Lied Zitate (Seite 14)
Ich will alleine ...
Ich will alleine über die Berge gehn,
und keiner soll von meinen Wegen wissen;
denn wer den Pfad zu meinen Höhn gesehn,
hat mich von meinen Höhn herabgerissen.
Ich will alleine über die Berge gehn,
mein Lied soll ungehört am Fels verklingen,
und meine Klage soll im Wind verwehn; –
nur wer dem eignen Herzen singt, kann singen; –
nur wer dem eigenen Herzen klagt, kann klagen;
nur wer das eigne Herz erkennt, kann sehn. –
Hinauf zu mir! Ich will der Welt entsagen,
und...
Erich Mühsam
Elegie im Kriege
Lieder sing ich, seit ich denke,
weil mein Herz empfindsam ist
und den Spender der Geschenke
im Genießen nicht vergißt.
Doch sie haben mich vergessen,
denen ich mein Lied beschert.
Niemand lebt auf Erden, dessen
Seele meines Sangs noch wert.
Heldentaten zu vollbringen,
ist kein Lob in dieser Zeit:
Disziplin heißt sie vollbringen,
Angst gebiert die Tapferkeit.
Liebe, die das Herz beseligt,
zupft an keiner Leier mehr.
Haß ersetzt sie. Haß befehligt.
Haß ist Heil und Pflicht und...
Erich Mühsam
An meine Mutter
Siehe, von allen den Liedern nicht
eines gilt dir, o Mutter:
Dich zu preisen, o glaub's! bin ich zu
arm und zu reich.
Ein noch ungesungenes Lied, ruhst du
mir im Busen,
keinem vernehmbar sonst, mich nur
zu trösten bestimmt.
Wenn sich das Herz unmutig der
Welt abwendet und einsam
seines himmlischen Teils bleibenden
Frieden bedenkt.
Eduard Mörike
In Silber kleidet sich's, in Gold,
in Perl' und Diamant, wenn ihr wollt;
es geht, doch geht es nicht auf Füßen,
und wenn es steht, wird dich's verdrießen;
es spricht nicht leicht, doch deutet's fein,
es hat zwei goldene Fingerlein,
und wenn es auf Verlangen dir
laut, was es weiß, allzeit bekennt,
so ist schon vornehm Tier,
es ist gleichsam ein Repetent.
Kurz, wer's erfand, der hat ein Tüchtiges
in dieses Ding hinein
geheimnisset und ließ Wichtiges
der Menschheit angedeihn.
Eduard Mörike
Das Lied vom blonden Korken
Ein blonder Korke spiegelt sich
in einem Lacktablett -
doch säh' er nichts von seinem Ich,
selbst wenn er Augen hätt'!
Das macht, dieweil er senkrecht steigt
zu seinem Spiegelbild!
Wenn man ihn freilich seitwärts neigt,
zerfällt, was oben gilt.
O Mensch, gesetzt, du spiegelst dich
im, sagen wir, - im All!
Und senkrecht! - wärest du dann, sprich,
nicht ganz im gleichen Fall?
Christian Morgenstern
In der Nacht, die die Bäume mit Blüten deckt,
Ward ich von süßen Gespenstern erschreckt,
Ein Reigen schwang im Garten sich,
Den ich mit leisem Fuß beschlich;
Wie zarter Elfen Chor im Ring
Ein weißer, lebendiger Schimmer ging.
Die Schemen hab' ich keck befragt:
Wer seid ihr, luftige Wesen? Sagt!
– Ich bin ein Wölkchen, gespiegelt im See. –
– Ich bin eine Reihe von Stapfen im Schnee. –
– Ich bin ein Seufzer gen Himmel empor! –
– Ich bin ein Geheimnis, geflüstert ins Ohr!–
– Ich bin ein...
Conrad Ferdinand Meyer
Morgenlied
Mit edeln Purpurröten
und hellem Amselschlag,
mit Rosen und mit Flöten
stolziert der junge Tag.
Der Wanderschritt des Lebens
ist noch ein leichter Tanz,
ich gehe wie im Reigen
mit einem frischen Kranz.
Ihr taubenetzten Kränze,
der neuen Morgenkraft,
geworfen aus den Lüften
und spielend aufgerafft -
Wohl manchen ließ ich welken
noch vor der Mittagsglut;
zerrissen hab ich manchen
aus reinem Übermut.
Mit edeln Purpurröten
und hellem Amselschlag,
mit Rosen und mit Flöten
stolziert der...
Conrad Ferdinand Meyer
Mein lieber Freund Peter – lies hier und merke –
auf daß es un're Freundschaft stärke:
Man kann mit Lob mal jemand adeln
ohne damit seinen Freund zu tadeln.
Denn Du weißt, wenn zwei das Gleiche machen
sind's trotzdem zwei verschied'ne Sachen!
Der einzig kleine Unterschied:
Durch welche Brille man es sieht!
Willy Meurer
Begegnung
Eine Silberlichterspur folgt dem Kahn
In der stillen Nacht auf seiner Bahn –
So ließ dein Erscheinen eine helle
Spur in meines Lebens dunkler Welle.
Jene Spur, die in den Wassern ruht,
Wird verschwinden mit der nächsten Flut;
Doch die schöne Lichtspur im Gemüte
Tilgt fürs Leben keines Sturms Gewüte.
Alfred Meißner
Schätze nie die Zeit gering,
Wenn sie Unscheinbares bringt;
Denke, daß das kleinste Ding,
Wenn Dein Geist es tief durchdringt,
Nur an der Minute hing,
Die zum schnellen Schaffen zwingt.
Doch wenn flüchtig sie entging,
Eh' der Geist sie ganz empfing, –
Niemals dann den Preis erringt.
Darum handle unbedingt,
Wenn es in der Seele kling,
Mit der Willenskraft beschwingt.
Denn wer die Idee vollbringt,
Die dem Augenblick entspringt, –
Dem das Größte oft gelingt.
Siehst Dich dann von Ehr'...
Heinrich Martin
Weihnachten eben
die Kerze die brennt
das Lied das erklingt
die Karte
die ich schreibe
und:
"ich umarm dich ganz fest"
ein Lächeln da hinein
wo kein Lächeln
mehr ist
eine Hand
die hält
die Hand die verspricht
ich bin da
für dich
ein Gedicht
zwischen all diesen
längst vergessenen Sachen
und ich lese die Worte
und dann weine ich
ein bißchen
vielleicht
der Schnee
der in meine Erinnerungen fällt …
Gedanke an dich…
Weihnachten eben
Anke Maggauer-Kirsche