Sprache Zitate (Seite 3)
Ballade vom Schatten
(unvollendet)
Engte mich mein kleiner Schatten ein,
Kleiner Schatten, der mich streng umschrieb,
Mir drei Schritt voraus, zur Seite ging
Oder drei in meinem Rücken blieb.
Sprach ich: Schatten, böser Spiegel Schatten,
Soll ich ewig treuer Diener sein,
Immerfort von deinem Maß beschlossen,
Ewig Abbild und für ewig dein?
Schatten sprach darauf: Gib mir ein Licht,
Größres Licht gib mir, mich drin zu strecken,
Und ich geh von dir,...
Maria Luise Weissmann
Die Übersetzung
In diesem Buch, sprach Rolf, versteh' ich nicht ein Wort,
Drum seid so gut und helft mir doch ein wenig fort.
Da wird euch, sprach ich, wohl die Übersetzung dienen,
Die jüngst davon in Wien erschienen.
Nicht doch, erwidert Rolf, und lacht:
Denn, Freund, die hab' ich selbst gemacht.
Friedrich August Weisshuhn
Liebe und Tod
Die Liebe schritt, als voll das Mondlicht schien,
Des Paradieses Thymianflur entlang
Und spähte hell umher auf ihrem Gang.
Da sah sie plötzlich unterm Eibenbaum
Alleine wandelnd, redend wie ein Traum,
Den Tod; zum ersten Male sah sie ihn.
Flieh, sprach der Tod; denn dieser Pfad ist mein!
Die Liebe weint' und wandte sich, zu fliehn;
Doch scheidend sprach sie: Diese Stund ist dein;
Du bist des Lebens Schatten; wie der Baum
Im Sonnenlicht beschattet rings die Matten,
So wirft im...
Alfred Lord Tennyson
Zur weißen Gans sprach einst vertraulich eine graue:
"Laß uns spazieren gehn nach jener grünen Aue;
Dort tun wir beide uns im jungen Grase gütlich,
Denn in Gesellschaft gackt es sich doch gar gemütlich."
"Nein", sprach die weiße Gans, "da muß ich refüsieren,
Mit meinesgleichen nur geh' ich am Tag spazieren,
Vertraulichkeit mit dir gereichte nur zur Schande,
Zwar bin ich eine Gans, doch eine Gans von Stande."
Julius Karl Reinhold Sturm
Seufzend sprach ich zu der Liebe,
als ich sie entschleiert sah:
"Ach, daß so Dein Antlitz bliebe
meinen Blicken ewig nah!
Doch wie Dich die Sehnsucht freier
schauet einen Augenblick,
senket wieder sich der Schleier
und verdüstert mein Geschick."
Liebe sprach: "In ewig reinem
Lichtestrahl ich – o du Tor:
Nicht von meinem, sondern deinem
Angesichte hängt der Flor!"
Friedrich Rückert
Verschiedenes Maß
"Sieh dort", so sprach der Optimist,
"In goldner Frühlingssonne Blitzen
Auf einem Häufchen Pferdemist
In Eintracht sieben Spatzen sitzen.
Wie reich ist doch der Schöpfungsplan,
Und alles muß zum Besten taugen;
Was hier ein Großer abgetan,
Das können sieben Kleine brauchen!"
"Sieh dort hin", sprach der Pessimist,
"Und faß solch Bild dir in Gedanken:
Wie sich um dreckigen Pferdemist
Die sieben ruppigen Vögel zanken.
Das ist des Lebens großer Zug,
Von einem bis zum andern...
Rudolf Presber
Sonnenblume
Und eine Sonnenblume
sprach mir heut von Dir.
Ich brach sie mir
und sprach mit ihr
und trug sie dankbar heim.
Nun füllt ihr heller Schein
mein kleines Zimmer.
An meiner Sonnenblume
sieht still mein Herz sich satt.
Du strahlst aus jedem Blatt.
Den goldbraundunklen Früchteschoß
kränzt mildes Feuer.
Kein Spiegel zeigt
dein Bild getreuer.
Elisabeth Paulsen
Es sprach der Geist…
Es sprach der Geist: Sieh auf! - Die Luft umblaute
ein unermeßlich Mahl, so weit ich schaute;
da sprangen reich die Brunnen auf des Lebens,
da streckte keine Schale sich vergebens,
da lag das ganze Volk auf vollen Garben,
kein Platz war leer, und keiner durfte darben.
Conrad Ferdinand Meyer
Merkur und Amor
Zu dem Merkur sprach einst der Gott der Liebe:
"Du bist der Gott der Krämer und der Diebe
Und der Beredsamkeit. Mein Freund,
Wie hast du alles das vereint?
In so verschiedenen Revieren
Mit Glück und Ehre zu regieren,
Dazu gehört Geschicklichkeit,
Dazu gehören seltne Gaben."
"Ja", sprach Merkur, "und sie zu haben
Braucht es Erfahrung, Müh' und Zeit.
Erst war ich nur der Handelschaft zu dienen
Vom Vater Jupiter ernannt.
Die Diebe fand ich unter ihnen,
Und sie vertrauten...
Johann Heinrich Merck
Die Ehebrecherin
Zum Herrn und Meister, der im Tempel lehrte,
Bringt einst das Volk ein sündig Weib herein.
"Was soll", so fragt es, "ihre Strafe sein,
Da Moses will, daß sie gesteinigt werde?"
Der Herr blickt auf mit ruhiger Gebärde.
"Wer lautern Herzens ist und wahr und rein,
Werf auf die Sünderin den ersten Stein!"
Er sprach's und schrieb stillschweigend auf die Erde.
Da standen jene plötzlich wie vernichtet
Und schlichen aus dem Tempel allzusammen;
Es wurden bald die heil'gen Hallen...
Karl Theodor Körner
Falscher Alarm
Eine Dame sprach einmal
zum entzückenden Gemahl:
Du bist ein ziemlich krummer Hund
und wetzt mir meine Laune wund.
Der Gatte schwieg, mit Recht entsetzt,
das Nervenkleid stark angefetzt
und sucht in seinen Sündenakten
rasch nach ein paar starken Fakten.
Wird tatsächlich furchtbar fündig,
lächelt taktisch hintergründig
und versucht herauszukriegen
inwiefern mit zwei, drei Lügen
er den Fluch könnt' von sich wenden,
ohne sich zu stark zu schänden.
Deshalb lechzt er zu...
Peter Horton
Sei stark!
Es sprach mein Herz,
Es sang mein Herz:
Sei stark und fröhlich auf der Welt!
Was dir mißglückt,
Was dich bedrückt,
Wirf hinter dich aufs Totenfeld!
An Mute klein
Kann jeder sein,
Was ist denn da Besondres dran?
Das Leben ist
Voll Kampf und List –
Weh dem, der's nicht vertragen kann!
Ein armer Wicht,
Wer gleich verzicht
Und senkt sein Fähnlein in den Staub!
Du denk und dicht
Ins Morgenlicht
Und weißt du nicht wie's geht, so glaub!
Schwarzsehern traun,
Heißt Särge baun,
Sollst...
Karl Henckell