Nacht Zitate (Seite 23)
Das erste Liebeswort
Das war der süßeste der Laute!
Sie sprach's, das erste Liebeswort;
Im Herzen nun trag ich das traute
Tiefselige Geheimnis fort.
Allein, wo berg' ich meine Wonne,
Daß ich sie wohl behüten mag?
Dein Licht verhülle, läst'ge Sonne!
Verstumme, lärmbewegter Tag!
Weltfern sei meines Glückes Fülle
Begraben, wo sie nichts verrät
Und nur durch Nacht und heil'ge Stille
Des süßen Wortes Nachhall weht.
Adolf Friedrich Graf von Schack
Das Geheimnis
Du fragst mich, Mädchen, was flüsternd der West
Vertraue den Blütenglocken?
Warum von Zweige zu Zweig im Geäst
Die zwitschernden Vögel locken?
Warum an Knospe die Knospe sich schmiegt,
Und Wellen mit Wellen zerfließen,
Und dem Mondstrahl, der auf den Kelchen sich wiegt,
Die Violen der Nacht sich erschließen?
O törichtes Fragen! Wem Wissen frommt,
Nicht kann ihm die Antwort fehlen;
Drum warte, mein Kind, bis die Liebe kommt,
Die wird dir alles erzählen.
Adolf Friedrich Graf von Schack
Was sie will – ist Fleisch vom Grill,
gefüllte Tomate – und vom Salate,
lecker essen – wie besessen,
nach der Speise – noch vom Eise,
und dann trinken – bis zum Abwinken,
Knabberei und vieles mehr – steht danach noch zum Verzehr,
folgt ungefragt – der Herzinfarkt
und über Nacht – mal nachgedacht
mit Affenzahn – zum Abnehmwahn.
Ursula Schachschneider
Weihnachtsmetamorphose
Aus der Schonung
in die Wohnung:
Weihnachtsbaum –
Festtagstraum!
Möbel rücken,
Bäumchen schmücken.
Stille Nacht,
Schnee fällt sacht.
Und im Zimmer
Kerzenschimmer.
Weihnachtszeit –
Friedsamkeit.
Jahreswende
Bäumchens Ende.
Bleibt allein
froher Schein.
P.S.
Und von Herzen
mag ich scherzen:
Dein Gesicht
sei mein Licht!
Fritz-J. Schaarschuh
Wundernacht
In den Strahlen des Monds, die zur Erde staunen,
Ist mein Gärtchen ein herrlicher Garten geworden,
Voll Blumen der seltensten Arten geworden,
Die Märchen duften und Düfte raunen.
Und mein blühender, glühender Goldregenstrauch
Läßt zu des Pfades silbernen Kieseln,
Wie ein Springbrunn, die Goldtropfen niederrieseln,
Und die Tropfen verstäuben berauschenden Hauch.
Und mir ist und ich kann mich nimmer besinnen;
Will den Goldregen sacht auseinanderbiegen,
Ob nicht eine Danae da mag...
Hugo Salus
Die Sterne
Wenn sich die Nacht zaghaft mit euch besteckt,
wie eine dunkle Tänzerin den seide-
weichen Leib mit spärlichem Geschmeide,
wenn ihr gleich brennendem Staub den Himmel deckt
und leuchtend in das Nichts hinüberleckt,
fliegt wohl von dieser dürren Lämmerheide
und abgegrasten Trübsalsrinderweide
die Seele lechzend zu euch hoch und reckt
der Sehnsucht Fackel hoch in euch empor,
bis sie vom Weine der Unendlichkeiten
trunken taumelt und ein wirrer Flor
sich um die Sinne legt –: aus euren...
Gustav Sack
Reinheit
Schelte man doch nicht den Dichter,
Wenn auch er zuweilen sinkt,
Und wie anderes Gelichter
Aus des Lebens Pfütze trinkt.
Reiner nur in Gegensätzen,
Heller tönt empor sein Lied;
Nimmer weiß das Licht zu schätzen,
Wer das Dunkel stets vermied.
Wie ihn auch sein Wipfel kröne,
Wurzelt doch in Nacht und Stamm –
Und der Lilie keusche Schöne
Blühet aus des Teiches Schlamm!
Ferdinand von Saar
Wenn dich Familienbande fest umstricken,
So darf dein Geist nach Freiheit nicht mehr blicken.
Die Sorg' um Kinder, Kleidung, Nahrung, Geld,
Zieht dich zurück vom Weg zur Geisteswelt.
Den ganzen Tag hab ich mir vorbedacht,
Mit Gott nur umzugehn die ganze Nacht,
Allein beim Beten konnt ich nicht vergessen:
Was werden meine Kinder morgen essen?
Saadî
Das ist meine Klage
Das ist meine Klage,
Daß vor dieser Plage
Selbst verstummt die Klage.
Wie ich mich am Tage
Mit den Sorgen schlage,
Wie ich nächtlich zage,
Was ich stündlich trage,
Läßt nicht Raum der Klage.
Wann, o Himmel sage,
Lösest du die Frage
Der Entscheidungswage,
Daß ich nicht mehr zage,
Sondern überschlage,
Mit Geduld ertrage,
und in Ruh beklage!
Sonnenschein, o schlage,
In die Flucht, verjage
Diese Nacht der Plage!
Sommer, komm, ich trage
Lust nach längstem Tage,
Wann ich nicht...
Friedrich Rückert
Beim Hauch des Morgens und der Mitternächte Schauer
Fühl ich die Trauer, daß die Welt hat keine Dauer;
Daß wir am Anfang schon dem End entgegen gehn
Und doch am Ende noch beim Anfang immer stehn.
Bald haben wirs verwacht, bald haben wirs verträumt,
Nie säumend Tag und Nacht, das Glück ist stets versäumt.
Friedrich Rückert
Du bist mein Mond
Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;
Du sagst, du drehest dich um mich.
Ich weiß es nicht, ich weiß nur, daß ich werde
in meinen Nächten hell durch dich.
Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde;
sie sagen, du veränderst dich.
Allein du änderst nur die Lichtgebärde
und liebst mich unveränderlich.
Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde,
nur mein Erdenschatten hindert dich,
die Liebesfackel stets am Sonnenherde
zu zünden in der Nacht für mich.
Friedrich Rückert
Wohl endet Tod des Lebens Not,
Doch schauert Leben vor dem Tod.
Das Leben sieht die dunkle Hand,
Den hellen Kelch nicht, den sie bot.
So schauert vor der Lieb' ein Herz,
Als wie vom Untergang bedroht.
Denn wo die Lieb' erwachet, stirbt
Das Ich, der dunkele Despot.
Du laß ihn sterben in der Nacht
Und atme frei im Morgenrot!
Friedrich Rückert
Mondaufgang
Nun sinkt des Friedens hehre Spende
Wie Tauen auf die Dämmerwelt.
Dorfglocken singen die Legende
Vom Glück dem sonnenmüden Feld.
Nun ist der Abendtraum der Ferne
In reiches Sommerlaub gebannt,
Es streut die Silbersaat der Sterne
Des Heilands unsichtbare Hand.
Den Hochwald will ein Glanz umgleiten,
Mit dem die Nacht sein Klingen lohnt,
Und in des Himmels Sommerweiten,
Ein weißer Mohnkelch blüht der Mond.
Paul Rossi