Glücks Zitate (Seite 110)
Das ist der größte Vorteil für die Menschheit,
Daß jeder für die andern alles thue,
Und jeder von den allen es empfange.
Nur wenig bringt der Einzelne dem Ganzen,
Wie viel empfängt der Einzelne von allen!
Wie treu beschützt ist jeder durch die Menschheit.
Wie wenig mehr bedarf es doch zur Eintracht,
Zu Glück und Ruh' zu unkränkbarer Freiheit
Von allen Menschen, als den Willen aller:
Jedwedem mit dem Leben selbst zu dienen!
Mit den geringsten Mitteln will der Gott
Die größte Wirkung – aber...
Leopold Schefer
Einsamkeit
Verflogne Taube an dem Felsenstrand,
Ein Wirbelwind hat dich dem Schwarm entführt!
Und mich, wie's meinem Wagemuth gebührt,
Verschlug ein Sturm ans gleiche Inselland.
Wir zwei zur selben Einsamkeit verbannt,
Bestimmt, daß eins des andern Frohmuth schürt,
Daß eins das andere zum Glück verführt,
Um das uns trog der Winde Unverstand.
Verflogne Taube! Laß uns Freunde sein
Und uns're Herzen aneinander wärmen,
So lang uns günstig ist der Sterne Schein.
Laß ab, dich um Verlorenes zu...
Ludwig Scharf
Fatum
Zweimal hat mich der Tod verschont:
Er wollte mich nicht haben:
Hunderttausende lägen jetzt tot
Und tief in der Grube begraben.
Ich aber begann erst recht zu blühn
Und den Blütenkelch zu entfalten –
Und wie ich der unterirdischen Macht,
So trotz' ich den Tagesgewalten.
Zum Schicksal ward mir mein Leben, o Gott!
Fast drückt die Last mich zu Boden:
Berufen bin ich, zu rufen zum Glück
Hier all die lebendigen Toten.
Ludwig Scharf
Urfrage
Eine Phalanx ist vorübergeritten:
Das war eine Menschengeneration!
Da ist auch eine andere schon
Und wandelt in der ersten Tritten:
Was jene gelebt, was jene gelitten,
Auch ihr beschert, so Glück wie Frohn.
Und weiter wachsen die Generationen
Und rollen über der Erde Zonen –
Und eine σϕαιρα* rollt hinter der andern:
Was soll, was will dies ewige Wandern?
Wann soll es enden? Wo hört das auf?
Wann gehn die Gestirne der Hirnschal' auf,
Daß wir erkennen, wozu, wozu??
"Jenen Sternen zu!" –...
Ludwig Scharf
Sei nicht dumm
Kurzen Sommer blüht die Blume,
Denn das Schöne währt nicht lang,
Schwach Gedächtnis bleibt vom Ruhme,
Jubel schwindet und Gesang.
Blumen welken, Mädchen altern,
Folgsam ewigem Gesetz,
Jugend bannt man nicht mit Psaltern,
Und die Dauer bleibt Geschwätz.
Deshalb wollen wir zur Neige
Schlürfen jeden Augenblick;
Blau der Himmel, grün die Zweige,
Sei nicht dumm und preis das Glück!
Ferdinand Sauter
Viel genossen, viel gelitten,
Und das Glück lag in der Mitten;
Viel empfangen, nichts erworben,
Froh gelebt und leicht gestorben,
Fraget nicht nach der Zahl der Jahre
Kein Kalender ist die Bahre,
Und der Mensch im Leichentuch
Ist ein zugeklapptes Buch.
Darum, Wand'rer, zieh dich weiter,
Denn Verwesung stimmt nicht heiter.
Ferdinand Sauter
Im Zeichen des Kampfes geboren,
such' ich den Frieden nicht;
ich fühl' mich matt, verloren,
wo man vom Glück nur spricht.
Ich liebe die strengen Stirnen
wo schwer der Gedanke wohnt,
gleich den ragenden Silberfirnen,
nah' denen die Sonne thront.
Ich liebe gewappnete Hände,
ein streitbares, herbes Wort,
das suchend geht, ob's nicht fände
der Echtheit und Wahrheit Hort.
Ich kann nicht anders und sage:
So bin ich, Gott helfe mir,
so bleib' ich bis meine Tage
erschöpft sind auf Erden hier.
