Zweit Zitate (Seite 2)
Kein Stück von dir
Wie lange soll das noch so gehn
wann wirst du endlich mal verstehn:
ich gehöre nicht zu dir wie der Schaum zum Bier
ich gehöre nicht zu dir wie die Tasten zum Klavier –
zuallererst gehöre ich mir!
Hör zu, mein Lieber, glaube mir:
ich bin nicht nur ein Stück von dir!
Ich gehöre nicht zu dir wie der Ast zum Baum
ich gehöre nicht zu dir wie die Maske zum Clown –
zuallererst gehöre ich mir!
Noch sind wir zu zweit
noch ist etwas Zeit
paß auf mein Freund!
Die Liebe ist...
Jörn Pfennig
Der römische Brunnen
Auf steigt der Strahl und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.
Conrad Ferdinand Meyer
Zahn um Zahn
Du kommst zur Welt mit leerem Mund,
dann wächst dir ein Gebiss,
schon bald geht dieses vor den Hund,
doch zweites ist gewiss.
Du nagst dich durch so manchen Dreck,
kaust auch an harten Brocken,
da fällt Gebeiße wieder weg,
du schluckst und bist erschrocken.
Den kahlen Mund ziert bald darauf,
was nachts im Glase schwimmt,
und zähneknirschend fällt dir auf,
bist zahnlos, doch nicht Kind.
Moral:
Ein steiler Zahn warst du dereinst
Mit strahlend weißer Fülle,
egal, wie du auch bleckst...
Ruth W. Lingenfelser
Ich habe drei Schätze,
Die ich hüte und bewahre.
Der erste ist Mitgefühl.
Der zweite ist Sparsamkeit.
Der dritte ist Demut.
Aus Mitgefühl erwächst Mut.
Aus Sparsamkeit erwächst die Möglichkeit,
Großzügig zu sein.
Aus Demut erwächst verantwortliche Führung.
Heute jedoch haben die Menschen
Das Mitgefühl abgelegt,
Um kühn zu sein.
Sie haben die Sparsamkeit aufgegeben,
Um große Verschwender zu werden.
Sie haben die Demut verworfen,
Um selbst an erster Stelle zu stehen.
Das ist die Straße des Todes.
Laotse
Zwillinge
Ein Mensch das Licht der Welt erblickt
Und neben sich das gleiche Stück.
Es ist kein Bild, auch nicht geklont
Es ist real, doch ungewohnt.
Normalerweise kommt ein Mensch
Allein auf diese Welt und fremd.
Doch nun und hier an dieser Stelle
Geschwister sind's, auf alle Fälle.
Die Mutter nimmt es hin mit Freude
Dem Vater doch entging die Freude
Mit der er sich ein zweites Mal
Bemüht um Nachwuchs – ach wie schad'.
Wolfgang (WoKo) Kownatka
Wenn ich in Nächten wandre
Ein Stern wie viele andre,
So folgen meiner Reise
Die goldnen Brüder leise.
Der erste sagts dem zweiten,
Mich zärtlich zu geleiten,
Der zweite sagts den vielen,
Mich strahlend zu umspielen.
So schreit ich im Gewimmel
Der Sterne durch den Himmel.
Ich lächle, leuchte, wandre
Ein Stern wie viele andre.
Klabund
Vier Dinge sind, die, wer Verdienst hat, übt,
Und ohne sie kann kein Verdienst bestehn:
Das erste: Großmut! Wer die Großmut hat,
Läßt gerne sich und andern wohlgeschehn;
Das zweite: Schonung für des Freundes Herz!
Ein Spiegel ists, in dem du klar sollst sehn;
Das dritte: Vorsicht, wenn du Tadel sprichst!
Denn bitter schmeckt das Umvergebungflehn;
Das vierte endlich: dem, der sich verging
Und Reue zeigt, wirf nicht vor sein Vergehn!
Mahmud ben Jemineddin
Die Federn
Drei Federn wurden uns für dieses Leben
Zum wechselnden Gebrauch anheim gegeben.
Aus seinem Fittich gab zuerst ein Engel
Die eine Dir, daß Du des Lebens Mängel
Damit verzeichnest mit Gelassenheit.
Die zweite stammt aus eines Adlers Flügel,
Sie folgt der Phantasie mit leichtem Zügel,
Kühn bis zur Sonne, über Wolken hebet
Ihr Flug sie, der der Wirklichkeit entschwebet,
Erheiternd mildert sie den Ernst der Zeit.
Die dritte löste sich aus Amors Schwingen,
Um treuer Liebe Sprache Dir zu...
Natalie von Herder
Ein Hasenschicksal
Zwei Freunde duellieren sich;
Warum? ist schwer zu sagen,
Es gilt ja gleich, aus welchem Grund,
Wenn man sich nur geschlagen.
Der erste schießt, die Kugel fehlt
Und wühlt sich in den Rasen,
Doch aus dem Neste scheucht der Knall
Den feigsten aller Hasen.
Er eilt von dannen überquer
Da schießt der zweite eben,
Auch dieser trifft nicht, doch sein Ball
Raubt unserm Matz das Leben.
Nun reichen beide sich die Hand,
Sie sind ja nicht von Eisen,
Und werden beim...
Christian Friedrich Hebbel
Barbarazweige
Am Barbaratage holt' ich
drei Zweiglein vom Kirschenbaum,
die setzt' ich in eine Schale,
drei Wünsche sprach ich im Traum.
Der erste, daß einer mich werbe,
der zweite, daß er noch jung,
der dritte, daß er auch habe
des Geldes wohl genung.
Weihnachten vor der Mette
zwei Stöcklein nur blühten zur Frist:
ich weiß einen armen Gesellen,
den nähm' ich wie er ist.
Martin Greif
Sieben Tadel
Ich tadelte meine Seele siebenmal.
Das erste Mal, als sie versuchte, mich
auf Kosten der Schwachen zu erhöhen.
Das zweite Mal, als ich vor Verkrüppelten
zu hinken vorgab.
Das dritte Mal, als ich, vor die Wahl gestellt,
das Leichte dem Schweren vorzog.
Das vierte Mal, als ich einen Fehler beging
und mich mit den Fehlern der anderen tröstete.
Das fünfte Mal, als ich, aus Furcht gefügig geworden,
behauptete, groß in der Geduld zu sein.
Das sechste Mal, als ich meine Kleider...
Khalil Gibran
Ein Lächeln, dem Trübsinn entsprungen,
Wo alle nach Glücksrausch begehren...
Ihr Töne, so lieblich erklungen, –
Kein zweites Mal werd ich euch hören!
Die Geigen, die klagend verklangen:
Was ließen das Herz sie erbeben,
Als wollte mir jäh, was vergangen,
Sein Lächeln, vertraut scheint es, geben?
Was führt es so traurig-gelassen,
So zart in sein farbschönes Reich,
Will zärtlich das Herz es umfassen
Und bittet so rührend, so weich?
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Der Pfropfen springt, in Wehmut sei geweiht
Das erste Glas und seine duft'ge Blume
Der früh entschwundnen frohen Jugendzeit,
Dem still geträumten, nie erfüllten Ruhme.
Das zweite Glas dir, holdes Frauenbild,
Und meiner Liebe unerloschnen Gluten,
Ich sehe dich, du lächelst freundlich mild
Entgegen mir aus diesen goldnen Fluten.
Das letzte Glas trink ich mir selber zu,
Um keine Hoffnung hab ich mehr zu werben,
Ein rasches Ende, eine lange Ruh…
Die Flasche leer – es liegt das Glas in Scherben.
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach