Sprache Zitate (Seite 18)
So zu mir sprach Abdallah, der Kurde:
"Wisse du, warum dein Freund ich wurde.
Weil du hörst und schweigst, wenn Andre sprechen,
Weil du singest, wenn die Andern zechen.
Sahst du Moslems im Gebete liegen,
Hast du, Franke, ehrfurchtsvoll geschwiegen.
Schmerzlich krank hast du nur Nachts geklaget,
Morgens stiegst zu Pferd du unverzaget.
Nie das Gestern hört ich dich beklagen,
Doch du redest schön von künft'gen Tagen."
Moritz Hartmann
Lesen, Hören, Reden
So einer lesen lernt
Hat er sehr viel getan –
Daß er dann schreiben kann,
Führt schon zum Größenwahn.
Auch Pauken und Musik,
Und was ein Künstler schweigt,
Ist in ein zartes Ohr
Mit stiller Kraft gegeigt.
Im Reime sei der Sinn,
Im Rhythmus die Gebärde –
Die Sprache redet selbst,
Auf daß ein Sinnspruch werde.
Otto Erich Hartleben
Der Kuß
Wie unvergleichlich ist
Die Schöne, die recht küßt!
In ihren Küssen steckt
Was Tausend Lust erweckt.
Den Mund gab die Natur
Uns nicht zur Sprache nur:
Das, was ihn süßer macht,
Ist, daß er küßt und lacht.
Ach, überzeuge dich
Davon, mein Kind! Durch mich
Und nimm und gib im Kuß
Der Freuden Überfluß.
Friedrich von Hagedorn
Liebe
O reiche Armut! Gebend, seliges Empfangen!
In Zagheit Mut! in Freiheit doch gefangen.
In Stummheit Sprache,
Schüchtern bei Tage,
Siegend mit zaghaftem Bangen.
Lebendiger Tod, im Einen sel’ges Leben
Schwelgend in Not, im Widerstand ergeben,
Genießend schmachten,
Nie satt betrachten
Leben im Traum und doppelt Leben.
Karoline von Günderode
Die Weltreihen
Was ist unser thun auff Erden?
An die Welt geboren werden:
Sprach- und ganglos in der wiegen
Sonder eigne hülffe liegen:
Kriechen / lauffen / stehen / sizen /
Hungern / dürsten / frieren / schwizen:
Eitle müh und arbeit tragen:
Sich mit vielen sorgen plagen:
Und zu letzt den geist aufgeben:
Wiedrum staub' und asche werden /
Das ist unser thun auff Erden.
Johann Grob
Barbarazweige
Am Barbaratage holt' ich
drei Zweiglein vom Kirschenbaum,
die setzt' ich in eine Schale,
drei Wünsche sprach ich im Traum.
Der erste, daß einer mich werbe,
der zweite, daß er noch jung,
der dritte, daß er auch habe
des Geldes wohl genung.
Weihnachten vor der Mette
zwei Stöcklein nur blühten zur Frist:
ich weiß einen armen Gesellen,
den nähm' ich wie er ist.
Martin Greif
Die wahre Liebe
Auf einer alten Mauer saßen
Zwei junge treue Turteltauben,
Die, voll von innerlicher Liebe,
Die Augen auf einander wandten,
Und dann und wann die Flügel zuckten.
Ein Sperling auf dem nächsten Dache
Voll buhlerischer Brunst und Schalkheit,
Hieß dieses Paars verliebte Ruhe,
Frost, Schläfrigkeit und Unvermögen.
Da sprach der Täuber, doch mit Sanftmut:
Sprich nicht so schlimm von unsrer Liebe.
Horch! deine junge Gattin seufzet.
Sie heißt dich einen Ungetreuen.
Sie, die du gestern...
Johann Nikolaus Götz
Ein Gleichnis
Jüngst pflückt' ich einen Wiesenstrauß,
Trug ihn gedankenvoll nach Haus;
Da hatten, von der warmen Hand,
Die Kronen sich alle zur Erde gewandt.
Ich setzte sie in frisches Glas,
Und welch ein Wunder war mir das!
Die Köpfchen hoben sich empor,
Die Blätterstengel im grünen Flor,
Und allzusammen so gefunden,
Als stünden sie noch auf Muttersgrund.
So war mir's, als ich wundersam
Mein Lied in fremder Sprache vernahm.
Johann Wolfgang von Goethe
Ein junger Mensch, ich weiß nicht wie,
Starb einst an der Hypochondrie
Und ward denn auch begraben.
Da kam ein schöner Geist herbei,
Der hatte seinen Stuhlgang frei,
Wie's denn so Leute haben.
Der setzt' notdürftig sich aufs Grab
Und legte da sein Häuflein ab,
Beschaute freundlich seinen Dreck,
Ging wohl eratmet wieder weg
Und sprach zu sich bedächtiglich:
"Der gute Mensch, wie hat er sich verdorben!
Hätt er geschissen so wie ich,
Er wäre nicht gestorben!"
Johann Wolfgang von Goethe
Die Fledermaus
Ein kleines Mäuschen kroch
Stets unzufrieden in sein Loch;
Stet's wünscht' es: Wär' ich doch
Der kleine Vogel nur
Und flög' in freier Luft! Zeus sagte zum
Merkur:
Ich will der Närrin Wunsch gewähren,
Erscheine, Maus! - Sie kam,
den Götterspruch zu hören.
Wohlan, sprach Zeus, zum Zeitvertreib,
Geb' ich dir Flügel an den Leib.
Nun flieg!
Halb Vogel und halb Maus,
Flog sie und hieß die Fledermaus.
Merkur sah sie und lachte;
Nun fliegt sie nur bei Nachte.
Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Die Sprache der Liebe
Das ist der Liebe eigen,
Mit Worten muß sie schweigen;
Sie spricht mit süßen Zeichen
Von Dingen ohne Gleichen.
Es sagt die Hand am Herzen:
Hier innen trag' ich Schmerzen,
Und möchte doch dies Leiden
Um alle Welt nicht meiden.
Im Auge spricht die Thräne:
Wie ich nach dir mich sehne!
Mein Wollen, Denken, Sinnen,
Es will in deins verrinnen.
Es spricht der Lippe Zücken:
O laß dich an mich drücken,
Auf daß im Feuerhauche
Sich Seel' in Seele tauche!
So weht aus stummen...
Emanuel Geibel
Er schreitet durch das reifende Korn
der gute Gott mit weitem Schritt.
Sein Mantel rauscht, sein Haupt es nickt,
und alle Ähren nicken mit,
als hab’ er jede angeblickt
mit seinen guten Augen, fest und klar.
Und jede meint, daß er sie angehaucht
mit seinem milden Atem, ganz und gar.
Sie stecken ihre Köpflein dicht zusamm’
und flüstern scheu sich zu:
"Mir ist so seltsam heut im Sinn;
wie ist es dir, was fühlest du?"
Wie sprach er doch so vor sich hin:
"Bald habt ihr alle liebe Ruh'."
Carl Peter Fröhling