Sprache Zitate (Seite 12)
Zu Gott, den er im Staub verehrte, sprach
Einst ein Kalif in seiner letzten Stunde
Als einziges Gebet die frommen Worte:
"Ich bringe Dir, allein'ger höchster Herrscher,
Dir, einzig unbeschränktes Wesen, Alles,
Was du entbehrst in Deiner Herrlichkeit
Und nur uns Erdenwürmern wolltest gönnen:
Schuld, Reue, Elend und Unwissenheit."
– Doch hätt' er noch die Hoffnung nennen können.
Voltaire
Radbot und Wolfram
Herr Radbot vor der Taufe
sprach: "Heil'ger Gottesmann,
wo weilt der größte Haufe,
der dieser Welt entrann?"
Und Wolfram drauf: "Im Himmel
ist noch für viele Raum,
doch drunten das Gewimmel
umfaßt der Hölle Raum."
Da rief der arge Heide:
"Dein Taufen acht ich klein;
denn ich will, wenn ich scheide,
beim größten Haufen sein."
Julius Karl Reinhold Sturm
Begrabe nur dein Liebstes! Dennoch gilt's
Nun weiterleben; – und im Drang des Tages,
Dein Ich behauptend, stehst bald wieder du.
– So jüngst im Kreis der Freunde war es, wo
Hinreißend' Wort zu lauter Rede schwoll;
Und nicht der Stillsten einer war ich selbst.
Der Wein schoß Perlen im kristallnen Glas,
Und in den Schläfen hämmerte das Blut; –
Da plötzlich in dem hellen Tosen hört ich
– Nicht Täuschung war's, doch wunderbar zu sagen –
Aus weiter Ferne hört ich eine Stille;
Und einer Stimme...
Theodor Storm
Das Gastmahl
Mir träumt, ich säß an einem langen Tisch
In meiner Heimat, oben unterm Nußbaum.
Vor meinen Augen wuchsen aus dem Anger
Traute Gestalten, reichten mir die Hand
Zum Gruß und setzten fröhlich sich zum Mahl.
Ich sprach: "Die Zahl ist voll, laßt uns beginnen."
Da kam verspätet eine schöne Frau.
Sie suchte, zählte und errötete.
"Ist hier für mich kein Plätzchen?" "Nein", verbot ich.
Da senkte sie die Stirn und lief geschwind
Dem Tisch entlang hinüber nach dem Nußbaum.
Dort, auf dem...
Carl Spitteler
Sind echte Seelen innerlich vereint,
Trennt nichts sie. Der hat lieben nie gelernt,
Der Wechsel findend, wechselt; sich entfernt.
Wenn sich der andre zu entfernen scheint.
Nein, Liebe ist ein festgefügtes Mal,
Von Sturm und Wogen ewig unversehrt;
Irrendem Boot ein Richtstern, dessen Wert
Erhaben über Maß, Begriff und Zahl.
Der Liebende ist nicht der Narr der Zeit,
Wenn süßer Wangen Reiz auch welken mag.
Er wandelt sich nicht mit dem Stundenschlag,
Er lebt im Schicksalslicht der Ewigkeit.
Ist...
William Shakespeare
Dichterlos
Wer einmal nur in Versen sprach,
Dem folgt das Unglück ewig nach,
Denn was er auch in Zukunft spricht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Wenn warm sein Herz für Tugend glüht,
Ein göttlich Feuer aus ihm sprüht,
Singt er von Gott, von Recht und Pflicht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Und gibt sein liebeheißer Mund
Die seligsten Gefühle kund,
Ich liebe Dich! – Man glaubt ihm nicht,
Hält seine Liebe für Gedicht.
Und foltert ihn der Sehnsucht Pein,
So klagt und weint er ganz...
Berthold Sengschmitt
Wird's drüben nach dem Leben,
Ein Wiedersehen geben? –
Wer hat wohl beim Hinübergeh'n
Der Freunde schon genug geseh'n?
Wie mancher möchte noch was sagen,
Und muß es mit hinüber tragen;
Nur Ahnung tönet ihm dabei,
Daß dort ein Wiedersehen sei.
Wird's drüben nach dem Leben,
Ein Wiedersehen geben? –
Wie lang ein Herz auch fühlen mag,
Gefühl hat keinen Sterbetag.
Das Herz, bei seinem letzten Pochen
Hegt vieles noch, unausgesprochen,
Und dieser innern Sprache Wort
Bürgt für ein Wiederfühlen dort.
Johann Gabriel Seidl
Das Huhn und der Karpfen
Auf einer Meierei
Da war einmal ein braves Huhn,
Das legte, wie die Hühner tun,
An jedem Tag ein Ei
Und kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte,
Als ob's ein Wunder sei!
Es war ein Teich dabei,
Darin ein braver Karpfen saß
Und stillvergnügt sein Futter fraß,
Der hörte das Geschrei:
Wie's kakelte,
Mirakelte,
Spektakelte,
Als ob's ein Wunder sei!
Da sprach der Karpfen: "Ei!
Alljährlich leg' ich 'ne Million
Und rühm' mich des mit keinem Ton;
Wenn ich um jedes Ei
So...
Heinrich Seidel
Entschluß
Und bist du mir auch nicht beschert,
Dein Anschaun sei mir nicht verwehrt.
Ich will's genießen still entsagend,
Kein irdisches Gelüste tragend.
Es sprach zur Sonne einst der Schnee:
»Frau Sonne, laß mich, tust mir weh!«
Sie ging. Doch er ward grau und trübe,
Als fehlte ihm der Strahl der Liebe.
Da rief die Sonne er zurück,
Sie wärmte ihn mit Feuerblick,
Bis daß sein schimmernd Weiß ergraute.
Sie glänzte fort; doch er zertaute.
Du bist die liebe Sonne mir,
Und Wollust ist ein Blick...
Felix Schumann
Der Spargel und die Schwarzwurzel
"Ich bin weiß und du nicht!"
sprach der Spargel zur Schwarzwurzel.
Da traf ihn der Spargelstich.
"Black is beautiful!"
antwortete die Schwarzwurzel darauf dem Spargel.
Schon ging es auch ihr an den Kragel.
Eine Stunde später
schwammen sie in derselben Suppe.
Da war es ihnen schnuppe.
Peter-T. (Torsten) Schulz
Mutterherz, o Mutterherz!
Ach! wer senkte diese Regung,
Diese flutende Bewegung,
Diese Wonne, diesen Schmerz,
Süß und schauervoll in dich:
Gott, der Herzensbilder,
Sprach zur roten Flut
In den Adern: Milder
Fließe, still und gut!
Und da strömten Flammen
Alle himmelwärts
In der Brust zusammen -
Und es ward ein Mutterherz.
Christian Friedrich Daniel Schubart
Veronika und Sokrates *
Zu einem Geistesmenschen,
der keine Schönheit war,
sprach nun eine Schöne,
doch des Geistes rar.
"Wenn nun Eure Klugheit, und
meine Schönheit ineinandergeh'n;
bedenkt, oh großer Meister,
welch Wunder würde uns entsteh'n.
Es, mit meiner Schönheit;
Voll Staunen wär' die Welt.
Und mit Eurer Klugheit.
Mein Vorschlag Euch gefällt?"
"Wenn es denn so käme; mein
liebes Kind, das wäre schön.
Doch, was ich befürchte,
es könnt' das Gegenteil gescheh'n.
Das Kind mit...
Manfred Schröder