Vater Zitate (Seite 8)
Es kommt ein Schiff
Es kommt ein Schiff, geladen
bis an den höchsten Bord.
trägt Gottes Sohn voll Gnaden,
des Vaters ewig's Wort.
Das Schiff geht still im Triebe,
trägt eine teure Last;
das Segel ist die Liebe,
der Heilige Geist der Mast.
Der Anker haft' auf Erden,
da ist das Schiff an Land.
Das Wort soll Fleisch uns werden,
der Sohn ist uns gesandt.
Zu Bethlehem geboren
im Stall ein Kindelein,
gibt sich für uns verloren;
gelobet muß es sein.
Und wer dies Kind mit Freuden
umfangen, küssen...
Johannes Tauler
Der Bauer und sein Sohn
Der Bauer steht vor seinem Feld
und zieht die Stirne kraus in Falten.
"Ich hab den Acker wohlbestellt,
auf reine Aussaat streng gehalten;
nun seh mir eins das Unkraut an!
Das hat der böse Feind getan!"
Da kommt sein Knabe hochbeglückt,
mit bunten Blüten reich beladen;
im Felde hat er sie gepflückt,
Kornblumen sind es, Mohn und Raden.
Er jauchzt: "Sieh, Vater, nur die Pracht!
Die hat der liebe Gott!" gemacht!"
Julius Karl Reinhold Sturm
Oft stellt sich jene Zeit mir dar,
wo ich ein frohes Kind noch war
und oft am knisternden Kamin
mich wiegte auf des Vaters Knien.
Und wenn der Abend still genaht,
die Mutter um ein Märchlein bat,
wo sie dann freundlich ausgestellt
vor meinem Blick die Zauberwelt:
Mit Bäumen, welche ewig grünen,
mit Blumen, welche nie verblüh'n,
mit Schlössern von Diamantenstein,
mit Rittern, Riesen, Zwergen, Fei'n.
Julius Karl Reinhold Sturm
Fragst du…
Fragst du, wie Gott, das Wort, in einer Seele wohne,
so wisse: wie das Licht der Sonnen in der Welt
und wie ein Bräut'gam sich in seiner Kammer hält
und wie ein König sitzt in seinem Reich und Throne,
ein Lehrer in der Schul, ein Vater bei dem Sohne,
und wie ein teurer Schatz in einem Ackerfeld
und wie ein lieber Gast in einem schönen Zelt
und wie ein Kleinod ist in einer guldnen Krone,
wie eine Lilie in einem Blumental
und wie ein Saitenspiel bei einem Abendmahl
und wie ein...
Angelus Silesius
Bei Goldhähnchens
Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast.
Sie wohnen im grünen Fichtenpalast,
in einem Nestchen klein,
sehr niedlich und sehr fein.
Was hat es gegeben? Schmetterlingei,
Mückensalat und Gnitzenbrei
und Käferbraten famos –
zwei Millimeter groß.
Dann sang uns Vater Goldhähnchen was,
so zierlich klang's wie gesponnenes Glas.
Dann wurden die Kinder besehn:
Sehr niedlich alle zehn!
Dann sagt ich: "Adieu" und "Danke sehr!"
Sie sprachen: "Bitte, wir hatten die Ehr,
und hat uns...
Heinrich Seidel
Doch ohne meinen Vater
vielleicht
wärst du manchmal ein bißchen stolz gewesen
möglicherweise
hättest du es lieben können
dieses Kind
mit den fröhlichen Sommersprossen
mit den blonden Haaren
der niemals endenden Liebessehnsucht im Herzen
mit dem vertrauensseligen Lachen
dem unerschütterlichen Glauben an das Leben
bestimmt
hättest du dieses Mädchen
ein bißchen gern haben können
aber du gabst ihm nie eine Chance
sicher auch
aus Angst, es in dein Herz zu schließen
Aber was soll's?!!
Töchter...
Ute Maria Seemann
Nun leb wohl du kleine Gasse
Nun leb' wohl, du kleine Gasse
nun ade, du stilles Dach!
Vater, Mutter sahn mir traurig
und die Liebste sah mir nach
Hier in weiter, weiter Ferne
wie's mir nach der Heimat zieht!
Lustig singen die Gesellen
doch es ist das falsche Lied.
Andre Städtchen kommen freilich
andre Mädchen zu Gesicht, ach!
wohl sind es andre Mädchen
doch die Eine ist es nicht.
Andre Städtchen, andre Mädchen
ich da mittendrin so stumm!
Andre Städtchen, andre Mädchen
o wie gerne kehrt' ich um!
Albert Graf Schlippenbach
Parabeln und Rätsel
Die sechs Geschwister, die freundlichen Wesen,
Die mit des Vaters feuriger Gewalt
Der Mutter sanften Sinn vermählen,
Die alle Welt mit Lust beseelen,
Die gern der Freude dienen und der Pracht,
Und sich nicht zeigen in dem Haus der Klagen,
Die Farben sinds, des Lichtes Kinder und der Nacht.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Lebe rein, mein Herz, dies schöne Leben,
Rein von allem Fehl und bösem Wissen,
Wie die Lilie lebt in stiller Unschuld,
Wie die Taube in des Haines Wipfeln;
Daß du, wenn der Vater niederblicket,
Seist sein liebstes Augenmerk auf Erden,
Wie des Wandrers Auge unwillkürlich
An den schönsten Abendstern sich heftet;
Daß du, wenn die Sonne dich einst löset,
Eine reine Perl' ihr mögest zeigen,
Daß dein Denken sei wie Duft der Rose,
Daß dein Lieben sei wie Licht und Sonne,
Wie des Hirten Nachtgesang...
Leopold Schefer
Wißt ihr, was es bedeutet,
Wenn von dem Himmelszelt
Ein Stern herniedergleitet
Und schnell zur Erde fällt?
Wenn unten auf der Erde
Ein guter Mensch gedrückt
Von Kummer und Beschwerde
Voll Andacht aufwärts blickt.
Und sich zum Vater wendet
In seinem tiefen Weh,
Dann wird herabgesendet
Ein Engel aus der Höh.
Das ist's, was es bedeutet,
Wenn von dem Himmelszelt
Ein Stern herniedergleitet
Und schnell zur Erde fällt.
Friedrich von Sallet
Die Heimat
Was ist die Heimat? Ist's die Scholle?
Drauf deines Vaters Haus gebaut?
Ist's jener Ort, wo du die Sonne,
Das Licht der Welt zuerst geschaut?
O nein, o nein, das ist sie nimmer!
Nicht ist's die Heimat, heißgeliebt.
Du wirst nur da die Heimat finden,
Wo's gleichgestimmte Herzen gibt!
Die Heimat ist, wo man dich gerne
Erscheinen, ungern wandern sieht.
Sie ist's, ob auch in weiter Ferne
Die Mutter sang dein Wiegenlied.
Emil Rittershaus
An meinen Kaktus
Du alter Stachelkaks,
Du bist kein Bohnerwachs,
Kein Gewächs, das die Liebe sich pflückt,
Sondern du bist nur ein bißchen verrückt.
Ich weiß, daß du wenig trinkst.
Du hast auch keinerlei Duft.
Aber, ohne daß du selber stinkst,
Saugst du Stubenmief ein wie Tropenluft.
Du springst niemals Menschen an oder Vieh.
Wer aber mit Absicht oder versehentlich
Sich einmal auf dich
Setzte, vergißt dich nie.
Ein betrunkener, lachender Neger
Schenkte dich mir, du lustiges Kleines,
Daß ich...
Joachim Ringelnatz