Morgens Zitate (Seite 21)
In den Bergen
Felsen in den Lüften oben,
Freut euch, daß ihr hoch erhoben
Über dieser Erde steht!
Daß vom lärmenden Getöse
Dieser nicht'gen Weltengröße
Kaum ein Nachhall zu euch weht.
Ferne von des Tages Mühen
Ragt ihr auf in reinem Glühen,
Wenn schon Nacht das Thal verhüllt.
Noch ist uns das Licht verborgen,
Wenn der Sonne Glanz am Morgen
Eurer Rosen Kelch erfüllt.
Stumm von Ewigkeit gethürmte,
Schnee- und wieder föhnumstürmte
Reicht ihr in den Äther hin!
Eure Gipfel sind im Blauen,
Wenn zu...
Martin Greif
Die Jahre
Die Jahre sind allerliebste Leut':
Sie brachten gestern, sie bringen heut,
Und so verbringen wir Jüngern eben
Das allerliebste Schlaraffenleben.
Und dann fällt's den Jahren auf einmal ein,
Nicht mehr wie sonst bequem zu sein,
Wollen nicht mehr schenken, wollen nicht mehr borgen;
Sie nehmen heute, sie nehmen morgen.
Johann Wolfgang von Goethe
Und wer franzet oder britet,
Italienert oder teutschet,
Einer will nur wie der andre,
Was die Eigenliebe heischet.
Denn es ist kein Anerkennen,
Weder vieler noch des einen,
Wenn es nicht am Tage fördert,
Wo man selbst was möchte scheinen.
Morgen habe denn das Rechte
Seine Freunde wohlgesinnet,
Wenn nur heute noch das Schlechte
Vollen Platz und Gunst gewinnet.
...
Johann Wolfgang von Goethe
Pilgers Morgenlied
An Lila
Morgennebel, Lila,
Hüllen deinen Turn um.
Soll ich ihn zum
Letztenmal nicht sehn!
Doch mir schweben
Tausend Bilder
Seliger Erinnerung
Heilig warm ums Herz.
Wie er so stand,
Zeuge, meiner Wonne,
Als zum erstenmal
Du dem Fremdling
Ängstlich liebevoll
Begegnetest,
Und mit einemmal
Ewge Flammen
In die Seel ihm warfst! –
Zische, Nord!
Tausend-schlangenzüngig
Mir ums Haupt!
Beugen sollst du's nicht!
Beugen magst du
Kindscher Zweige Haupt,
Von der Sonne
Muttergegenwart...
Johann Wolfgang von Goethe
Lieben und Hassen
Hassen ist: Ins Herz den Tod
Mit dem Atem ziehen,
Sehn nur halb des Morgens Rot,
Halb der Blumen Blühen!
Lieben ist: Um sich herum
Gottes Welt verschönen,
Leben im Elysium
Unter Freudentönen;
Haben schon den Himmel hier,
Heiter sehn im Trüben:
Liebe Seele, wollen wir
Hassen oder Lieben?
Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Beresina-Lied
Unser Leben gleicht der Reise
Eines Wandrers in der Nacht;
Jeder hat auf seinem Gleise
Vieles, das ihm Kummer macht;
Aber unerwartet schwindet
Vor uns Nacht und Dunkelheit,
Und der Schwergedrückte findet
Linderung in seinem Leid.
Darum laßt uns weitergehen!
Weichet nicht verzagt zurück!
Hinter jenen fernen Höhen
Wartet unsrer noch ein Glück.
Mutig, mutig, lieben Brüder!
Gebt die bangen Sorgen auf!
Morgen geht die Sonne wieder
Freundlich an dem Himmel auf!
Ludwig Giseke
Wenn es rothe Rosen schneit,
Wenn es Liebe regnet,
Oeffne, Herz, dem Glück dich weit,
Das so hold dich segnet.
Halt' im Liede fest den Glanz
Solcher Freudentage.
Doch in's Heut versunken ganz
Nicht nach Morgen frage.
Weißt du doch, der Rosenzeit
Folgt die Sonnenwende,
Und die Liebe lohnt mit Leid
Immerdar am Ende.
Emanuel Geibel
Durch die wolkige Maiennacht
Geht ein leises Schallen,
Wie im Wald die Tropfen sacht
Auf die Blätter fallen.
Welch ein ahnungsreicher Duft
Quillt aus allen Bäumen!
Dunkel webt es in der Luft
Wie von Zukunftsträumen.
Da, im Hauch, der auf mich sinkt,
Dehnt sich all mein Wesen,
Und die müde Seele trinkt
Schauerndes Genesen.
Müde Seele, hoffe nur!
Morgen kommt die Sonne
Und du blühst mit Wald und Flur
Hell in Frühlingswonne.
Emanuel Geibel
Eros, der Schenk
Ich wähle mir den Liebesgott zum Schenken,
Er füllt den Becher mir aus Zauberkrügen
Und weiß das Herz in seliges Genügen,
Den Sinn in süßen Taumel zu versenken.
Auch lehrt er mich, zu holdem Angedenken
Den Wein zu schlürfen in bedächt'gen Zügen,
Zu zartem Gruße Reim in Reim zu fügen
Und sanft der Musen weißes Ross zu lenken.
Und wenn des Abends Schatten sich verbreiten
Und müd' ich ruhe von des Tages Genusse,
Erregt er sacht der Zither goldne Saiten.
Da muß im Schlaf gleich...
Emanuel Geibel
Törichte Träume
Was verfolgt ihr mich, ihr Träume,
will ja gar nichts von euch wissen,
schleicht euch ein in meine Kammer
und versteckt euch in den Kissen. –
Laßt mich endlich doch zufrieden,
fort ins Reich der Nachtgespenster;
in ein Flortuch sank mein Leben,
klopft kein Schatz an Tür und Fenster.
Und doch pocht und klopft es immer:
lachen möcht ich – und ich weine.
Lügenträume! Bin ja morgens
beim Erwachen doch alleine.
Else Galen-Gube
Rasch welkt das Leben dahin,
gestern noch blühend und stark,
heute schon kraftlos und matt,
morgen tief drunten im Grab
Staub zum Staub sich gesellt.
Nur ein Erinnern noch bleibt
droben für kurze Zeit,
in den Herzen der Freunde ein Licht,
von der modernden Hand vielleicht
auf gilbendem Blatt ein kleines Gedicht.
Carl Peter Fröhling
Zu neuer Tat
Siehst du den Regenbogen
dort überm Horizont.
Er verkündet eine neue Zeit
und morgen,
wenn du eine Nacht geschlafen hast,
ist heute schon Vergangenheit.
Das, was du heute meinst und denkst,
steht dann in einem andern Licht.
Es ist wie eine Rosenknospe,
die zu voller Blüte bricht.
Lasse jede kleine Regung,
die du in deinem Innern spürst,
sich entfalten,
so daß du sie zu Ende führst.
Volkmar Frank