Warum Zitate (Seite 52)
Prag
Auf dem alten jüdischen Friedhofe
Sinnend stand ich bei dem Grabe
Rabby Löv's, des jüd'schen Weisen,
Hörte wie im Traum den Führer
Seine todten Ahnherrn preisen.
Und warum, so frug ich staunend,
All' die Juden, groß und kleine,
Auf das Grab mit leisem Murmeln
Werfen bunte Kieselsteine?
Und es wurde mir die Antwort:
"Um zu ehren, ist geboten,
Daß wir Blumen streu'n Lebend'gen,
Steine auf das Grab der Todten."
Von solch' heidnischem Gebrauche
Sind wir Christen längst gereinigt:
Wir...
Ada Christen
So ein Tag
Heut ist mal wieder so ein Tag,
an dem ich mich pardauz nicht mag,
hab mich im Spiegel betrachtet,
mein Antlitz spöttisch verachtet.
Dort vor mir, dieses fahle Gesicht,
ist es meins? Ich glaube es nicht!
Wangen und Stirn voller Falten,
der Anblick – kaum auszuhalten.
Ich steh' still und klage spontan:
Zeit, was hast du mir angetan,
warum ist die Haut nicht mehr glatt,
weshalb ist sie spröde und matt?
Hab ich irgendwas falsch gemacht,
übers Alter nie nachgedacht,
an ewige Jugend...
Horst Rehmann
Hallo Leben
Hallo Leben, was machst Du mit mir,
warum lässt Du mich weinen,
steh ich abseits in Deinem Revier,
kann dort die Sonne nicht scheinen?
Längst weißt Du von meinen Sorgen,
meinem Schmerz in der Seele,
gibt es für mich nicht den Morgen,
an dem ich mich nicht mehr quäle?
Ich muss mich ständig nur grämen,
finde des Nachts keinen Schlaf,
soll ich mich dafür noch schämen,
gibt es denn nichts, das ich darf?
Hallo Leben, zeig mir mal das Licht,
lass mich nicht immer allein,
ich denke, es...
Horst Rehmann
Wüstenreise
Das Nötigste eingepackt.
Den Ballast zu Hause gelassen.
Nackt, ohne Masken, ohne Zwangsjacken, solltest du reisen
- unbeschwert -
Die Leichtigkeit des Seins erleben.
Doch sicher ist einiges vom Ballast mit ins Gepäck gerutscht!
Im Kontakt mit der Wüste
wirst mit der Last konfrontiert werden und lernst,
warum dein Rücken schmerzt.
Vom Tragen der schweren, sinnlosen Last!
Irina Rauthmann
Vergessen sah im Buch ich liegen
Ein Blümchen, das den Duft verlor;
Und seltsame Gedanken stiegen
In meiner Seele da empor:
Wo blühte es? in welchem Jahre?
Wie lange? und wer pflückt' es ab?
Stak einem Mädchen es im Haare?
Warum fand es im Buch sein Grab?
Erinnerung an ein Wiedersehen,
An eines Abschieds Schmerzgewalt,
An einsames Spaziergehen
Im stillen Feld, im dunklen Wald?
Ist sie noch seines Lebens Freude?
Wo sind sie nun, an welchem Ort?
Sind Glück und Leben schon für beide,
Wie diese...
Alexander Sergejewitsch Puschkin
So wie es war
Wir trafen aufeinander
unvorbereitet
waren wir mutig oder war es
Selbstverständlichkeit?
Wir sollten nicht fragen
warum es war
wir wissen nur, WIE es war
und du weißt es anders als ich.
Ich will deine Gedanken nicht erraten –
vielleicht aus Furcht ...
Für mich kann ich nur sagen:
ich glaube, es war selbstverständlich
daß wir uns trafen –
so wie es war.
Jörn Pfennig
Wie in sanften Wintern ...
Wie in sanften Wintern die Schneeflocken fliegen
womöglich verfrüht auf die Gräser wehn
komm ich wie verirrt auf dich zu liegen
will einfach in deinen Armen zergehn ...
Eine vage Phantasie gab mir zu verstehen
daß es mir durch deine Wärme wohler wird –
du fragst, warum ich traurig bin: ganz aus Versehen
hat Harmloses mich wieder mal verwirrt:
Kinder haben Krieg gespielt
ganz routiniert aufs Herz gezielt
und Schwalben sind vorbeigezogen –
als Kreuz formiert sind sie...
Jörn Pfennig
Ein Johanniswürmchen saß,
seines Demantscheins unbewußt,
im weichen Gras eines Bardenhains.
Leise schlich aus faulem Moos,
sich ein Ungetüm,
eine Kröte, her und schoß
all ihr Gift nach ihm.
Ach, was hab' ich dir getan?
rief der Wurm ihr zu.
Ei, fuhr ihn das Untier an,
warum glänzest du?
Gottlieb Konrad Pfeffel
Als Gott den Mann erschuf, hat Finsternis
Umnachtet seiner Stirne Falten.
Ich weiß es nicht, warum? Die Finsternis
Ward zu des Himmels donnernden Gewalten.
Als Gott das Weib erschuf, da flossen sacht
Vom Auge ihm gerührte Zähren –
Du siehst sie glänzen noch jedwede Nacht,
Als Sterne hold das Firmament verklären.
Sándor Petöfi
Heimliche Liebe
Eine heimliche Liebe kann auch schön sein –
wie ein guter süßer Wein.
Aber sie kann auch grausam sein –
wie ein bitterer saurer Wein.
Sie erblüht – sie erlischt,
wer kann wissen, wie es ausgeht –
Glück oder Verzicht?
Warum sind manche Menschen nicht so
konsequent, zu ihr zu stehen?
Sie fürchten irgendeine Macht,
die etwas vernichten kann,
oder darüber lacht.
Eine Vernichtung der Existenz,
oder des Lebens?
Beides wäre hart.
Aufbauen kann man immer wieder,
aber den Glauben an...
Karin Obendorfer
Das Letzte
Ich hab' dich lieb. Das hab' ich dir gesagt.
Hast du mich lieb? Das hab' ich nie gefragt,
Damit in deiner Brust verschlossen ruh',
Die Antwort, die ich fürchte immerzu,
Die eine Antwort: Ja, ich hab' dich lieb!
– Denn alles Süßgeheimste, das uns blieb,
Der Duft der Blumen, die wir nie gepflückt,
Der Schmelz der Flügel, die wir nie zerdrückt,
Der Sammt der Früchte, die uns nie gereift,
Der Tau der Halme, die wir nie gestreift,
All unsrer Liebe keusche Seligkeit
Wär' durch dies...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)