Stadt Zitate (Seite 6)
Funkelt dein Auge noch?
Die du so fern bist in der großen Stadt,
Ich grüße dich, die mein vergessen hat.
Einst hast du meiner Tag und Nacht gedacht,
Stunden des Glückes mit mir verbracht, verlacht.
Froh unter Scherzen schlossen wir den Bund –
Funkelt dein Auge noch, und lacht dein Mund?
Otto Erich Hartleben
Wanderlust
Morgen müssen wir verreisen,
und es muß geschieden sein.
Traurig ziehn wir unserer Straßen,
lebe wohl, Herzliebchen mein!
Kommen wir zu jenem Berge,
schauen wir zurück ins Tal,
schauen uns um nach allen Seiten,
sehen die Stadt zum letzten Mal.
Wenn der Winter ist vorüber,
und der Frühling zieht ins Feld,
will ich werden wie ein Vöglein,
fliegen durch die ganze Welt.
Dahin fliegen will ich wieder,
wo's mir lieb und heimisch war.
Schätzlein, muß ich jetzt auch wandern,
kehr' ich...
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Was heißt lieben?
»Sag' an, was nennst du lieben?« –
Von Sehnsucht umgetrieben,
Versunken ganz im andern,
Durch Stadt und Felder wandern, –
In langen, wachen Nächten
Mit Gott und Menschen rechten, –
Vom Kissen, dem vielheißen,
Die nassen Augen reißen, –
In tobendem Verlangen
Die leere Luft umfangen, –
Die Augen manchmal schließen,
Der Bilder zu genießen,
Die durch die Seele fließen, –
In langen grauen Tagen
Stumm, stolz die Pein ertragen –
Und dennoch nie verzagen
Und dennoch nie...
Felix Dahn
Karneval
Auch uns, in Ehren sei's gesagt,
Hat einst der Karneval behagt,
Besonders und zu allermeist
In einer Stadt, die München heißt.
Wie reizend fand man dazumal
Ein menschenwarmes Festlokal,
Wie fleißig wurde über Nacht
Das Glas gefüllt und leer gemacht,
Und gingen wir im Schnee nach Haus,
War grad die frühe Messe aus,
Dann können gleich die frömmsten Frau'n
Sich negativ an uns erbau'n.
Die Zeit verging, das Alter kam,
Wir wurden sittsam, wurden zahm.
Nun sehn wir zwar noch...
Wilhelm Busch
„Tom Waits“
Da läuft er wieder,
dieser ausgebrannte Hund,
tödlich krank,
eine Zigarette im Mund,
Sex,
rötlich gefärbt,
auf Asphaltböden,
seine Begierde,
sein Verlangen,
sein Untergang,
ein Tod,
ehrlich und gezielt,
und er liegt ihr zu Füßen,
dieser Madonna,
leckt die Tränen
dieser schwarzen Stadt.
Michael Beisteiner
Durch mich gelangt man in die Stadt der Schmerzen,
Durch mich zu wandellosen Bitternissen,
Durch mich erreicht man die verlorenen Herzen.
Gerechtigkeit hat mich dem Nichts entrissen;
Mich schuf die Kraft, die sich durch alles breitet,
Die erste Liebe und das höchste Wissen.
Vor mir ward nichts Geschaffenes bereitet,
Nur ew'ges Sein, so wie ich ewig bin:
Laßt jede Hoffnung, die ihr mich durchschreitet
Dante Alighieri
Wenn das Herz der Kinder hundert Tore hätte wie die Stadt Theben, so lasset die Freude herein zu allen hundert Toren, damit sie aus dem Garten der Jugend recht viel mitnehmen in das Ackerfeld männlicher Tätigkeit und damit nicht mit dem sich dunkler färbenden Haare auch der heitere Sinn sich trübe und schwärze.
Karl Julius Weber