Spiegel Zitate (Seite 4)
Hymne an den Unendlichen
Zwischen Himmel und Erd, hoch in der Lüfte Meer,
In der Wiege des Sturms trägt mich ein Zackenfels,
Wolken türmen
Unter mir sich zu Stürmen,
Schwindelnd gaukelt der Blick umher,
Und ich denke dich, Ewiger.
Deinen schauernden Pomp borge dem Endlichen,
Ungeheure Natur! Du, der Unendlichkeit
Riesentochter,
Sei mir Spiegel Jehovas!
Seinen Gott dem vernünftgen Wurm
Orgle prächtig, Gewittersturm!
Horch! er orgelt – Den Fels, wie er herunterdröhnt!
Brüllend spricht der Orkan...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Einsam wandle deine Bahnen,
Stilles Herz, und unverzagt!
Viel erkennen, vieles ahnen
Wirst du, was dir keiner sagt.
Wo in stürmischem Gedränge
Kleines Volk um Kleines schreit,
Da erlauschest du Gesänge,
Siehst die Welt du groß und weit.
Andern laß den Staub der Straße,
Deinen Geist halt frisch und blank,
Spiegel sei er wie die Meerflut,
Drin die Sonne niedersank.
Einsam aus des Tages Lärmen
Adler in die Höhen schweift,
Storch und Kranich fliegt in Schwärmen,
Doch ihr Flug die Erde...
Joseph Victor von Scheffel
Wenn du nicht froh kannst denken,
obwohl nichts Hartes dich bedrückt,
sollst du ein Blümchen verschenken
auf's Gratewohl gepflückt.
Irgendein staubiger gelber-
sei's ein Hahnenfuß - vom Wegesrand.
Und schenke das Blümchen dir selber
aus linker in die rechte Hand.
Und mach dir eine Verbeugung
im Spiegel und sage. "DU,
in bin der festen Überzeugung,
dir setzt man schrecklich zu.
Wie wär's, wenn du jetzt mal sachlich
fleißig einfach arbeiten tätst?
Später prahle nicht und jetzt lach...
Joachim Ringelnatz
Letzter Abend
Und Nacht und fernes Fahren; denn der Train
Des ganzen Heeres zog am Park vorüber.
Er aber hob den Blick vom Clavecin
Und spielte noch und sah zu ihr hinüber
Beinah, wie man in einen Spiegel schaut:
So sehr erfüllt von seinen jungen Zügen
Und wissend, wie sie seine Trauer trügen,
Schön und verführender bei jedem Laut.
Doch plötzlich wars, als ob sich das verwische:
Sie stand wie mühsam in der Fensternische
Und hielt des Herzens drängendes Geklopf.
Sein Spiel gab nach. Von...
Rainer Maria Rilke
Denn das verstandest du: Die vollen Früchte.
Die legtest du auf Schalen vor dich hin
Und wogst ihre Schwere auf.
und sahst dich selbst zuletzt als Frucht,
Nahmst dich heraus aus deinen Kleidern, trugst
Dich vor den Spiegel, ließest dich hinein
Bis auf dein Schauen; das blieb groß davor
Und sagte nicht: Das bin ich: nein: Dies ist.
So ohne Neugier war zuletzt dein Schauen
Und so besitzlos, von so wahrer Anmut,
Daß es dich selbst nicht mehr begehrte: Heilig'
Rainer Maria Rilke
Im Frühling
Wie ist doch die Erde so schön, so schön!
Das wissen die Vögelein;
Sie heben ihr leicht Gefieder
Und singen so fröhliche Lieder
In den blauen Himmel hinein.
Wie ist doch die Erde so schön, so schön!
Das wissen die Flüss' und Seen;
Sie malen in klarem Spiegel
Die Gärten und Städt' und Hügel
Und die Wolken, die drüber gehn.
Und Sänger und Maler wissen es,
Und es wissen's viel andere Leut'.
Und wer's nicht malt, der singt es,
Und wer's nicht singt, dem klingt es
In dem Herzen vor...
