Nacht Zitate (Seite 8)
Pflügerin Sorge
Über der Erde Stirne,
durch Tag und Nacht,
pflügt ein hagres Weib
hin und her…
Wilde Stiere,
kaum zu hemmen, ziehn,
reißen ihre Pflugschar durch den Grund:
Doch je rasender die Nacken zerrn,
nur so tiefer drückt den Baum sie ein.
Über der Erde Stirne,
durch Tag und Nacht,
führt Frau Sorge
Furche, Furche, Furche…
Leidenschaften,
kaum zu zähmen, ziehn,
reißen ihre Pflugschar durch den Grund:
Doch je wilder die Dämonen zerrn,
nur so tiefer gräbt den Stahl sie ein.
Christian Morgenstern
Wie kannst du nur am Morgen
Das Licht der Sonne borgen
Und leuchten, wie sie selber schier –
Und dann, nach wenig Stunden,
Ist alles hingeschwunden,
Und graue Nacht in dir?
Vergessen ist das Gute,
Das köstlich in dir ruhte,
Ein Grämling, blickst du freudenleer,
Verdrossen aus dem kleinen,
Unendlich kleinen Deinen
auf alles um dich her.
O, halte, Herz, die Wonne
Der goldnen Morgensonne,
Die dir so süßen Tag gemacht,
Mit Angst und strengem Achten
Hoch über trübem Trachten,
Doch fest bis in die...
Christian Morgenstern
Die Tagnachtlampe
Korf erfindet eine Tagnachtlampe,
die, sobald sie angedreht,
selbst den hellsten Tag
in Nacht verwandelt.
Als er sie vor des Kongresses Rampe
demonstriert, vermag
niemand, der sein Fach versteht,
zu verkennen, daß es sich hier handelt -
(Finster wird's am hellerlichten Tag,
und ein Beifallssturm das Haus durchweht.)
(Und man ruft dem Diener Mampe:
"Licht anzünden!") - daß es sich hier handelt
um das Faktum: daß gedachte Lampe,
in der Tat, wenn angedreht,
selbst den...
Christian Morgenstern
Ein Bach mit Namen Elster rinnt
durch Nacht und Nebel und besinnt
inmitten dieser stillen Handlung
sich seiner einstigen Verwandlung,
die ihm vor mehr als tausend Jahren
von einem Magier widerfahren.
Und wie so Nacht und Nebel weben,
erwacht in ihm das alte Leben,
er fährt in eine in der Nähe
zufällig eingeschlafene Krähe
und fliegt, dieweil sein Bett verdorrt,
wie dermaleinst als Vogel fort.
Christian Morgenstern
Leise Lieder singe ich dir bei Nacht,
Lieder, die kein sterblich Ohr vernimmt,
noch ein Stern, der etwa spähend wacht,
noch der Mond, der still im Äther schwimmt;
denen niemand als das eigne Herz,
das sie träumt, in tiefer Wehmut lauscht;
und an denen niemand als der Schmerz,
der sie zeugt, sich kummervoll berauscht.
Leise Lieder singe ich dir bei Nacht,
dir, in dessen Aug mein Sinn versank,
und aus dessen tiefem, dunklen Schacht,
meine Seele ewige Sehnsucht trank.
Christian Morgenstern
Dank
Es fiel ein Tau wohl über Nacht
rings auf die durstig matten Auen,
und früh war in der Sonne Pracht
des Schöpfers Lob und Preis zu schauen.
Ein diamantnes Leuchten sprühte
von Strauch zu Strauch, von Halm zu Halm,
und von Milliarden Perlen glühte
zu ihm empor ein Dankespsalm.
Nun aber sendet Tag und Nacht
der Vater seinen Segen nieder,
und hat der Segen Glück gebracht,
wo bleiben dann die Dankeslieder?
Es hat der Mensch so viel zu sagen,
doch Dank an Gott, den sagt er nicht.
Oh, möchte...
Karl May
Sonnenuntergang
am Abend
tupft die Sonne
funkelnde Lichter
die spielen
und tanzen
an Wellenbrüchen
sie weiß
daß sie
im Meer ertrinkt
rot wird sie noch
sie tanzt und winkt
auf den Wellen liegt
ein letztes Licht
einen Moment
zögert sie
ein letztes Mal
doch die Nacht
schickt den Wind voraus
und webt schon
am Schleier der Nacht
da sinkt sie hinab
Anke Maggauer-Kirsche
Guten Abend
Es ist schon dunkel um mich her,
Ich finde keine Herberg' mehr,
Ach, liebes Blümchen, laß mich ein;
Das spricht: Komm, Käfer, nur herein, –
Du sollst mir schön willkommen sein!
Guten Abend.
Dem Vöglein ist im Nest so kalt:
Lieb' Mutter, wir erfrieren bald!
Ach, bist du uns denn gar entfloh'n?
Die spricht: Hier, Kinder, bin ich schon,
Mach' euch ein warmes Bett zum Lohn –
Guten Abend.
Drauf schließt die Blum' ihr Pförtchen klein,
Der Vogel fing die Kleinen ein
Und deckt sie mit den...
Rudolf Löwenstein
Abendlied
Rose Marie, Rose Marie,
Sieben Jahre mein Herz nach dir schrie,
Rose Marie, Rose Marie,
Aber du hörtest es nie.
Jedwede Nacht, jedwede Nacht,
Hat mir im Traume dein Bild zugelacht,
Kam dann der Tag, kam dann der Tag,
Wieder alleine ich lag.
Jetzt bin ich alt, jetzt bin ich alt,
Aber mein Herz ist noch immer nicht kalt,
Schläft wohl schon bald, schläft wohl schon bald,
Doch bis zuletzt es noch hallt:
Rose Marie, Rose Marie,
Sieben Jahre mein Herz nach dir schrie,
Rose Marie, Rose...
Hermann Löns
Heimweh
Jetzt ist es Nacht
Das ist die Zeit der Liebe…
Gib deinen weichen Arm,
daß ich darin mich bette
im leisen Schimmer,
den der Mond verstreut.
Gib deinen Mund mir,
daß ich müd mich küsse.
Gib mir dein Schmeichelwort,
dass alles schwere Rauschen
des fernen Tages drin sich niederlege.
Gib deine Seele mir,
daß meine
im weichen Schoß aufschluchzen kann
Denn es ist Nacht.
Das ist die Zeit der Liebe.
Fritz Liebrich
Brüder
Es lag schon lang ein Toter vor unserm Drahtverhau,
die Sonne auf ihn glühte, ihn kühlte Wind und Tau.
Ich sah ihm alle Tage in sein Gesicht hinein,
und immer fühlt ich's fester: "Es muß mein Bruder sein!"
Ich sah ihn alle Stunden, wie er so vor mir lag,
und hörte seine Stimme aus frohem Friedenstag.
Oft in der Nacht ein Weinen, das aus dem Schlaf mich trieb:
"Mein Bruder, lieber Bruder, hast du mich nicht mehr lieb?"
Bis ich, trotz aller Kugeln, zur Nacht mich ihm genaht
und ihn...
Heinrich Lersch
Der schwere Abend
Die dunklen Wolken hingen
Herab so bang und schwer,
Wir beide traurig gingen
Im Garten hin und her.
So heiß und stumm, so trübe
Und sternlos war die Nacht,
So ganz, wie unsre Liebe,
Zu Tränen nur gemacht.
Und als ich mußte scheiden
Und gute Nacht dir bot,
Wünscht' ich bekümmert beiden
Im Herzen uns den Tod.
Nikolaus Lenau