Weg Zitate (Seite 24)
Gruß der Sonne
Aus den braunen Schollen
Springt die Saat empor,
Grüne Knospen rollen
Tausendfach hervor.
Und es ruft die Sonne:
»Fort den blassen Schein!
Wieder will ich Wonne,
Glut und Leben sein!
Wieder wohlig zittern
Auf dem blauen Meer,
Oder zu Gewittern
Führen das Wolkenheer!
In den Frühlingsregen
Sieben Farben streun
Und auf Weg und Stegen
Meinen goldnen Schein!«
Gottfried Keller
Erkenntnis
Willst du, o Herz, ein gutes Ziel erreichen,
mußt du in eigner Angel schwebend ruhn;
ein Tor versucht zu gehn in fremden Schuhn,
nur mit sich selbst kann sich der Mann vergleichen!
Ein Tor, der aus des Nachbars Kinderstreichen
sich Trost nimmt für das eigne schwache Tun,
der immer um sich späht und lauscht und nun
sich einen Weg bestimmt nach falschen Zeichen!
Tu frei und offen, was du nicht willst lassen,
doch wandle streng auf selbstbeschränkten Wegen –
und lerne früh, nur deine...
Gottfried Keller
Leiden
Ich wohn' in einem dunklen Land,
mein Leben liegt in Trümmern,
ich seh' von fern den selgen Strand
Der Gotteskinder schimmern.
Doch eine Stimme fest und lind,
Von der mich nichts darf scheiden,
Tönt an mein Ohr: "Dein Weg, mein Kind,
Zu diesem Licht heißt Leiden."
Elisabeth Josephson-Mercator
Vergänglichkeit
(Nach einem alten Liede)
Sagt, wo sind die Veilchen hin?
Die so freudig glänzten
Und der Blumen Königin
Ihren Weg bekränzten?
Jüngling ach! Der Lenz entflieht,
Diese Veilchen sind verblüht!
Sagt wo sind die Rosen hin?
Die wir singend pflückten,
Als sich Hirt und Schäferin
Hut und Busen schmückten?
Mädchen ach! Der Sommer flieht,
Jene Rosen sind verblüht!
Führe denn zum Bächlein mich,
Das die Veilchen tränkte;
Das mit leisem Murmeln sich
In die Thäler senkte....
Johann Georg Jacobi
Zuweilen kommen niegeliebte Frauen
Zuweilen kommen niegeliebte Frauen
Im Traum als kleine Mädchen uns entgegen
Und sind unsäglich rührend anzuschauen,
Als wären sie mit uns auf fernen Wegen
Einmal an einem Abend lang gegangen,
Indes die Wipfel atmend sich bewegen
Und Duft herunterfällt und Nacht und Bangen,
Und längs des Weges, unsres Wegs, des dunkeln,
Im Abendschein die stummen Weiher prangen
Und, Spiegel unsrer Sehnsucht, traumhaft funkeln,
Und allen leisen Worten, allem Schweben
Der...
Hugo von Hofmannsthal
Regen in der Dämmerung
Der wandernde Wind auf den Wegen
War angefüllt mit süßem Laut,
Der dämmernde rieselnde Regen
War mit Verlangen feucht betaut.
Das rinnende rauschende Wasser
Berauschte verwirrend die Stimmen
Der Träume, die blasser und blasser
Im schwebenden Nebel verschwimmen.
Der Wind in den wehenden Weiden,
Am Wasser der wandernde Wind,
Berauschte die sehnenden Leiden,
Die in der Dämmerung sind.
Der Weg im dämmernden Wehen,
Er führte zu keinem Ziel,
Doch war er gut zu gehen
Im...
Hugo von Hofmannsthal
Nur eine Meile noch
Mein Mütterle ach, wie bist du krank
Nun bring' ich dir Hilfe, Gott sei Dank!
Ich bring' aus der Stadt die Arznei,
Die heilt dich, und bald ist die Angst vorbei.
Wie bin ich so müd' und verschmachte fast!
An der Bergcapelle mach ich Rast.
Der Weg war steil und heiß und lang,
Und so ganz allein wird mir oft bang'.
Doch rast’ ich gewiß nicht länger, als ich
Zum lieben Gott ich bete für dich.
Nur wenige Stunden – dann bin ich bei dir.
So lang' bleib' du, lieber Gott bei Ihr!
