Wahl Zitate (Seite 2)
Kampf ums Leben
Es ist ein Kampf, sagst Du, das ganze Leben
und innerlich hast Du schon aufgegeben.
Deine Gedanken drehen Mühlen gleich,
im Kreise sich, der eng und reich
an Schmerz und Qual.
Doch keine Wahl
bleibt Dir und den Deinen.
Im Reinen
sollst Du gehen.
Nicht alles kann man verstehen.
Nicht alles ist es wert, zu kämpfen.
Doch vieles kann die Schmerzen dämpfen.
Vieles kann uns Hoffnung geben,
in diesem tödlichen Kampf ums Leben.
Und einmal werden wir nicht siegen,
doch es geht um den...
Katja Uhlich
Blick in die Zukunft
Du schläfst bei mir. Da plötzlich, in der
Nacht, du liebe Dame,
Bist du mit einem Laut mir jäh erwacht –
War das ein Name?
Ich horche. Und du sagst es noch einmal –
Im Halbschlaf: »Leo...«
Bleib bei der Sache, Göttin meiner Wahl!
Ich heiße Theo.
Noch bin ich bei dir. Wenn die Stunde
Naht, da wir uns trennen:
Vielleicht lernt dich dann ein Regierungs-
rat im Teeraum kennen.
Und gibst du seinen Armen nachts dich preis,
den stolzen Siegern: –
Dann flüstre einmal meinen Namen...
Kurt Tucholsky
Was ist die Mehrheit?
Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn,
Verstand ist stets bei wen'gen nur gewesen.
Bekümmert sich ums Ganze, wer nicht hat?
Hat der Bettler eine Freiheit, eine Wahl?
Er muß dem Mächtigen, der ihn bezahlt,
um Brot und Stiefel seine Stimm' verkaufen.
Man soll die Stimmen wägen und nicht zählen;
der Staat muß untergehn, früh oder spät,
wo Mehrheit siegt und Unverstand entscheidet.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Wasser
Vom Quell stürzt du als Bach zu Tal,
willst das Flussbett schnell erlangen,
bist frisch und klar, hast keine Wahl,
musst irgendwie zum Meer gelangen.
Hast es sehr eilig, folgst deinem Ziel,
fließt durch Wälder und durch Auen,
verbringst auch Zeit mit Wellenspiel,
an dem sich Menschen gern erbauen.
Natur verschlingt dein köstlich Nass,
durch dich erwacht das neue Leben,
drum fließe Ständig, ohne Unterlass,
dann wird´s die Welt auf ewig geben.
Horst Rehmann
Soll ich denn kommen, wenn das Herbstlaub sinkt
und sanftes Gold in deinen Augen blinkt?
Soll Mandoline lernen, Arien lallen
und Verse lesen, um dir zu gefallen?
Die andere Schwester treibt es gar so toll –
es kommt ein Tag, da weiß ich, was ich soll,
ich sag zum Vater: "Höre meine Wahl:
Gib mir die Blonde, Mann, den Sonnenstrahl!"
Erik Axel Karlfeldt
Mädchenlied
Soll ich ihn lieben,
Soll ich ihn lassen,
Dem sich mein Herz schon heimlich ergab?
Soll ich mich üben,
Recht ihn zu hassen,
Rate mir gut, doch rate nicht ab.
Wild ist er freilich,
Hastig von Sitten,
Keiner begreift es, wie lieb ich ihn hab.
Aber so heilig
Kann er auch bitten,
Rate mir gut, doch rate nicht ab.
Reichere könnt' ich,
Weisere haben,
Gut ist im Leben ein sicherer Stab.
Keiner doch gönnt' ich
Den wilden Knaben –
Rate mir gut, doch rate nicht ab.
Laß ich von...
Paul von Heyse
Sieben Tadel
Ich tadelte meine Seele siebenmal.
Das erste Mal, als sie versuchte, mich
auf Kosten der Schwachen zu erhöhen.
Das zweite Mal, als ich vor Verkrüppelten
zu hinken vorgab.
Das dritte Mal, als ich, vor die Wahl gestellt,
das Leichte dem Schweren vorzog.
Das vierte Mal, als ich einen Fehler beging
und mich mit den Fehlern der anderen tröstete.
Das fünfte Mal, als ich, aus Furcht gefügig geworden,
behauptete, groß in der Geduld zu sein.
Das sechste Mal, als ich meine Kleider...
Khalil Gibran
So und nicht anders
Die Menschen kümmerten mich nicht viel,
eigen war mein Weg und Ziel.
Ich mied den Markt, ich mied den Schwarm,
andre sind reich, ich bin arm.
Andre regierten (regieren noch),
ich stand unten und ging durchs Joch.
Entsagen und lächeln bei Demütigungen,
das ist die Kunst, die mir gelungen.
Und doch, wär’s in die Wahl mir gegeben,
ich führte noch einmal dasselbe Leben.
Und sollt’ ich noch einmal die Tage beginnen,
ich würde denselben Faden spinnen.
Theodor Fontane
Einsamkeit
Könnt' ich nur ein einzig Mal
mich in einen andern gießen,
Aus der Seele meiner Wahl
Neu die alte Welt genießen.
Doch ich sitz' in Kerkerhaft,
Kann die Riegel nimmer heben
Und muß mit gebundner Kraft
Einsam mein Gespinst verweben.
Fremd wie ich, wie ich allein
Glühen alle Lebensfunken.
Wird ein Finden möglich sein,
Wenn wir in das All versunken?
Jakob Boßhart
Katastrophen
Um das Volk zu dirigieren,
heißt's mit Ablenkung regieren.
Darum wird auch gern berichtet,
wie die Menschheit sich vernichtet.
Mord und Totschlag, Korruption,
Terrorismus, Inflation,
Ölverschmutzung, Sportskandal,
ist da eine gute Wahl.
Vogelgrippe, Krebsgefahr,
stellt in krasser Art man dar.
Erderwärmung, Umweltgrau
passen ins Konzept genau.
Wer denkt da noch an die Steuern,
die sich jährlich hier verteuern,
oder an den Arbeitsmarkt,
der im Ausland nur erstarkt?
Erhard Horst Bellermann