Glücks Zitate (Seite 118)
An den Wind
Ich wandre fort ins ferne Land;
Noch einmal blickt' ich um, bewegt,
Und sah, wie sie den Mund geregt,
Und wie gewinket mit der Hand.
Wohl rief sie noch ein freundlich Wort
Mir nach auf meinen trüben Gang,
Doch hört' ich nicht den liebsten Klang,
Weil ihn der Wind getragen fort.
Daß ich mein Glück verlassen muß,
Du rauher, kalter Windeshauch,
Ist's nicht genug, daß du mir auch
Entreißest ihren letzten Gruß?
Nikolaus Lenau
Niemand kann verlornen Harrens Schmerzen
Einem sehnsuchtsvollen Frauenherzen
Je vergelten, niemand ihr vergüten,
Was in solchen unermeßnen Stunden
Still der Wurm genagt von ihren Blüten,
Der auch nicht, um den sie es empfunden.
Wenn er dann auch stürzt zu ihren Füßen,
Leiden und versäumtes Glück beklagt;
Schmerz hat weh getan, der Wurm genagt.
Aber mancher kehret nie mehr wieder,
Drückt er auch ein Herz zum Grabe nieder.
Nikolaus Lenau
Blick in den Strom
Sahst du ein Glück vorübergehn,
das nie sich wiederfindet,
Ist's gut in einen Strom zu sehn,
wo alles wogt und schwindet.
O, starre nur hinein, hinein;
Du wirst es leichter missen,
Was dir, und soll’s dein Liebstes sein,
Vom Herzen ward gerissen.
Blick unverwand hinab zum Fluß,
Bis deine Tränen fallen,
Und sieh durch ihren warmen Guß
Die Flut hinunterwallen.
Hinträumend wird Vergessenheit
Des Herzens Wunde schließen;
Die Seele sieht mit ihrem Leid
Sich selbst...
Nikolaus Lenau
Halbtraum
Um mich ist tiefe, dunkle Nacht,
Da denke ich der Lieben mein,
Und schau', da treten alle sie
Gar sacht und still zu mir herein.
Das Mütterchen, das treue kommt,
Auf meines Mädchens Arm gelehnt;
Sie fühlten ja, wie sich mein Herz
So schmerzlich heiß nach ihnen sehnt.
Ich halte beider Hände fest,
So froh, wie ein beschenktes Kind,
Bis mir vor lauter, lauter Glück
Die Augen zugefallen sind.
Otto von Leixner
An die Natur
Erscheine mir im Taggewand,
Im Nachtgewand, Natur!
Reich deinem Sohn die Mutterhand,
Ihm einen Finger nur!
Dich zu erkennen, welch ein Glück,
Zu fühlen, welche Lust!
Natur! Entwölke meinen Blick,
Enthülle deine Brust!
Ein Strahl von dir umleuchte mich,
Ich sitze oder geh'!
Still steh' mein Odem, wenn ich dich
Im Menschenantlitz seh'!
Johann Kaspar Lavater
Sehnsucht
O, wenn die Sehnsucht Flügel hätte,
Welch weiter, weißer Schwanenzug
Nähm' mit den Wolken um die Wette
In blaue Fernen seinen Flug.
Und wenn in abendroten Gluten
Und goldnem Brand der Himmel ständ' –
Wie schön, wenn durch die Purpurfluten
Mein Sehnen freie Bahnen fänd'.
Nicht mehr gefesselt und gebunden,
Zög' ohne Wunsch und Weh
Das Flügelpaar die Sonnenstunden
Weiß leuchtend über Land und See.
Bis hin zu aller Sehnsucht Ende,
Wo die Erfüllung stolz und groß,
Streckt ihre reichen...
Johanna Marie Lankau
Standpunkt
Das Leben ist ein trübes
Und ödes Einerlei! –
Ruft pessimistisch einer
Und – geht am Glück vorbei.
Wie ist das Leben wonnig,
Ein sonnig-grüner Mai! –
So spricht ein Liebespärchen
Und – küßt sich dabei.
Dies alles hört ein Dritter,
Ein vielerfahrener Mann.
Er denkt: es kommt im Leben
Stets auf den Standpunkt an!
Wilhelm Kunze
Aus der Ferne
Auf schnellem Fittig ist die Zeit verschwunden
Unwiederbringlich! – Nur Erinn'rung lebt,
Ein schöner Traum, von Nebeldunst umwebt,
ein heiliges Vermächtnis jener Stunden.
Heil mir, daß ich der Tage Glück empfunden,
Daß kühn mein Herz zu stolzen Höhen strebt.
Dein Bild ist's, das so freundlich mich umschwebt.
Ach! wär' ich frei und wär' ich nicht gebunden!
Du strahlst mir in des Aufgangs Rosengluten,
Ich sehe dich im Sternensaal der Nacht,
Dich spiegeln mir des Teiches...
Karl Theodor Körner
Alte Uhr
Leis tickt die Uhr, der Pendel schwingt,
die zarte Heimchenstimme klingt.
Der Zeiger rückt von Ort zu Ort,
so geht es heut', so geht es fort.
Es sah die Uhr schon manche Zeit,
sie tickte Glück, sie tickte Leid!
Und endet' sie des Tages Lauf,
dann zog der Mensch sie wieder auf.
Es starb der Mensch und ward geborn,
die alte Uhr gib nicht verlorn.
Sie schlug den sanften Silberschlag,
sie schlägt ihn heute, Tag um Tag!
Jüngst zog sie auf ein junger Mann,
heute rührt ein Greis den Pendel...
Gertrud Koehler
Der Liebe Obdach
Die Liebe baut, ein thöricht Kind,
Ihr Haus aus Blum- und Blattgewinden;
Hier hofft sie gegen Frost und Wind
Ein freundlich Obdach einst zu finden.
Doch eine Herbstnacht war genug,
Ihr Hoffen ganz in Leid zu kehren,
Das leichte Haus im wilden Flug
Mit Dach und Pfosten zu zerstören.
Nun irrt sie, mit verzagtem Blick,
Zum Tod erschöpft, im wüsten Wetter,
Und sammelt aus verlornem Glück
Sich weinend noch die welken Blätter.
Hermann Kletke
O mag ein Engel Dir die Schrift diktieren
O mag ein Engel Dir die Schrift diktieren,
Daß jedes Wort mir Wonne sei und Lust,
Ein Engel Deine Feder führen,
Ein Zauber drinnen leben unbewußt!
Damit, wenn ich das Siegel löse,
Das Glück sich ungetrübt daraus ergießt,
Und keine Wolke, keine böse,
Mein Geist von Deinem Geiste liest.
Friederike Kempner
Liebe berauscht, sagt man.
Liebe ernüchtert, sagt man.
Liebe läßt klar sehen, sagt man.
Liebe macht blind.
Liebe verdirbt.
Liebe veredelt.
Liebe stärkt.
Liebe schwächt.
Liebe bringt Pein,
und Liebe bringt Glück.
Wo, wer ist jener Sagtman?
Liebe macht gar nichts, erwidere ich ihm.
Wir machen die Liebe zu dem, was sie uns wird.
Gottfried Keller