Schône Zitate (Seite 24)
Schmerz
Ja, es gibt ein schönes Sehnen,
Das wie aus der tiefsten Nacht
In dem Herzen aufgewacht,
Greift nach Waffen, findet Tränen.
Viele lieben, viele wähnen,
Daß Liebe nur Lust dem Herzen
Schenken soll und keine Schmerzen:
Alle Farben müssen fließen,
Wenn ein Licht sich soll ergießen
Aus dem goldenen Brand der Kerzen.
Ludwig Tieck
Schon ins Land der Pyramiden
Flohn die Störche übers Meer;
Schwalbenflug ist längst geschieden,
Auch die Lerche singt nicht mehr.
Seufzend in geheimer Klage
Streift der Wind das letzte Grün;
Und die süßen Sommertage,
Ach, sie sind dahin, dahin!
Nebel hat den Wald verschlungen,
Der dein stillstes Glück gesehn;
Ganz in Duft und Dämmerungen
Will die schöne Welt vergehn.
Nur noch einmal bricht die Sonne
Unaufhaltsam durch den Duft,
Und ein Strahl der alten Wonne
Rieselt über Tal und Kluft.
Und es...
Theodor Storm
Das Leben ach! – O Mutter, bleib am Leben!
Spinn noch dies schöne alte Märchen fort
und teil mit uns, was du uns ja gegeben.
Es ist so traut im alten Lehnstuhl dort,
wenn ich die Hände leg' in deine Hände,
wenn sich dein Herz auf alte Zeiten besinnt;
o sag: Noch ist das Märchen nicht zu Ende –
und ich will lauschen – wie ein selig Kind.
Karl Stieler
Das Schöne bewundern,
Das Wahre behüten,
Das Edle verehren,
Das Gute beschließen;
Es führet den Menschen,
Im Leben zu Zielen,
Im Handeln zum Rechten,
Im Fühlen zum Frieden,
Im Denken zum Lichte;
Und lehret ihn vertrauen
Auf göttliches Walten
In allem, was ist:
Im Weltenall,
Im Seelengrund.
Rudolf Steiner
Das Gastmahl
Mir träumt, ich säß an einem langen Tisch
In meiner Heimat, oben unterm Nußbaum.
Vor meinen Augen wuchsen aus dem Anger
Traute Gestalten, reichten mir die Hand
Zum Gruß und setzten fröhlich sich zum Mahl.
Ich sprach: "Die Zahl ist voll, laßt uns beginnen."
Da kam verspätet eine schöne Frau.
Sie suchte, zählte und errötete.
"Ist hier für mich kein Plätzchen?" "Nein", verbot ich.
Da senkte sie die Stirn und lief geschwind
Dem Tisch entlang hinüber nach dem Nußbaum.
Dort, auf dem...
Carl Spitteler
Du teure,
schöne,
auserwählte Weisheit,
wie vermagst du doch
ein trautes Lieb
zu sein über jeglichem Lieb
dieser Welt.
Wie gleichen doch deine Liebe
und die der Geschöpfe
so wenig einander.
Wie betrogen ist doch alles,
was in dieser Welt liebenswert erscheint
und etwas zu sein glaubt,
wenn man es aus der Nähe kennenlernt!
Heinrich Seuse
Wohin, o Herr,
ich je meine Blicke lenke,
stets fand ich ein "wenn nicht"
und ein "wäre das nicht";
war da eine schöne Gestalt,
so fehlte die Gnade,
war sie fein und lieblich,
so mangelte der vornehme Umgang,
und hatte sie auch das,
so entdeckte ich stets etwas,
sei es außen oder innen,
dem der Zug meines Herzens widerstrebte.
Insgeheim oder beim Bekanntwerden fand ich,
daß solch ein Wesen
mit sich selbst nicht zufrieden war.
Heinrich Seuse
Regenwetter
Meinen Mantel umgeschlagen
Schweif' ich einsam durch die Straßen.
Nebelgraues Regenwetter –
Grau der Himmel – grau die Gassen.
Nebelgraues Regenwetter –
Doch an Blumenfenstern lauschen
Lächelnd rosig schöne Mädchen,
Möchten nicht mit mir dort tauschen.
Und sie lächeln, und sie sprechen:
"Jener hat wohl einen Sparren,
Der im Regen dort umherläuft –
Seht den langen blassen Narren!" –
Ei was kümmert mich der Regen!
Der ist minder mir beschwerlich,
Als das Blitzen eurer Augen –
Dieses...
Heinrich Seidel
Meine Welt
Ich entfliehe meiner Hoffnung,
vergesse das, was mich bedrückt,
steig' hinauf bis an den Himmel
und schaue einfach nicht zurück.
Mein Ballon trägt mich noch höher,
dort wo meine Freiheit ist,
entsag' den Träumen und Gedanken,
auf das jeder mich vergißt.
Den Blick auf's Schöne, Unbekannte
verlier' ich, was mich so bewegt,
sag' ich noch freundlich Lebe wohl
und stürze mich in meine Welt.
Ladore de Schygall
Anfang vom Ende
Daß all das Schöne nun längst zu Ende,
wie könntest du's verstehn?
Ich hab ja die lieben, süßen Hände
geküßt beim Kommen und Gehn:
Und hab in deinem dämmrigen Zimmer
mit dir gekost und gelacht –
und hab auch geplaudert mit dir wie immer
bis spät, bis spät in die Nacht.
Im Heimgehn wieder, durch stille Gassen,
schlich's über mich so bang,
wie ich mein armes Mädel verlassen,
so lange schon! ach wie lang!
Doch, daß ich so einsam von dir gegangen,
wie käm's dir denn zu Sinn,
und...
Arthur Schnitzler
Ewig wechselt der Wille den Zweck und die Regel, in ewig
Wiederholter Gestalt wälzen die Taten sich um.
Aber jugendlich immer, in immer veränderter Schöne
Ehrst du, fromme Natur, züchtig das alte Gesetz,
Immer dieselbe, bewahrst du in treuen Händen dem Manne,
Was dir das gaukelnde Kind, was dir der Jüngling vertraut,
Nährest an gleicher Brust die vielfach wechselnden Alter;
Unter demselben Blau, über dem nämlichen Grün
Wandeln die nahen und wandeln vereint die fernen Geschlechter,...
Johann Christoph Friedrich von Schiller