Flucht Zitate (Seite 2)
Einem Tagelöhner
Lange Jahre sah ich dich
führen deinen Spaten,
und ein jeder Schaufelstich
ist dir wohl geraten.
Nie hat dir des Lebens Flucht
bang gemacht, ich glaube –
sorgtest für die fremde Frucht,
für die fremde Traube.
Nie gelodert hat die Glut
dir in eignem Herde,
doch du fußtest fest und gut
auf der Mutter Erde.
Nun hast du das Land erreicht,
das du fleißig grubest,
laste dir die Scholle leicht,
die du täglich hubest!
Conrad Ferdinand Meyer
Ich
Die Ehre hat mich nie gesucht;
die hätte mich auch nie gefunden.
Wählt man, in zugezählten Stunden,
ein prächtig Feierkleid zur Flucht?
Auch Schätze hab' ich nie begehrt.
Was hilft es, sie auf kurzen Wegen
für Diebe mehr als sich zu hegen,
wo man das wenigste verzehrt?
Wie lange währt's, so bin ich hin
und einer Nachwelt unter Füßen!
Was braucht sie, wen sie tritt, zu wissen?
Weiß ich nur, wer ich bin!
Gotthold Ephraim Lessing
Karfreitag
Karfreitags Krone. Heldenkönig! Einsames Haupt.
Verstoßen. Erheben
Die feige Flucht verdammender Hände.
Ein suchender führender Quell.
Wenn ich erhöht sein werde, will ich alle zu mir ziehen.
Und die Welt, die schwere Welt, die leichtsinnschwere Welt,
Fast schon oben, reißt ab, eine Wunde reißt auf,
Der Seele, Wunde des Leibes, Wunde des Todes:
Vater verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.
Zum schmerzlichen Hohn der Dornenkrone
Fallen kühlende Tropfen fühlender Größe.
Dem...
Peter Hille
Das erste Grün der Saat, von Regen feucht,
Zieht weit sich hin an niedrer Hügel Flucht.
Zwei große Krähen flattern aufgescheucht
Zu braunem Dorngebüsch in grüner Schlucht.
Wie auf der stillen See ein Wölkchen steht,
So ruhn die Berge hinten in dem Blau,
Auf die ein feiner Regen niedergeht,
Wie Silberschleier, dünn und zitternd grau.
Georg Heym
Das Geisterschiff
Alle Schiffer kamen wieder,
Kay kam nicht.
Auf die Erde warf Meike sich nieder,
In den Sand das Gesicht.
Sie weinte und rang die weißen Arme:
Kay, komm, Kay!
Sie flehte und fluchte, daß Gott erbarme:
Kay, komm, Kay!
Da lief ein Schiff auf schwarzer Welle
Nachts an den Strand,
Da kam ihr toter Herzgeselle
Und nahm sie bei der Hand.
Sie fühlte es bis in die spitzen Zehen
Und bis in ihr blondes Haar.
Und Meike mußte mit ihm gehen
Und segeln immerdar.
Gustav Falke
Ist mir oft der Wunsch gekommen
Abzuschütteln diese Glieder,
Dieses Herz voll Sturm und Wunden –
Seid mir theuer, bittre Stunden,
Aber kehret niemals wieder!
Kannst du zwischen Zeilen lesen,
Steht es flammend dir geschrieben:
Nur der Wahnsinn flucht dem Leben,
Nur den Thoren macht es beben –
Wers begriffen, wird es lieben.
Ludwig Eichrodt
Blick ins Licht
Still von Baum zu Bäumen schaukeln
Meinen Kahn die Uferwellen;
Märchenblütenblau umgaukeln
Meine Fahrt die Schilflibellen,
Schatten küssen den Boden der Flut.
Durch die dunkle Wölbung der Erlen
- welch ein funkelndes Verschwenden -
Streut die Sonne mit goldenen Händen
Silberne Perlen
In die smaragdenen Wirbel der Flut.
Durch die Flucht der Strahlen schweben
Bang nach oben meine Träume,
Wo die Bäume
Ihre krausen Häupter heben
In des Himmels ruhige Flut.
Und in leichtem,...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Mich wurmt es, wenn ich nur dran denke. –
Es saß zu München in der Schenke
Ein Protz mit dunkelroter Nase
Beim elften oder zwölften Glase.
Da schlich sich kümmerlich heran
Ein armer, alter Bettelmann,
Zog vor dem Protzen seinen Hut
Und fleht: Gnä Herr, ach sein S' so gut!
Der Protz jedoch, fuchsteufelswild,
Statt was zu geben, flucht und schilt:
Gehst raus, du alter Lump, du schlechter!
Nix möcht' er, als grad saufen möcht' er!
Wilhelm Busch
Ach, wie flüchtig ist die Zeit!
Was wir gestern kaum begonnen,
Heute liegt es schon so weit
Grau und nebelhaft zerronnen –
Ach, so flüchtig ist die Zeit.
Ach, wie flüchtig ist die Zeit!
Doch kein Schritt ging noch verloren,
Denn ein Vater steht bereit,
Wartend vor den ew'gen Toren –
Bei ihm endet Flucht und Zeit!
Clemens Brentano
Ein Wandrer zog mit müdem Schritt:
"Herr Postillion, ei, nehmt mich mit!"
Drin saß ein braunes Kind allein,
nun fuhren traulich sie zu zwein.
Er sprach, er habe das Glück gesucht,
doch sei das Glück noch auf der Flucht;
sie sprach, nun sei auch die Mutter tot,
da sucht sie jetzt als Magd ihr Brot.
Wie kurz die Fahrt! Das Posthorn klang,
der Bursche sich aus dem Wagen schwang.
Sie sind einander nimmer begegnet,
doch jeder hat still das andre gesegnet.
Paul Barsch
Seit ich dich das erste Mal traf,
bist du König auf dem Thron meines Herzens.
Du hast dein Reich mehr und mehr ausgebreitet
und andere Anwärter in die Flucht geschlagen.
Du bist Herrscher über mein Herz, meine Gedanken und Träume.
Deine Macht ist so groß und stark,
wie könnte ich dich jemals nicht lieben?
Auch wenn der Thron deines Herzens so schwer zu besteigen ist
wie der Schicksalsberg und mir deine Tore verschlossen bleiben,
so bin ich dazu geboren, dein treuer Untertan zu sein.
Liebe...
Ivonne Artelt