Zug Zitate (Seite 2)
Die Geschäftigen
Nicht einen</em> Hauch vergeuden sie, nicht <em>einen</em>,
Nein, alles wird gleich für den Markt geboren,
Kein Herzensschlag geht ohne Zins verloren,
Die Herren machen Brot aus ihren Steinen.
Sie machen Brot aus Lachen und aus Weinen –
<em>Ich</em> hab' mir die Beschaulichkeit erkoren,
Und niemals streng gerechnet mit den Horen,
Ich denke fromm: "Gott gibt's im Schlaf den Seinen!"
Ich kann des Lebens banggeschäftig Rauschen,
Dies laute Tun und Treiben nicht verstehn,
Und...
Georg Herwegh
Das Sein
Neue Sterne geboren im Wandel der Zeit,
dem Kosmos entrissen, Geröll, Staub und Gestein
aus toter Materie zum Licht zur Ewigkeit
erstrahlt im Glanze das immer währende Sein.
Atome verdichten im Zug der Gravitation
die Spaltung der Kerne, Reaktion der Fusion,
unsterbliches Feuer entfacht den Strahlenglanz
interpolierend entstanden aus Reaktanz.
Gerd Groß
Mit dem Vogel sind geflogen
seine Kinder über's Meer.
Droben ward der Himmel trüber,
drunten brausten Sturmeswogen,
und die Kinder klagten sehr:
Ach, wie kommen wir hinüber?
Nirgends will ein Land uns winken,
und die müden Schwingen sinken.-
Aber ihre Mutter sagt:
Kinder, bleibet unverzagt!
Fühlt ihr nicht im tiefsten Innen
unaufhaltsam einen Zug,
neuen Frühling zu gewinnen?
Auf, in jenem ist kein Trug!
Der die Sehnsucht hat gegeben,
er wird euch hinüberheben,
und euch trösten, balde,...
Johann Wolfgang von Goethe
Reue
Die Nacht war schwarz, die Luft war schwül,
Ich fand nicht Schlaf auf meinem Pfühl,
Mein Sinn ward trüb und trüber;
Da schritten die Tage der alten Zeit
Zu langem, langem Zug gereiht
Wehklagend mir vorüber:
»Du hattest den Lenz und du hast ihn entlaubt,
Du hattest das Heil und du hast nicht geglaubt,
Du hattest ein Herz zum Lieben,
Du hast es vertändelt mit eitlem Schein;
Nun bist du zuletzt allein, allein
Mit deinem Jammer geblieben.
Und wie du ringst in bangem Gebet,
Es ist...
Emanuel Geibel
Deine Geschenke
Du schenkst mir
viel von deiner Lebenszeit,
liebevoll eingewickelt
in buntes Augenblickspapier.
Du räumst mir
viel Platz in deinem Leben ein,
zärtlich verdichtet
im Nahesein.
Du eröffnest mir
viele neue Zugänge
zur Welt der Sinne,
aufbauende und umwerfende
Abenteuer.
Du schenkst mir
das kostbarste Gut meines Lebens:
dich.
Ernst Ferstl
Liebe und Frühling
Ich muß hinaus, ich muß zu dir,
Ich muß es selbst dir sagen:
Du bist mein Frühling, du nur mir
In diesen lichten Tagen.
Ich will die Blumen nicht mehr sehn,
Nicht mehr die grünen Matten,
Ich will nicht mehr zum Walde gehn
Nach Duft und Klang und Schatten.
Ich will nicht mehr der Lüfte Zug,
Nicht mehr der Wellen Rauschen,
Ich will nicht mehr der Vögel Flug
Und ihrem Liede lauschen.
Ich will hinaus, ich will zu dir
Ich will es selbst dir sagen:
Du bist mein...
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Bei einer Linde
Seh ich dich wieder, du geliebter Baum,
In dessen junge Triebe
Ich einst in jenes Frühlings schönstem Traum
Den Namen schnitt von meiner ersten Liebe?
Wie anders ist seitdem der Äste Bug,
Verwachsen und verschwunden
Im härtren Stamm der vielgeliebte Zug,
Wie ihre Liebe und die schönen Stunden!
Auch ich seitdem wuchs stille fort, wie du,
Und nichts an mir wollt weilen,
Doch meine Wunde wuchs – und wuchs nicht zu,
Und wird wohl niemals mehr hienieden heilen.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Bahnhof
Er ist abgefahren,
der Zug,
aus dem Gelächter hallt.
Verloren steh'n wir
am leeren Bahnhof,
seh'n ihm nach.
Zu uns'ren Füßen
raschelt Laub,
das schon den Winter ruft.
Von fern die Weise
eines Leiermanns.
Ich dreh mich um,
nehm' meine Koffer
voll Erinnerung,
gehe davon,
dem Leben zu.
Margot S. Baumann
Amor schreibt in Männerherzen
Mit der Kreide leichtem Zug;
Was daran vorüber schwebet,
Tilgt die Inschrift leicht genug.
Aber in der Weiber Herzen
Gräbt er, wie in festen Stein,
Mit dem Griffel und mit Schwärze
Der Geliebten Namen ein.
So, verwittert auch die Farbe,
Muß die tiefgeprägte Narbe
Dennoch ewig sichtbar seyn.
Maria Therese von Artner
Sprich mit den Reisenden
Es gibt Haltestellen
im Leben,
da braucht man dringend
die Hilfe der Mitreisenden,
die einen hindern müssen,
auszusteigen.
Allein kann man dem Reiz,
den Strapazen der Weiterfahrt
zu entkommen,
dann kaum widerstehen.
Und wenn ich mir
die steigenden Selbstmordraten
anschaue,
glaube ich,
daß sehr viele einsam reisen,
obwohl der Zug doch immer voller wird.
Sprich mit den Reisenden!
Kristiane Allert-Wybranietz
Zugfahrt
Manchmal ist das Leben wie eine Zugfahrt:
Du schaust aus dem Fenster,
möchtest den Duft der Wälder aufnehmen,
die Blumen pflücken, die an dir vorbei fliegen.
Doch du sitzt im Zug.
Wenn du so fühlst, solltest du
an der nächsten Haltestelle aussteigen,
auch wenn deine Fahrkarte auf ein anderes Ziel lautet.
Kristiane Allert-Wybranietz
Ich und mein Leben, die immer wiederkehrenden Fragen, der endlose Zug der Ungläubigen, die Städte voller Narren. Wozu bin ich? Wozu nutzt dieses Leben? Die Antwort: Damit du hier bist. Damit das Leben nicht zu Ende geht, deine Individualität. Damit das Spiel der Mächte weitergeht und du deinen Vers dazu beitragen kannst.
Walt Whitman