Wille Zitate (Seite 56)
Breite und Tiefe
Es glänzen viele in der Welt,
Sie wissen von allem zu sagen,
Und wo was reizet und wo was gefällt,
Man kann es bei ihnen erfragen,
Man dächte, hört man sie reden laut,
Sie hätten wirklich erobert die Braut.
Doch gehn sie aus der Welt ganz still,
Ihr Leben war verloren,
Wer etwas Treffliches leisten will,
Hätt gern was Großes geboren,
Der sammle still und unerschlafft
Im kleinsten Punkte die höchste Kraft.
Der Stamm erhebt sich in die Luft
Mit üppig prangenden Zweigen,
Die...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Ewig wechselt der Wille den Zweck und die Regel, in ewig
Wiederholter Gestalt wälzen die Taten sich um.
Aber jugendlich immer, in immer veränderter Schöne
Ehrst du, fromme Natur, züchtig das alte Gesetz,
Immer dieselbe, bewahrst du in treuen Händen dem Manne,
Was dir das gaukelnde Kind, was dir der Jüngling vertraut,
Nährest an gleicher Brust die vielfach wechselnden Alter;
Unter demselben Blau, über dem nämlichen Grün
Wandeln die nahen und wandeln vereint die fernen Geschlechter,...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht;
Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
Wenn unerträglich wird die Last, greift er
Hinauf getrosten Mutes in den Himmel
Und holt herunter seine ew'gen Rechte,
Die droben hangen unveräußerlich
Und unzerbrechlich, wie die Sterne selbst.
Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,
Wo Mensch dem Menschen gegenübersteht.
Zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr
Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Ausfahrt
Berggipfel erblühen,
Waldwipfel erblühen
Vom Lenzhauch geschwellt;
Zugvogel mit Singen
Erhebt seine Schwingen;
Ich fahr' in die Welt.
Mir ist zum Geleite
In lichtgoldnem Kleide
Frau Sonne bestellt;
Sie wirft meinen Schatten
Auf blumige Matten;
Ich fahr' in die Welt.
Mein Hutschmuck die Rose,
Mein Lager im Moose,
Der Himmel mein Zelt;
Mag lauern und kauern
Wer will, hinter Mauern;
Ich fahr' in die Welt.
Joseph Victor von Scheffel
Unkraut:
Wie kommt's, daß du so traurig bist,
Und gar nicht einmal lachst?
Ich seh dir's an den Augen an,
Daß du geweinet hast.
Gärtner:
Und wer ein'n steinigen Acker hat,
Dazu 'nen stumpfen Pflug,
Und dessen Schatz zum Schelmen wird,
Hat der nicht Kreutz genug?
Unkraut:
Doch wer mit Katzen ackern will,
Der spann die Mäus voraus,
So geht es alles wie ein Wind,
So fängt die Katz die Maus.
Hab all mein Tag kein Gut gethan,
Hab's auch noch nicht im Sinn;
Die ganze Freundschaft weiß es ja,
Daß...
Joseph Victor von Scheffel
Nun liegt die Welt umfangen
Von starrer Winternacht,
Was frommt's, daß am Kamin ich
Entschwundner Lieb gedacht?
Das Feuer will erlöschen,
Das letzte Scheit verglüht,
Die Flammen werden Asche,
Das ist das End vom Lied,
Das End vom alten Liede,
Mir fällt kein neues ein,
Als Schweigen und Vergessen –
Und wann vergäß' ich dein?
Joseph Victor von Scheffel
Am grünen See von Nemi
Ein alter Ahorn steht,
Durch die laubschweren Wipfel
Ein traurig Flüstern geht.
Am grünen See von Nemi
Ein junger Spielmann sitzt,
Er summt ein Lied, derweil ihm
Die Trän' im Auge blitzt.
Am grünen See von Nemi
Die Flut zieht leis und still:
Der Ahorn und der Spielmann,
Weiß keiner, was er will.
Am grünen See von Nemi
Ist die allerfeinste Schenk',
– Preiswürd'ge Makkaroni,
Preiswürdigstes Getränk.
Der Ahorn und der Spielmann
Sind zwei verrückte Leut',...
Joseph Victor von Scheffel
Das ist der größte Vorteil für die Menschheit,
Daß jeder für die andern alles thue,
Und jeder von den allen es empfange.
Nur wenig bringt der Einzelne dem Ganzen,
Wie viel empfängt der Einzelne von allen!
Wie treu beschützt ist jeder durch die Menschheit.
Wie wenig mehr bedarf es doch zur Eintracht,
Zu Glück und Ruh' zu unkränkbarer Freiheit
Von allen Menschen, als den Willen aller:
Jedwedem mit dem Leben selbst zu dienen!
Mit den geringsten Mitteln will der Gott
Die größte Wirkung – aber...
Leopold Schefer
Donnerkerl, der Schreckliche
Ein Heldengedicht
Reich mir meine Platzpatronen,
Denn mich packt die Raserei!
Keinen Menschen will ich schonen,
Alles schlag ich jetzt entzwei.
Hunderttausend Köpfe reiß ich
Heute noch von ihrem Rumpf!
Hei! das wilde Morden preis ich,
Denn das ist der letzte Trumpf!
Welt, verschrumpf!
Paul Scheerbart