Lieben Zitate (Seite 30)
Zwiegespräch
"Du gabst mir immer wieder
Dein Herz und deine Lieder,
Ich nahm sie sorglos hin.
Nun muß ich dich betrüben:
Ich darf dich nicht mehr lieben,
Weil ich nicht dein mehr bin."
"Und liebst du einen andern,
Will ich ins Weite wandern,
Mir wird so enge hier.
Wie schmerzlich blüht der Flieder!
Mein Herz und meine Lieder,
Ich lasse sie bei dir."
Klabund
Die englischen Fräulein
Die englischen Fräulein gehen
in langen Ketten durch die Stadt,
Zwei und zwei, in ihren schwarzen Mänteln,
wie Morcheln,
Die man aus dem Boden gerissen hat,
Aber im Sommer tragen sie violette
Schärpen um den Leib.
Sie schlafen allein im Bette.
Manche ist so schön.
Man möchte einmal mit ihr schlafen gehn.
Aber sie sind so klein und klein
in ihren schwarzen Kapuzen.
Ich glaube, wenn man sie lieben will,
braucht man ein ganzes Dutzend.
Klabund
Erster Schnee
Wie nun alles stirbt und endet
Und das letzte Lindenblatt
Müd sich an die Erde wendet
In die warme Ruhestatt,
So auch unser Tun und Lassen,
Was uns zügellos erregt,
Unser Lieben, unser Hassen
Sei zum welken Laub gelegt.
Reiner weißer Schnee, o schneie,
Decke beide Gräber zu,
Daß die Seele uns gedeihe
Still und kühl in Wintersruh!
Bald kommt jene Frühlingswende,
Die allein die Liebe weckt,
Wo der Haß umsonst die Hände
Dräuend aus dem Grabe streckt.
Gottfried Keller
Abendlied
Augen, meine lieben Fensterlein,
Gebt mir schon so lange holden Schein,
Lasset freundlich Bild um Bild herein:
Einmal werdet ihr verdunkelt sein!
Fallen einst die müden Lider zu,
Löscht ihr aus, dann hat die Seele Ruh;
Tastend streift sie ab die Wanderschuh,
Legt sich auch in ihre finstre Truh.
Noch zwei Fünklein sieht sie glimmend stehn
Wie zwei Sternlein, innerlich zu sehn,
Bis sie schwanken und dann auch vergehn,
Wie von eines Falters Flügelwehn.
Doch noch wandl ich auf dem...
Gottfried Keller
Du bist im Strahlenkleide
Die Sonne, lieb und mild,
Du bist auf grüner Heide
Ein schön' Madonnenbild.
Der lichte Schein des Goldes
Erglänzt in deinem Haar:
Blau-Äugelein, du holdes,
O schütz' mich immerdar.
Ich sinke vor dir nieder
Voll sehnender Begier,
Und jedes meiner Lieder
Ist ein Gebet zu dir,
Ein Flehen nur, ein scheues,
Um Rettung aus Gefahr;
Blau-Äugelein, du treues,
O schütz' mich immerdar.
O diese Augen beide
So mild, so fromm, so gut,
Darüber das Geschmeide
Der zarten Wimper...
Eduard Ernst Heinrich Kauffer
Die veränderlichen Triebe der menschlichen Alter
Nach Puppen wird das Kind sich sehnen,
Der muntre Jüngling nach der Schönen,
Der Ruhm erhitzt des Mannes Fleiß,
Und Gold begehrt der matte Greis.
Bei so veränderlichen Trieben,
Wer wird sein wahres Glücke lieben?
Nur der, der Schöne, Ruhm und Geld
Für Puppen der Erwachsnen hält.
Abraham Gotthelf Kästner
Sehnsucht
Das macht der duftige Jasmin,
Daß ich nicht Ruhe finde,
Die Nachtgedanken der Sehnsucht ziehn
Hinaus und schweifen im Winde.
Ob eine Seele wohl mein gedenkt
In all der blühenden Runde?
Ich hätte gar bald mein Herz verschenkt,
So einsam ist die Stunde!
Wie Silber liegt der Mondenschein
Über den schweigenden Gärten. –
O ging es jetzt in die Welt hinein
Mit einem lieben Gefährten!
O kämst du, Einziger, her zu mir,
Zu mir in Nacht und Schweigen!
Und führtest die Einsame fort von hier,...
Max Kalbeck
Herbstblühte
Wie im Herbst zum zweiten Mal
Manche Bäume blühen,
So beginnt mein altes Herz
Jugendlich zu glühen.
Sei vernünftig, halte fest
Deine stolze Kühle;
Daß nicht keimen aus dem Scherz
Innige Gefühle.
Spürst du nicht schon, wann sie kommt
Wonniges Erschrecken?
Willst du, völlig hoffnungslos,
Lieben, Liebe wecken?
Wilhelm Jordan
Gebt! Auf daß Gott an eure Lieben denke,
Den Söhnen Kraft, den Töchtern Anmut schenke;
Daß euer Weinberg früchtebringend sei;
Daß Fülle herrsch' in euer Speicher Räumen;
Daß ihr euch bessert; daß in nächt'gen Träumen
Die Engel zieh'n an euch vorbei!
Gebt! Daß der Gottmensch hold sich zu euch neige,
Der Böse selber sich vor eurem Namen beuge,
Und euren Herd so Ruh' als Lieb' umfließt;
Daß in der letzten Stund' ihr habet gegen
All' eure Sünden den Gebetessegen
Des Armen, der im Himmel mächtig ist.
Victor Marie Hugo
Ein Feuer sonder Feu'r, ein lebendiger Tod,
Ein Zorn, doch ohne Gall', ein' angenehme Not,
Ein Klagen außer Angst, ein überwundner Sieg,
Ein unbeherzter Mut, ein freudevoller Krieg,
Ein federleichtes Joch, ein nimmerkrankes Leid,
Ein zweifelhafter Trost und süße Bitterkeit,
Ein unvergiftet Gift und kluge Narretei,
Ja kürzlich: Lieben ist nur bloße Phantasei.
Ernst Christoph Homburg
Dito
Ich bin mein eigner Kritikus,
Drum spart euch eure klugen Reden,
Sagt doch ein alter Pfiffikus:
Nicht jede Formel paßt auf Jeden.
Mir hätt es so, mir so behagt,
Schon gut, schon gut, ihr lieben Leute;
Ihr wißt ja, was das Sprichwort sagt,
Der Jäger pfeift, es bellt die Meute!
Doch daß ihr auch der Weisheit Schluß,
Der Wahrheit Wahrheit mögt erfahren,
Sagt jener selbe Pfiffikus:
Die Thorheit wächst oft mit den Jahren!
Hermann Oscar Arno Alfred Holz
Trauert nicht!
Denn heilig ist mein End' und schön, – o Lust,
Lust, die den Neugeborenen umfängt,
Wenn droben er die neuen Pfade wandelt,
Dich ahnd' ich, wie der Schiffer, wenn er nah
Dem Blütenwald der Mutterinsel kommt,
Schon atmet liebender die Brust. Und sein
Gealtert Angesicht verklärt Erinnerung
Der ersten goldnen Jugendwonne wieder!
Und, o Vergessenheit! Versöhnerin! –
Voll Segens ist die Seele mir, ihr Lieben!
Johann Christian Friedrich Hölderlin