Weg Zitate (Seite 25)
Einst sah ich viele Blumen blühen…
Einst sah ich viele Blumen blühen
An meinem Weg; jedoch zu faul,
Mich pflückend nieder zu bemühen,
Ritt ich vorbei auf stolzem Gaul.
Jetzt, wo ich todessiech und elend,
Jetzt, wo geschaufelt schon die Gruft,
Oft im Gedächtnis höhnend, quälend,
Spukt der verschmähten Blumen Duft.
Besonders eine feuergelbe
Viole brennt mir stets im Hirn.
Wie reut es mich, daß ich dieselbe
Nicht einst genoß, die tolle Dirn.
Mein Trost: Lethes Wasser haben
Noch jetzt verloren...
Heinrich Heine
Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
die hat einen anderen erwählt;
der andere liebt eine andre
und hat sich mit dieser vermählt.
Das Mädchen heiratet aus Ärger
den ersten besten Mann,
der ihr über den Weg gelaufen;
der Jüngling, der ist übel dran.
Es ist eine alte Geschichte,
doch bleibt sie immer neu;
und wem sie just passiert,
dem bricht das Herz entzwei.
Heinrich Heine
Welt und Ich
Im großen ungeheuren Ozeane
Willst du, der Tropfe, dich in dich verschließen?
So wirst du nie zur Perl’ zusammenschießen,
Wie dich auch Fluten schütteln und Orkane!
Nein! öffne deine innersten Organe
Und mische dich im Leiden und Genießen
Mit allen Strömen, die vorüberfließen;
Dann dienst du dir und dienst dem höchsten Plane.
Und fürchte nicht, so in die Welt versunken,
Dich selbst und dein Ur-Eignes zu verlieren:
Der Weg zu dir führt eben durch das Ganze!
Erst, wenn du kühn von...
Christian Friedrich Hebbel
Einmal schien die Welt
Dir so weit, so weit.
Einmal schien die Stunde
Dir wie Ewigkeit.
Einmal schien das Leben
Sonnig überreich.
Einmal deuchtest du
Dich Göttern gleich.
Aber einmal muß
Die Sonne trüber sein.
Einmal geht der Weg
Dir enger ein.
Einmal schreitest du
Nur sorglich Schritt für Schritt;
Einmal schreitet
Ein Begleiter mit.
Richtet deinen Blick
Dann unverwandt
auf ein blumiges
Gräbergartenland.
Einmal wirst du
Unter Erd' und Rosen liegen.
Einmal wird dein Sein
Wie Hauch verfliegen.
Carl Ferdinand Max Hauptmann
Schneeflöckchen, Weißröckchen,
da kommst du geschneit,
du kommst aus den Wolken,
dein Weg ist so weit.
Komm, setz dich ans Fenster,
du lieblicher Stern,
malst Blumen und Blätter,
wir haben dich gern.
Schneeflöckchen, du deckst uns
die Blümelein zu,
dann schlafen sie sicher
in himmlischer Ruh.
Hedwig Haberkern
Kraft und Kraft
Wüßte sich die Kraft zur Kraft zu stellen:
Hei, wie würden sie den Weg sich hellen,
Und wie herrlich wär' das Weltgebäude!
Aber meist nur traurigste Gesellen
Haben an einander volle Freude.
Wer was kann, der will allein sich zeigen:
All die andern sollen ihm sich neigen
Und ihm opfern als dem einen Gotte,
Oder wenigstens ersterbend schweigen –
Hol' der Henker diese Götzenrotte!
Kraft, die ganz und wahr sich selbst empfunden,
Weiß sich Ebenbürtigen verbunden,
Die auf andre Art...
Hanns Freiherr von Gumppenberg
Zweite Liebe
Warum auch zweite Liebe
Noch stets mit bangem Muth,
Mit Angst uns füllt und Zweifeln
Wie's kaum die erste thut?
Seht, ein ergrauter Bergmann
Fährt in der Grube Nacht,
Und alle Weg' und Tritte
Kennt er im dunkeln Schacht.
Er, dem wie seine Hütte
Bekannt der Stollen ward,
Bekreuzt sich doch und betet,
Bevor er wagt die Fahrt.
Anastasius Grün
Verbotene Liebe
Unsere Freundschaft sie war verboten,
konnten die Tiefe noch nicht ausloten.
Der Ort des Geschehens war nicht geheim,
unsere Liebe wurde geboren im Keim.