Edith Gräfin Salburg
Sonntag
Wie lieb' ich es, an Sonntagnachmittagen
Allein zu sitzen im vertrauten Zimmer;
Durchs Fenster bricht der Sonne heller Schimmer,
Das Buch vergoldend, das ich aufgeschlagen.
Die Straßen; es rollen keine Wagen;
Des Marktes Lärm verstummt, als wär's auf immer,
Und all des Sonntagsstaates bunter Flimmer,
Er ward hinaus in Wald Flur getragen.
Verlassen fühlt sich, wer zurückgeblieben,
Und manches schöne Auge blickt verdrossen,
Und manche Wünsche unerfüllt zerstieben.
Es ruht das Leben, wie...
Ferdinand von Saar
Achte gut auf diesen Tag,
denn er ist das Leben –
das Leben allen Lebens.
In seinem kurzen Ablauf liegt alle seine
Wirklichkeit und Wahrheit des Daseins,
die Wonne des Wachsens,
die Größe der Tat,
die Herrlichkeit der Kraft.
Denn das Gestern ist nichts als ein Traum
und das Morgen nur eine Vision.
Das Heute jedoch, recht gelebt,
macht jedes Gestern
zu einem Traum voller Glück
und jedes Morgen
zu einer Vision voller Hoffnung.
Darum achte gut auf diesen Tag.
Rumi
Beim Hauch des Morgens und der Mitternächte Schauer
Fühl ich die Trauer, daß die Welt hat keine Dauer;
Daß wir am Anfang schon dem End entgegen gehn
Und doch am Ende noch beim Anfang immer stehn.
Bald haben wirs verwacht, bald haben wirs verträumt,
Nie säumend Tag und Nacht, das Glück ist stets versäumt.
Friedrich Rückert
Mondaufgang
Nun sinkt des Friedens hehre Spende
Wie Tauen auf die Dämmerwelt.
Dorfglocken singen die Legende
Vom Glück dem sonnenmüden Feld.
Nun ist der Abendtraum der Ferne
In reiches Sommerlaub gebannt,
Es streut die Silbersaat der Sterne
Des Heilands unsichtbare Hand.
Den Hochwald will ein Glanz umgleiten,
Mit dem die Nacht sein Klingen lohnt,
Und in des Himmels Sommerweiten,
Ein weißer Mohnkelch blüht der Mond.
Paul Rossi
Leeres Reden, Kommen, Gehen,
Schales Lächeln, Lachen auch,
Alles mußtest du verstehen,
Heuchelnd nach des Tages Brauch!
Unergründet muß es bleiben,
Glatt und trügrisch wie die Welt,
Wenn dein Wesen ihrem Treiben
Widerwillig ward gesellt.
Dein erst, wenn der Tag zerstoben,
Ist, was dir die Seel' umfaßt,
Dein des Glücks, der Schmerzen Toben,
Dein geliebter Sorgen Last.
Otto Roquette
Gestörter Friede
Was mich still und traurig macht,
Darf ich Keinem sagen,
Einsam denk' ich's Tag und Nacht,
Einsam muß ich's tragen.
Was mir sonst am Herzen lag
Ist dahin genommen,
Seit von drüben Tag für Tag
Schreck und Groll mir kommen.
Ach, wie schlimm die Welt gewußt
Seinen Sinn zu thören!
Ihn zu treiben, mir mit Lust
Glück und Ruh zu stören!
Soll sich Alles, was einst gut,
Uns so schnell verleiden?
Freie Red' und Uebermuth
Will nicht jeden kleiden.
Was mir ganz und gar mißfällt,
Dient...
Otto Roquette
Wenn du geliebt, wenn du gehofft,
Wenn du gestrebt, gerungen,
Wenn du mit starkem Willen oft
Dein blutend Herz bezwungen:
Dann fühlst du, wie zu vollem Wert
Erwacht dein ganzes Leben,
Denn jeder Schmerz, der dich beschwert
Wird dich nur höher heben.
Dein Glück, es ist so selten echt,
Und wird dich doch betören:
Der Schmerz verleiht dir erst ein Recht,
Dem Leben zu gehören.
Ob du umfingst in Jugendluft
Die Welt mit Liebesarmen,
Es lehrt dich Leid erst und Verlust
Ein heiligstes Erbarmen.
Otto Roquette