Robert Reinick
So ein Tag
Heut ist mal wieder so ein Tag,
an dem ich mich pardauz nicht mag,
hab mich im Spiegel betrachtet,
mein Antlitz spöttisch verachtet.
Dort vor mir, dieses fahle Gesicht,
ist es meins? Ich glaube es nicht!
Wangen und Stirn voller Falten,
der Anblick – kaum auszuhalten.
Ich steh' still und klage spontan:
Zeit, was hast du mir angetan,
warum ist die Haut nicht mehr glatt,
weshalb ist sie spröde und matt?
Hab ich irgendwas falsch gemacht,
übers Alter nie nachgedacht,
an ewige Jugend...
Horst Rehmann
Das erste Mal
Das erste Mal
dieses bewußte Gefühl
froh zu sein über deine Abwesenheit.
Dieses bewußte Gefühl des Energieaufwandes in deiner Nähe.
Nicht weil du sie mir nimmst, sondern weil ich sie dir gebe,
einem Menschen, der nie zufrieden mit mir sein kann
Und da gibt es doch so viele, die glücklich sind,
wenn wir uns gegenseitig mit Gesprächen
bereichern und gemeinsam wachsen.
Der erste ungetrübte Blick in den Spiegel meiner Illusion?
Irina Rauthmann
Sonnenblume
Und eine Sonnenblume
sprach mir heut von Dir.
Ich brach sie mir
und sprach mit ihr
und trug sie dankbar heim.
Nun füllt ihr heller Schein
mein kleines Zimmer.
An meiner Sonnenblume
sieht still mein Herz sich satt.
Du strahlst aus jedem Blatt.
Den goldbraundunklen Früchteschoß
kränzt mildes Feuer.
Kein Spiegel zeigt
dein Bild getreuer.
Elisabeth Paulsen
Inmitten der großen Stadt
Sieh, nun ist Nacht!
Der Großstadt lautes Reich
Durchwandert ungehört
Der dunkle Fluß.
Sein stilles Antlitz
Weiß um tausend Sterne.
Und deine</em> Seele, Menschenkind? ...
Bist du nicht Spiel und Spiegel
Irrer Funken,
Die gestern wurden,
Morgen zu vergehn, –
Verlorst
In deiner kleinen Lust und Pein
Du nicht das Firmament,
Darin du wohnst, –
Hast du nicht selber dich
Vergessen,
<em>Mensch,</em>
Und weiß dein Antlitz doch
Um Ewigkeit?
Christian Morgenstern
In die Berge sehnst du dich,
An das Meer, –
Und der Berg des Himmels
Mit seinen steilblauen Wänden:
Ragt er nicht ewig
Vor dir auf?
In die Berge sehnst du dich,
An das Meer, –
Und das Meer des Himmels
Mit seinem tiefblauen Spiegel:
Wogt es nicht ewig
Vor dir hin?
Wie ein Knabe
Träumst du von Bergen,
Träumst du von Meeren…
So wirf den Nacken doch zurück
Und habe mehr denn Berg und Meer –
Hab' – Ewigkeit!
Christian Morgenstern
Mir ist so wohl, so weh'
Am stillen Erlafsee;
Heilig Schweigen
In Fichtenzweigen,
Regungslos
Der blaue Schoß,
Nur der Wolken Schatten flieh'n
Überm glatten Spiegel hin,
Frische Winde
Kräuseln linde
Das Gewässer
Und der Sonne
Güldne Krone
Flimmert blässer.
Mir ist so wohl, so weh'
Am stillen Erlafsee.
Johann Baptist Mayrhofer
Bist du es denn?
Groß aus dem Weltraum nachts, der Spiegel ist,
Tönt dein zerwehtes Bildnis in meine Seele.
Die Sterne durchziehen harfend deine Brust.
Du aber ...
Du glänzt vielleicht versehnt im weißen Federbett
Traum liegt dir hart im Schoß. -
Oder ein junger Liebling
Zieht fühlsam mit zeichnendem Finger
Die festen Runden deiner Brüste nach.
Ihr seid sehr heiß
Und schöne Raubtierflecken zieren eure Rücken.
Ernst Wilhelm Lotz