Nacht Zitate (Seite 22)
Was sind das für Menschen
Was sind das für Menschen?
ohne Stolz
ohne Glauben
an sich
was sind das für Fragen?
nach morgen
nach Liebe
immer
was sind das für Tränen?
aus Einsamkeit
aus Angst
nachts
was sind das für Träume?
zum Zauber
zur Sonne
fliegen
was sind das für Menschen?
die fragen
die weinen
die träumen...
ganz besondere !
Engelbert Schinkel
Parabeln und Rätsel
Die sechs Geschwister, die freundlichen Wesen,
Die mit des Vaters feuriger Gewalt
Der Mutter sanften Sinn vermählen,
Die alle Welt mit Lust beseelen,
Die gern der Freude dienen und der Pracht,
Und sich nicht zeigen in dem Haus der Klagen,
Die Farben sinds, des Lichtes Kinder und der Nacht.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Im Arm der Liebe
Im stillen Stübchen dämmert die Nacht,
Am Bettlein sitzet ein Weib und wacht;
Ein blonder Knabe lächelt ihr zu
Am Mutterbusen, wie fromm die Ruh'!
Sie wieget und singet beim Lampenschein:
"Im Arm der Liebe – so schlummre ein!"
Im kühlen Grunde am Waldeshang –
Die Wipfel rauschten, die Quelle klang;
Wir saßen einsam, nur ich und du.
Ach, Herz am Herzen, wie süß die Ruh'!
Du sangst in die Seele mir tief hinein:
"Im Arm der Liebe – so schlummre ein!"
Vom Friedhof tönet ein...
Georg Scheurlin
So sei auch du
Zum ew'gen Himmel schau empor und lerne:
Er, der in schlichter Bläue niederlacht,
So lang es Tag, verhüllt er seine Sterne,
Doch herrlich leuchten läßt er sie bei Nacht.
So sei auch du! – Im Glücke still bescheiden,
Prahl' mit dem Glanze deines Innern nicht!
Jedoch die düstern Nächte deiner Leiden
Durchleuchte mit der eignen Sterne Licht!
Ernst Scherenberg
O Mensch, schau hin und klage
Fortan im Unglück nicht!
Du siehst: was wären Tage
Voll lauter Sonnenlicht?
Damit zu reichem Segen
Der Frühlingskeim erwacht,
Gibt ihm der Himmel Regen,
Gibt ihm der Himmel Nacht.
Und daß zu voller Schöne
Erblüh' des Menschen Herz,
Schickt uns ein Gott die Träne,
Schickt uns ein Gott den Schmerz.
Ernst Scherenberg
O, wie im Glanz der Morgensonne
Die Welt verlockend vor mir lag!
O, wieviel Kränze, wieviel Wonne
Verhieß mir dieser junge Tag! –
Nun hab' ich bis zum Grund getrunken
Den Becher, den die Hoffnung bot;
Schon ist die Sonne still versunken,
Und leis verglomm das Abendrot.
Und ach! ich habe nichts gefunden
Als eines Herbsttags kalte Pracht;
Nur wenig sonnenlichte Stunden –
Und eine endlos lange Nacht.
Ernst Scherenberg
Wenn im Tal und auf den Bergen
Mitternächtig heult der Sturm,
Klettert über First und Schornstein
Hiddigeigei auf zum Turm.
Einem Geist gleich steht er oben,
Schöner, als er jemals war.
Feuer sprühen seine Augen,
Feuer sein gesträubtes Haar.
Und er singt in wilden Weisen,
Singt ein altes Katerschlachtlied,
Das wie fern Gewitterrollen
Durch die sturmdurchbrauste Nacht zieht.
Nimmer hören ihn die Menschen,
Jeder schläft in seinem Haus,
Aber tief im Kellerloche
Hört erblassend ihn...
Joseph Victor von Scheffel
Nachtigall
Wenn ich zur Nacht aus dem Wirtshaus hinke,
Wo ich Geld und Verstand vertrinke,
Wie meine Mutter und teure Magen
Mir des öftern belieben zu sagen:
Dann hör ich wohl auch, wie Tausende schon,
Der Nachtigall lüsternen Klageton:
Das zittert so hell aus lauterer Kehle
Und dringt so hinein in die Menschenseele.
Da steh ich auf altem Paradeplatze,
hängenden Schweifes schleicht eine Katze -
Und ich denk an mein weibliches Ideal,
Das aus hundert Weibern zusammen ich stahl –...
Ludwig Scharf
An eine Nein-Sagerin
Noch leben wir, noch ist die große Nacht
Nicht über uns gekommen,
Noch, liebes Herz, ist's nicht vollbracht:
Der Augenblick – er wird vielleicht nicht wieder kommen.
O pflück die Rose, pflück die reife Frucht:
Das ist der Reife Loos.
Im Buch der Welt steht jede Tat gebucht,
Die frei und groß.
Im Buch des Lebens, glaub mir, liebes Weib,
Wird Bürgertugend nicht gebucht.
Hier gilt nur eins: Wag deinen Menschenleib!
Weit besser als ein Lob ist ein – "Verflucht!"
Ludwig Scharf
Der Herbsthund
Der Herbsthund, der im Walde lebt
– Aus lauter dürrem Laub sein Fell –
Er füllt, wenn Blatt um Blatt verschwebt,
Die Luft mit heiserem Gebell.
Er sitzt und kläfft die Bäume an,
Bis jeder ihm sein Laub beläßt,
Und springt in seinem irren Wahn
Von Nord nach Süd, von Ost nach West.
Der Herbsthund, der im Walde wohnt,
Er heult oft fort die ganze Nacht,
Indeß sein bleicher Freund, der Mond,
Durch immer kahlres Astwerk lacht.
Und wer den Herbsthund je gesehn,
Dem wird nicht wohl mehr...
Ludwig Scharf
Die Ehrengabe
Stirb, hauch deine Seele aus,
Poet!
Verfallen ist ihr armes Haus:
Die Rettung kam zu spät.
Die Lerche, die im Blut dir sang,
Ist tot –
Denn zwanzig Jahre war zu lang
In Nacht und Not.
Die Perle, längst erblindet, ruht
Im Kot:
Der ausgebrochnen Steine Glut
Ist Stück um Stück verloht.
Die Krone, die man dir gereicht,
War Zinn – –
In Jugendkraft gebrochen schleicht
Ein Greis zum Ausgang hin.
Ludwig Scharf