He Zitate (Seite 11)
Meine Welt
Gib mir deine Hand,
Denn ich möchte dir etwas zeigen.
Ich zeige dir mein Land
Wo Gefühle niemals schweigen.
Auf einen Berg hinauf wir gehen,
Der nennt sich Zuneigung.
Und was wir darauf sehen,
Ist eine Abzweigung.
Sie führt uns runter in ein Tal.
Sein Name lautet Nähe.
Es zeigt mir nicht nur dieses Mal,
Was ich in uns sehe.
Der Weg führt weiter an einen Fluss
Dort stehen rote Kerzen.
Diese Station ist ein Muss,
Er nennt sich Fluss der Herzen.
Nun kennst du meine Welt ein Stück
Ich...
Frank Korablin
Komm, singen wir, an mir soll es nicht fehlen,
auch du hast was auf Lager, wie ich sehe –
tönt es auch falsch aus rostig alten Kehlen,
Ein Frühlingslied klingt schön selbst von der Krähe.
Und streift hier über mittagheißes Land
ein Mädchen, übermütig, rank und rund,
so lächeln wir über der Hecke Rand,
wir trieben's früher beide ziemlich bunt.
Erik Axel Karlfeldt
Der überlebenstüchtige Zwicker
Den Professor Gurkenpflücker
ziert kess sein Brillenzwicker,
den er froh und wirsch durchschaute,
als er jene Brühe braute,
die sich ihrerseits nicht zierte
und ganz herzhaft explodierte.
Das beraubte recht behände
das Gebäude seiner Wände,
den Professor des Vermögens
nebst des heißgeliebten Lebens.
So geht ein großer Geist nach drüben,
doch sein Zwicker blieb herüben.
Peter Horton
Die frühe Liebe
Schon im bunten Knabenkleide
Pflegten hübsche Mägdelein
Meine liebste Augenweide,
Mehr als Pupp' und Ball zu sein.
Ich vergaß der Vogelnester,
Warf mein Steckenpferd ins Gras,
Wenn am Baum bei meiner Schwester
Eine schöne Dirne saß.
Freute mich der muntern Dirne,
Ihres roten Wangenpaars,
Ihres Mundes, ihrer Stirne,
Ihres blonden Lockenhaars.
Blickt auf Busentuch und Mieder,
Hinterwärts gelehnt am Baum;
Streckte dann ins Gras mich nieder,
Dicht an ihres Kleides Saum.
Was ich...
Ludwig Heinrich Christoph Hölty
Der Tod hat keine Bedeutung
Der Tod hat keine Bedeutung –
ich bin nur nach nebenan gegangen.
Ich bleibe, wer ich bin,
und auch ihr bleibt dieselben zusammen.
Was wir einander bedeuteten, bleibt bestehen,
Nennt mich bei meinem vertrauten Namen
Sprecht in der gewohnten Weise mit mir
und ändert Euren Tonfall nicht!
Hüllt euch nicht in Mäntel aus Schweigen und Kummer –
lacht wie immer über die kleinen Scherze, die wir teilten.
Wenn ihr von mir sprecht, so tut es ohne Reue
und ohne jegliche...
Henry Scott Holland
Winter
Das Feld ist kahl, auf ferner Höhe glänzet
Der blaue Himmel nur, und wie die Pfade gehen,
Erscheinet die Natur, als Einerlei, das Wehen
Ist frisch, und die Natur von Helle nur umkränzet.
Der Erde Stund ist sichtbar von dem Himmel
Den ganzen Tag, in heller Nacht umgeben,
Wenn hoch erscheint von Sternen das Gewimmel,
Und geistiger das weit gedehnte Leben.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Einem, der vorübergeht
Du hast mich an Dinge gemahnet,
Die heimlich in mir sind,
Du warst für die Saiten der Seele
Der nächtige flüsternde Wind
Und wie das rätselhafte,
Das Rufen der atmenden Nacht,
Wenn draußen die Wolken gleiten
Und man aus dem Traum erwacht.
Zu blauer weicher Weite
Die enge Nähe schwillt,
Durch Zweige vor dem Monde
Ein leises Zittern quillt.
Hugo von Hofmannsthal
Vorfrühling
Sieh, die Kastanien – noch nicht entfalten
Sie ihre Knospen, harzig gebräunt.
Den weißen Schneehut hat aufbehalten
Der Monte Baldo, mein alter Freund.
Der schöne Frühling kommt zögernd heuer;
So warm der Mittag, die Nacht ist rauh.
Auch im Kamin ist ein kleines Feuer
Noch sehr willkommen der lieben Frau.
Jungfräulich herbe sind noch die Lüfte,
Noch hat kein Vogel sein Nest gebaut,
Doch von der Halde wehn Veilchendüfte,
Süß wie der Atem der jungen Braut.
Wer weiß, wie bald uns der...
Paul von Heyse
Vorfrühling
Stürme brausten über Nacht,
und die kahlen Wipfel troffen.
Frühe war mein Herz erwacht,
schüchtern zwischen Furcht und Hoffen.
Horch, ein trautgeschwätz'ger Ton
dringt zu mir vom Wald hernieder.
Nisten in den Zweigen schon
die geliebten Amseln wieder?
Dort am Weg der weiße Streif -
Zweifelnd frag' ich mein Gemüte:
Ist's ein später Winterreif
oder erste Schlehenblüte?
Paul von Heyse
Blühende Gräber
Leis verglüht der Tag in den Pappelzweigen,
Glockentöne wiegen den Wald in Schlummer,
durch des Friedhofs träumende Stille weht's wie ewige Sehnsucht.
Sehnsucht eines lange erloschnen Lebens,
Sehnsucht alter, lange vergessner Liebe,
ausgelittene Schmerzen, verblühtes Glück aus früheren Tagen.
Drang des Lebens, bildender Schöpferodem,
deines Waltens heilige Nähe fühl ich,
fühle dich im Säuseln entschlafner Sehnsucht über den Gräbern!
Nicht, Natur, Allmutter, vergißt du...
Wilhelm Hertz
Die Sonne blickt mit hellem Schein
So freundlich in die Welt hinein.
Mach's ebenso! Sei heiter und froh!
Der Baum streckt seine Äste vor;
Zur Höhe strebt er kühl empor.
Mach's wie der Baum - Im sonnigen Raum!
Die Quelle springt und rieselt fort,
Zieht rasch und leicht von Ort zu Ort.
Mach's wie die Quell - Und rege Dich schnell!
Der Vogel singt sein Liedlein schnell,
Freut sich an Sonne, Baum und Quell.
Mach's ebenso! Sei rüstig und froh!
Johann Gottfried von Herder
Still ist die Nacht, es ruhn die Gassen,
In diesem Hause wohnte mein Schatz;
sie hat schon längst die Stadt verlassen,
Doch steht noch das Haus auf demselben Platz.
Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe,
Und ringt die Hände vor Schmerzensgewalt;
Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe –
Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.
Du Doppelgänger! Du bleicher Geselle!
Was äffst du nach mein Liebesleid,
Das mich gequält auf dieser Stelle,
So manche Nacht in alter Zeit?
Heinrich Heine