen,
zu dem warmen
Hauch ewig ferner Lust,
zu dem Lied aus Liebchens Brust.
Abendstille öffnet Türen,
Lieb' der Liebe zuzuführen.
Sterne ziehen,
Lieder fliehen,
und ich weine
ach alleine,
wenn der kalte Tränentau
duftet von erhellter Au.
Karl Joachim Friedrich Ludwig »Achim« von Arnim
Lerchengesang
Hast du noch einen Ton, du altes Herz,
so spann ihn auf und laß es klingen,
laß deine Liebe, deinen Schmerz
ihr volles Leid den Sternen singen.
Was hoch emporschlug, hallet tief zurück
es hallt in deinem Busen wider,
es weiß kein Lied vom Erdenglück,
von Engelwonnen singt es Lieder.
Empor, du Lerche, zur gestirnten Höh!
Was flatterst du im Erdgewimmel?
Dort klingt ein Echo für dein Weh:
Du bist vom Himmel, suche Himmel.
Ernst Moritz Arndt