Zitate
Veronika und Sokrates *
Zu einem Geistesmenschen,
der keine Schönheit war,
sprach nun eine Schöne,
doch des Geistes rar.
"Wenn nun Eure Klugheit, und
meine Schönheit ineinandergeh'n;
bedenkt, oh großer Meister,
welch Wunder würde uns entsteh'n.
Es, mit meiner Schönheit;
Voll Staunen wär' die Welt.
Und mit Eurer Klugheit.
Mein Vorschlag Euch gefällt?"
"Wenn es denn so käme; mein
liebes Kind, das wäre schön.
Doch, was ich befürchte,
es könnt' das Gegenteil gescheh'n.
Das Kind mit...
Manfred Schröder
Francois Villon I
Der kleine Henker
ist mein Freund.
Bald wird er auch
mein Schicksal sein.
Oft sitzen wir
am selben Tische,
und stoßen an
auf sauren Wein.
Durch das kleine,
schiefe Fenster,
seh' ich auf dem Hügel,
sieben Galgen steh'n,
an dem,
wie traurige Gespenster,
sieben Gesellen
im Winde weh'n.
Der Kleine Henker lächelt;
auch der Wirt
schaut lustig d'rein.
Und ihre Augen sagen:
Bald wirst du
der nächste sein!
Manfred Schröder

Jedermann
Gott:
"Jedermann!
Du Narr, du denkst,
es wär' damit getan,
schnell zu bereu'n.
Hättest dann dein Seelenruh'
und könntest auf das Paradies dich freu'n.
Den Tod hab' ich dir nur versüßt;
am End' wird alles abgebüßt.
Denn mit dem Teufel macht' ich den Vertrag,
den selbst auch ich nicht brechen mag.
Und bricht der letzte Tag einst an;
die Angst wird dir die Zunge lähmen.
Und der Teufel, der nicht warten kann,
wird dich in seinen Armen nehmen.
Jedermann!"
Manfred Schröder
Gedankentief
Es ist spät.
Ich sitz' mit meinem Hund
im Garten.
Und über uns
des Himmels Sternenpracht.
Ich denke tief und seufze.
Woher?
Wohin?
Warum?
Und was denkst du, Rilke?
Der blickt schräg aus seinen Augen.
Steht dann auf,
pinkelt mir ans Hosenbein
und schleicht sich
grinsend dann davon.
Es ist spät.
Ich sitz' allein im Garten.
Manfred Schröder
Francois Villon
Ich bin im Whiskeyfaß ertrunken.
Jetzt schwimm ich munter, wie ein Fisch.
Hier unten gibt es nur Spelunken,
und nie sitz ich allein am Tisch.
Hier gibt es keinen Wirt, der fagt,
ob ich noch einen Cent in meiner Tasche habe.
Manchmal kommt die Heilsarmee und singt ganz unverzagt,
und bittet um eine kleine, milde Gabe.
Manfred Schröder
Die Hand im Traum
Und im Traum
kam eine Hand.
Nahm mein Geld
Und verschwand.
Als ich erwacht',
schlaftrunkenschwer,
schaute in die Börse;
sie war leer.
Ich fragt' die Frau,
am Frühstückstisch;
die blickt erstaunt,
"Was fragst du mich?
Vielleicht waren's
Mäuse in der Nacht;
Die haben dich
Um dein Geld gebracht."
Ach, Mäuse;
Mäuse fressen Speck.
Nun,
wie dem auch sei,
das Geld ist weg.
Manfred Schröder