Friedrich Hofmann
Zu deinen Augen der Weg wie weit,
Zu deinem Herzen der Pfad verschneit,
Nur seltne Gedanken zu dir gehn,
Ihre Spuren im stäubenden Schnee verwehn,
Und die Glut ward kalt,
Wie ein Hirtenfeuer im Wald,
Die einst so hoch zu lodern sich erkühnt.
Und wenn's dem Schnee zu Füßen grünt,
Wenn neuer Frühling mich umwittert,
Ein weicher Tau an meiner Wimper zittert,
Es grünt nicht dir, es taut nicht dir,
Weit, weit entfremdet wardst du mir.
Nur nächtens manch ein traurig Mal
Lawinen sendest du zu...
Paul von Heyse
Vorfrühling
Stürme brausten über Nacht,
und die kahlen Wipfel troffen.
Frühe war mein Herz erwacht,
schüchtern zwischen Furcht und Hoffen.
Horch, ein trautgeschwätz'ger Ton
dringt zu mir vom Wald hernieder.
Nisten in den Zweigen schon
die geliebten Amseln wieder?
Dort am Weg der weiße Streif -
Zweifelnd frag' ich mein Gemüte:
Ist's ein später Winterreif
oder erste Schlehenblüte?
Paul von Heyse
Nachbarn
Aus meiner warmen Stube
seh' ich zum Fenster raus.
Ach wie still und traurig
liegt dort das Nachbarhaus.
Es ist seit vielen Tagen
kein Licht, kein Mensch zu seh'n.
Ich werde nun trotz Kälte
schnell man hinüber geh'n.
Wie könnte ich sonst feiern
und öffnen die Geschenke,
wenn ich an diesem Abend
nicht an den Nachbarn denke,
der nun schon seit langem
eine böse Krankheit hat,
und außerdem noch arm ist
und oftmals nicht mal satt.
Die Botschaft von dem Engel,
die war so wunderbar,
weil...
Regina Hesse
An manchen Tagen
An manchen Tagen
da möcht' ich jemand andrer sein,
ein Mensch der mir gefällt,
befreit von allen diesen Fragen.
An manchen Tagen
da wünsch ich dringend mir,
so unbeschwert zu sein,
wie damals in den Kindertagen.
An machen Tagen
nehme ich mir vor,
ein guter Mensch zu sein,
trotz all der widerlichen Plagen.
An manchen Tagen
da möcht' ich nah dir sein,
nicht so weit weg wie jetzt,
wie soll ich dir das sagen?
An vielen Tagen
– Gott sei gelobt – ich spüre dann,
daß ich in Harmonie...
Regina Hesse
Am Strome
Ich kann oft stundenlang am Strome stehen,
Wenn ich entflohen aus der Menschen Bann;
Er plaudert hier wie ein erfahrner Mann,
Der in der Welt sich tüchtig umgesehen.
Da schildert er mir seiner Jugend Wehen,
Wie er den Weg durch Klippen erst gewann,
Ermattet darauf im Sande schier verrann,
Und jedes Wort fühl' ich zum Herzen gehen.
Wie wallt er doch so sicher seine Bahn!
Bei allem Plänkeln, Hin- und Widerstreifen
Vergißt er nie: "Ich muß zum Ozean!"
Du, Seele, nur willst in der Irre...
Georg Herwegh
Und lande an dem schattenhaften Tor
Kaum ahnst du die Verdunklung der Gedanken,
die noch das Hellste meines Tages quälen,
wenn ich nicht weiß, wo ich den Weg soll wählen
durch dies Gestrüpp, in das die Sterne sanken…
Du kennst von meinem krankhaft abgewandten,
wahrhaften Antlitz kaum die eine Falte,
du siehst nicht, wie ich schmerzhaft an mich halte,
die Scham zu schonen der von Gott Gesandten. –
Und wie ich wandle, weiß ich nicht: wohin…
Und weiß nicht, ob ich irgendwem entwich,
ob dies zum...
Max Herrmann-Neiße
Grabschrift
Wir alle sollen's lesen
im schweigenden Gestein –
du bist treu gewesen
mögen auch wir es sein.
Wo wir dich recht erfassen,
sehen wir das Licht;
wir wollen dich nicht lassen,
du verläßt uns nicht.
Wenn diese Stunde vergangen
wenden wir fort den Schritt,
doch, soweit unsere Schritte langen,
gehst du lebend mit.
Dein Leben war Vertrauen,
dein Wirken war dein Ruh'n,
Lieben, Schützen und Bauen –
mögen auch wir das tun.
Es sind der Pfade viele –
wer zeigt den rechten Steg?
Noch gehen...
Henry von Heiseler