Verlieren Zitate (Seite 5)
Jahr aus, Jahr ein
Ohne Schrittschuh und Schellengeläut'
Ist der Januar ein böses Heut.
Ohne Fastnachtstanz und Mummenspiel
Ist am Februar auch nicht viel.
Willst du den März nicht ganz verlieren,
So laß nicht in April dich führen.
Den ersten April mußt überstehn,
Dann kann dir manches Guts geschehn.
Und weiterhin im Mai, wenn's glückt,
Hat dich wieder ein Mädchen berückt.
Und das beschäftigt dich so sehr,
Zählst Tage, Wochen und Monde nicht mehr.
Johann Wolfgang von Goethe
Romanze
Böses Lied! In meiner Seele dringend,
Hat dein Atem schmerzlich sie durchglüht.
Bis zur Morgenröte in mir schwingend,
Quälte, schmerzte einzig mich dies Lied.
An der Klänge Qual sich zu verlieren –
Süßer wars, als ein Traum gewährt;
Eng ward mir die Brust, den Tod zu spüren
Habe ich mit jedem Ton begehrt.
Mit der Morgenröte schwand die Glut der Töne,
Wurde still die Seele bis zum Grund.
Sichtbar in der hellen Seelentiefe
Blieb dein Lächeln, blieb allein dein Mund.
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Ungeschützt
Immer wieder diese Angst,
sein Herz zu verlieren
an einen Menschen,
der ungeschützt
die Nähe wagt,
in den Augen eines Du
ohne Grund zu versinken.
Immer wieder diese Angst,
Herz über Kopf
ungeschützt
in unbekannte Tiefen und Höhen
geschleudert zu werden,
der Anziehungskraft
eines anderen Menschen
hilflos ausgeliefert zu sein.
Ernst Ferstl
Mit der Zeit
Am Anfang
hatten wir immer
viel Zeit füreinander,
nahmen wir uns immer
viel Zeit für Unfug und Späße,
für Wichtiges und Überflüssiges,
für herzerfrischende Annäherungen,
für spontane Einfälle
und ausgefallene Wünsche.
Mit der Zeit aber
wurde das Zeithaben seltener,
wir wollten keine Zeit
verlieren.
Und so verloren wir uns
mit der Zeit
immer mehr aus den Augen,
aus den Gedanken
und aus dem Herzen.
Ernst Ferstl
Dann
Doch als du dann gegangen,
da hat sich mein Verlangen
ganz aufgethan nach dir ...
Als sollt' ich dich verlieren,
schüttelte ich mit irren
Fingern deine verschlossne Thür.
Und durch die Nacht der Scheiben,
ob du nicht würdest bleiben,
bettelten meine Augen, und –
Du gingst hinauf die Stufen
und hast mich nicht gerufen,
mich nicht zurück an deinen Mund.
Vernahm nur noch mit stieren
Sinnen dein Schlüsselklirren
im schwarzen Flur, und dann –
Traum ... bis die Schatten kamen,
wo wir im Park...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
kommt er dem armen Vogel näher.
Der Vogel denkt: Weil daß so ist
und weil mich doch der Kater frißt,
so will ich keine Zeit verlieren,
will noch ein wenig quinquillieren
und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.
Wilhelm Busch
Gigerlette
Fräulein Gigerlette
Lud mich ein zum Thee.
Ihre Toilette
War gestimmt auf Schnee;
Ganz wie Pierrette
War sie angethan.
Selbst ein Mönch, ich wette,
Sähe Gigerlette
Wohlgefällig an.
War ein rotes Zimmer,
Drin sie mich empfing,
Gelber Kerzenschimmer
In dem Raume hing.
Und sie war wie immer
Leben und Esprit.
Nie vergeß ichs, nimmer:
Weinrot war das Zimmer,
Blütenweiß war sie.
Und im Trab mit Vieren
Fuhren wir zu zweit
In das Land spazieren,
Das heißt Heiterkeit.
Daß wir nicht...
Otto Julius Bierbaum