Nur Zitate (Seite 150)
Geständnis
Ich bin ein Freund der Poesie
und sag' ganz unpathetisch:
Ich liebe sie, die Poesie.
Sie wirkt so energetisch.
Ich liebe sie satirisch fein,
pointiert und melancholisch.
Auch kann sie durchaus kritisch sein,
natürlich auch symbolisch.
Seit ein'ger Zeit bin ich per du
mit der von mir Verehrten.
Ich nenn' sie nur noch Poedu</em>.
Das stört nur die Gelehrten.
Und was die denken, ist mir wurst,
in meinem Poedusendurst!
Wolfgang Lörzer
Der Irisball
Und glich mein Sinn nun jenem zarten Ball,
Vom Hauch der Kinderlippen sanft geschwellt,
Langsam hinschwebend in der Sonne Glanz:
Nur eines Rosenstrauchs blüh'nde Pracht,
Nur eine lichte Sommerwolke spiegelnd
Von all' der weiten Herrlichkeit der Welt –
Verhauchend wollte ich, des Dankes voll,
In tausendfachem Irisglanz brechen
Den Strahl des Himmelslichts, der mich küßte.
Julius Lohmeyer
Passionsblume
Ueber der Menschheit Stirne gesenkt
Wölkt sich ein Schatten der tieffsten Trauer,
Wenn der vergangenen Zeit sie gedenkt,
Und der begangenen Frevel mit Schauer.
Wie viel schuldlos Ermordete stehn
Wie viel gekreuzigte Zeugen der Wahrheit
Unten in Nacht, und wir, wir gehn
Oben im Licht und in freudiger Klarheit!
Bis von einem Unrecht nur
Nur ein wenig sich ausgeglichen,
Sind im Gange der Weltenuhr
Oft Jahrhunderte schon verstrichen!
Hermann Ritter von Lingg
Außer Tresen nichts gewesen
Nach manch erhofftem Abenteuer
war letztlich nur der Abend teuer.
Weil einer richtig investiert
und ansonsten nix passiert.
"Außer Tresen nichts gewesen"
ist anderntags im Aug' zu lesen,
das müde aus der Wäsche guckt
und beim eigenen Anblick zuckt,
die Wimpern schamhaft niederschlägt,
Gewissen sich samt Magen regt,
dem ein Grollen laut entfährt,
irgendwas lief da verkehrt.
Irgendwie gings voll daneben
mit dem Nehmen oder Geben
und dem Wunsch nach so viel mehr,
nur...
Ruth W. Lingenfelser
Was kostbar ist
Sind es nicht
Momente allein,
die kleinen Dinge,
die sich einbrennen
in uns für immer?
Es genügt nicht,
zu messen,
was einer hat,
was einer dir ist,
zählt viel mehr
und was
er dir schenkt an Zeit.
Schau nicht auf Äußeres,
schau in die Herzen
der Menschen allein,
nur das ist Wert,
nur das macht dich reich.
Ruth W. Lingenfelser
Amarylle
Oh stille Amarylle,
Du blühst, wenn Herbst schon leer.
Von Frucht- und Blütenfülle
Bliebst du mir und nichts mehr.
Ich trug dich in mein Zimmer,
Balkon war schon zu kalt.
Leucht Sommers letzten Schimmer
Du mir. Das Jahr ist alt.
Und alt ist auch mein Herz schon,
Und weiß ist schon mein Haar.
Sei du mein letzter Herbstlohn –
Stumm, traurig. Und was mir war
An Herzblühn und Geistfruchtzeit,
Ist abgewelkt, wurmtaub.
Auf Schmerz und Mühn und Sucht streut
Enttäuschung totes Laub.
Ach wenn...
Otto zur Linde
Die Küsse
Ein Küßchen, das ein Kind mir schenket,
Das mit dem Küssen nur noch spielt,
Und bei dem Küssen noch nichts denket,
Das ist ein Kuß, den man nicht fühlt.
Ein Kuß, den mir ein Freund verehret,
Das ist ein Gruß, der eigentlich
Zum wahren Küssen nicht gehöret:
Aus kalter Mode küßt er mich.