Wir sahen uns an und lernten Vertrauen,
geheim mußte sie sein, darauf konnten wir bauen.
Eine Freundschaft so wunderbar klar,
sie gab uns den Halt, ganz unverwechselbar.
Wir liebten uns am Tage geheim,
die Nacht war unser bei mir daheim.
Du warst jung, unschuldig und rein,
es war wunderschön mit dir zu sein.
Meine Stellung...
Gerd Groß
Fortschritt
Die Zeit, sie eilt so schnell voraus,
Und ich, ich blieb zurück.
Ich schäme mich! Was kommt heraus?
Es bleibt ein Mißgeschick.
Doch stürmt sie hin unbändig jach,
Kaum reicht so fern mein Blick;
Die Bahngenossen stürmen nach,
Und ich, ich blieb zurück.
Vielleicht kehrt wieder sie des Wegs;
Laßt sitzen mich am Stein!
Vielleicht – hat sie sich müd' gerannt –
Hol' ich sie doch noch ein.
Der Gang der Welt ist nicht so rasch,
Als Torheit meint und spricht;
Man weiß wohl: Flügel hat die...
Franz Grillparzer
Ein junger Mensch, ich weiß nicht wie,
Starb einst an der Hypochondrie
Und ward denn auch begraben.
Da kam ein schöner Geist herbei,
Der hatte seinen Stuhlgang frei,
Wie's denn so Leute haben.
Der setzt' notdürftig sich aufs Grab
Und legte da sein Häuflein ab,
Beschaute freundlich seinen Dreck,
Ging wohl eratmet wieder weg
Und sprach zu sich bedächtiglich:
"Der gute Mensch, wie hat er sich verdorben!
Hätt er geschissen so wie ich,
Er wäre nicht gestorben!"
Johann Wolfgang von Goethe
Sei du im Leben wie im Wissen
Durchaus der reinen Fahrt beflissen;
Wenn Sturm und Strömung stoßen, zerrn;
Sie werden doch nicht deine Herrn;
Kompass und Pol-Stern, Zeitenmesser
Und Sonn' und Mond verstehst du besser,
Vollendest so nach deiner Art
Mit stillen Freuden deine Fahrt.
Besonders, wenn dich's nicht verdrießt,
Wo sich der Weg im Kreise schließt;
Der Weltumsegler freudig trifft
Den Hafen, wo er ausgeschifft.
Johann Wolfgang von Goethe
Es war einmal ein König
Es war einmal ein König,
Der hatt' einen großen Floh,
Den liebt' er gar nicht wenig,
Als wie seinen eignen Sohn.
Da rief er seinen Schneider,
Der Schneider kam heran:
"Da, miß dem Junker Kleider
Und miß ihm Hosen an!"
In Sammet und in Seide
War er nun angetan,
Hatte Bänder auf dem Kleide,
Hatt' auch ein Kreuz daran,
Und war sogleich Minister
Und hatt' einen großen Stern.
Da wurden seine Geschwister
Bei Hof auch große Herrn.
Und Herrn und Fraun am Hofe,
Die waren...
Johann Wolfgang von Goethe
Diese Richtung ist gewiß,
Immer schreite, schreite!
Finsternis und Hindernis
Drängt mich nicht zur Seite.
Endlich leuchtest meinem Pfad,
Luna! klar und golden;
Immer fort und immer grad
Geht mein Weg zur Holden.
Nun der Fluß die Pfade bricht,
Ich zum Nachen schreite,
Leite, liebes Himmelslicht,
Mich zur andern Seite.
Seh ich doch das Lämpchen schon
Aus der Hütte schimmern,
Laß um deinen Wagenthron
Alle Sterne glimmern.
Johann Wolfgang von Goethe
Amor und die Nymphen
Als blöde Nymphen einst Cytherens Sohn
Aus Furcht vor seinen Waffen flohn,
Da warf der kleine Gott in Eil'
Den Bogen weg, lief ohne Pfeil
Und ohne Kleid, in nackender Gestalt,
Den blöden Nymphen nach in einen Myrthenwald!
Und als die Nymphen da den Knaben ohne Waffen
Und nackend sitzen sahn,
Nicht fürchteten, ihn anzugaffen,
Nicht scheuten, ihm zu nahn,
Da rief aus einem Busch Diana: "Nymphen, wißt:
Er ist gefährlicher, je nackender er ist!"
Johann Wilhelm Ludwig Gleim