Sinn Zitate (Seite 17)
Kein Stück von dir
Wie lange soll das noch so gehn
wann wirst du endlich mal verstehn:
ich gehöre nicht zu dir wie der Schaum zum Bier
ich gehöre nicht zu dir wie die Tasten zum Klavier –
zuallererst gehöre ich mir!
Hör zu, mein Lieber, glaube mir:
ich bin nicht nur ein Stück von dir!
Ich gehöre nicht zu dir wie der Ast zum Baum
ich gehöre nicht zu dir wie die Maske zum Clown –
zuallererst gehöre ich mir!
Noch sind wir zu zweit
noch ist etwas Zeit
paß auf mein Freund!
Die Liebe ist...
Jörn Pfennig
Ein Kind liegt in der Wiege
Ein Kind liegt in der Wiege,
Uns beiden zugesellt,
Viel Wunden und viel Siege
Erstehen neu der Welt.
Die Augen mit den feuchten
Blauperlen süß und klar,
Sie müssen nun schon leuchten
Im Licht, das unser war.
Die Händchen mit den vielen
Rundgrübchen noch darin,
Sie werden einst mit Schwielen
Verstehn des Lebens Sinn.
Die Wunden und die Siege
Sind wert nicht einen Schlag –
Ein Kind liegt in der Wiege
Und lächelt in den Tag.
Alfons Petzold
Die Unvergleichliche
Welch Ideal aus Engelsphantasie
Hat der Natur als Muster vorgeschwebet,
Als sie die Hüll' um einen Geist gewebet,
Den sie herab vom dritten Himmel lieh?
O Götterwerk! Mit welcher Harmonie
Hier Geist in Leib und Leib in Geist verschwebet!
An allem, was hienieden Schönes lebet,
Vernahm mein Sinn so reinen Einklang nie.
Der, welchem noch der Adel ihrer Mienen,
Der Himmel nie in ihrem Aug' erschienen,
Entweiht vielleicht mein hohes Lied durch Scherz.
Der kannte nie...
Francesco Petrarca
Denke der eig'nen Fehler und Schwächen,
Wenn du dem Freund, dem Irrenden, grollst!
Schwanke nicht erst, ob die Unbill zu rächen,
Ob du in Milde vergeben sie sollst.
Was dir zum Trost und zur Freude gegeben,
Selber verkehrend in Unheil und Fluch,
Bringest du sonst in dein innerstes Leben,
Störrischen Sinnes, den qualvollen Bruch.
Betty Paoli
Antik und modern
Alte, neue Poesie, –
Was ist d'rüber nicht zu lesen!
G'rade so, als wären sie
Eines nicht im tiefsten Wesen!
G'rade so, als wenn der Strahl,
Den Horaz einst liebvoll hegte,
Heute nicht wie dazumal
In des Dichters Brust sich regte!
Laßt ihr Guten! immerhin
Eure Silbenstecherfehde.
Alt und neu hat keinen...
Betty Paoli
Gieb es auf!
Gieb es auf, mir deine Pein,
Stolzen Sinnes, zu verhehlen!
Andre täuschen mag der Schein,
Doch nicht schmerzverwandte Seelen!
Diese sind, ob auch ihr Bund
Fremdem Aug' nicht sichtbar scheine,
Auf dem weiten Erdenrund
Eine mystische Gemeine.
Wer an seines Glückes Bahr'
Hielt die ernste Todtenwache,
Zählt zu der geweihten Schaar,
Und versteht des Schmerzens Sprache.
Und die Brüder kennen sich
An geheimen Ordenszeichen,
Wenn sie, wie jetzt du und ich,
Still bewegt die Hand sich...
Betty Paoli
Was ist Liebe?
Eine Illusion?
Ein Gefühl wie eine Explosion?
Ein gegebenes Vertrauen,
auf das man immer kann bauen?
Eine Geste ohne Worte?
Eine Zuflucht vieler Orte?
Ein Stück des Weges zusammen gehen?
Gemeinsam in die Zukunft sehen?
Ein nettes Wort zur rechten Zeit?
Das man gern zu geben bereit.
Ein Weinen und Lachen?
Das Teilen in vielen Sachen?
Ein Zusammenleben in kleinen Räumen –
und niemals ein Lächeln versäumen?
Ein Zusammenhalt in guten und schlechten Zeiten?
Sich oft viel...
Karin Obendorfer
Gottlob! daß ich auf Erden bin
Und Leib und Seele habe;
Ich danke Gott in meinem Sinn
Für diese große Gabe.
Der Leib ist mir doch herzlich lieb
Trotz seiner Fehl und Mängel,
Ich nehme gern mit ihm vorlieb
Und neide keinen Engel.
Ich küsse gern mein braunes Weib
Und meine lieben Kinder,
Und das tut wahrlich doch mein Leib,
Und mir ist es gesünder,
Als wenn ich mit Philosophie
Die Seele mir verdürbe,
Denn ein klein wenig Not macht sie,
Die liebe Weisheit, mürbe.
Novalis
Ach, was wißt ihr von Liebe denn, ihr Jungen.
Kaum flügg' Gewordnen, mit dem Flaum am Kinne,
Die ihr ins Leben kommt hereingesprungen
Wie in den Ballsaal bunte Harlekine?
Ihr schlürft sie nicht mit wählerischen Zungen!
Euch ist sie noch im tollen Rausch der Sinne
Ein Becher Sekt, voll Übermut geschwungen,
Gleichgültig, was davon zu Boden rinne!
– Uns aber, die wir wissen, wie sie endet,
ist jede Liebe gleich dem heil'gen Grale,
Die alles Reine vom Gemeinen wendet,
Und die wir trinken bis zum...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Die Lebensleiter
Immer hoch und immer weiter,
klettern wir die Lebensleiter.
Der Weg ist schwer, der Weg ist weit,
für große Pausen bleibt kaum Zeit.
Und aller Mühe noch zur Posse,
fehlt hin und wieder eine Sprosse.
Und sind wir oben angelangt,
vor dem Rückblick es uns bangt.
Was haben wir bewegt, erreicht?
viel zu wenig? Ja vielleicht.
Doch ich der Überzeugung bin,
das Leben hatte einen Sinn.
Heiko Noack