Ein Kuß, den mir mein Vater giebet,
Ein wohlgemeinter Segenskuss,
Wenn er sein Söhnchen lobt und liebet,
Ist etwas, das ich ehren muß.
Ein Kuß von meiner Schwester Liebe
Steht mir als Kuß nur so weit...
Gotthold Ephraim Lessing
Stilleben
Zankst du schon wieder? sprach Hans Lau
Zu seiner lieben Ehefrau.
– Versoffner, unverschämter Mann –
– Geduld, mein Kind, ich zieh mich an –
– Wo nun schon wieder hin? – Zu Weine.
Zank du alleine.
– Du gehst? – Verdammtes Kaffeehaus!
Ja! blieb er nur die Nacht nicht aus.
Gott! ich soll so verlassen sein? –
Wer pocht? – Herr Nachbar? – nur herein!
Mein böser Teufel ist zu Weine:
Wir sind alleine. –
Gotthold Ephraim Lessing
Die Namen
Ich fragte meine Schöne:
Wie soll mein Lied dich nennen?
Soll dich als Dorimene,
Als Galathee, als Chloris,
Als Lesbia, als Doris
Die Welt der Enkel kennen?
Ach! Namen sind nur Töne:
Sprach meine holde Schöne.
Wähl' selbst. Du kannst mich Doris
Und Galathee und Chloris
Und – wie du willst, mich nennen;
Nur nenne mich die Deine.
Gotthold Ephraim Lessing
Die Faulheit
Fleiß und Arbeit lob' ich nicht.
Fleiß und Arbeit lob' ein Bauer.
Ja, der Bauer selber spricht,
Fleiß und Arbeit wird ihm sauer.
Faul zu sein, sei meine Pflicht;
Diese Pflicht ermüdet nicht.
Bruder laß das Buch voll Staub.
Willst du länger mit ihm wachen?
Morgen bist du selber Staub!
Laß uns faul in allen Sachen,
nur nicht faul zu Lieb und Wein,
nur nicht faul zur Faulheit sein.
Gotthold Ephraim Lessing
Wie kommt es doch, wie kommt es,
Daß, wenn nur schwach und niedrig,
Nur Schatten, staub die menschliche Natur ist,
So hoch, so sehr sie fühlt? Und wie, wie kommt es,
Wenn höhern Adels Spur ist
In ihr, daß all ihr beses Denken, Fühlen
Zu wecken und zu tilgen mag gelingen
So niedrig-ird'schen Dingen?
Giacomo Graf Leopardi
Jugend und Liebe
Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Winden;
Wenn, jung getrennt, sich wiedersehn die Alten,
Sie meinen doch, in ihren ernsten Falten
Den Strahl der süßen Jugend noch zu finden.
Des Dauerns Wahn, wer läßt ihn gerne schwinden?
Mag auch ein Herz, das uns geliebt, erkalten,
Wir suchen immer noch den Traum zu halten,
Nur stiller sei geworden sein Empfinden.
Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Lüften;
Noch leichter als die Jugend flieht die Liebe,
Die nur des Blattes...
Nikolaus Lenau
Veränderte Welt
Die Menschheit ist dahinter kommen,
Trotz aller Gaukelei der Frommen,
Daß mit dem Leben vor dem Grabe
Man endlich Ernst zu machen habe.
Zerbrochen ist des Wahnes Kette,
Die Erde sei nur Übungsstätte,
Nur Voltigierbock sei das Leben,
Aufs Roß werd uns der Himmel heben.
Auf freiem grünem Erdengrunde
Wird jeder bald schon hier, zur Stunde,
Bevor das Grab ihn deckt mit Schollen,
Sein Rößlein weiden, tummeln wollen.
Nikolaus Lenau
Winternacht
Vor Kälte ist die Luft erstarrt,
es kracht der Schnee von meinen Tritten,
es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart;
nur fort, nur immer fort geschritten!
Wie feierlich die Gegend schweigt!
Der Mond bescheint die alten Fichten,
die sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt,
den Zweig zurück zur Erde richten.
Frost! Friere mir ins Herz hinein!
Tief in das heißbewegte, wilde!
Daß einmal Ruhe mag da drinnen sein,
wie hier im nächtlichen Gefilde!
Nikolaus Lenau