Kranke Zitate (Seite 3)
Der Traum
Im schönsten Garten wallten
Zwei Buhlen Hand in Hand,
Zwo bleiche, kranke Gestalten,
Sie saßen ins Blumenland.
Sie küßten sich auf die Wangen
Und küßten sich auf den Mund,
Sie hielten sich fest umfangen,
Sie wurden jung und gesund.
Zwei Glöcklein klangen helle,
Der Traum entschwand zur Stund;
Sie lag in der Klosterzelle,
Er fern in Turmes Grund.
Ludwig Uhland
Das Ständchen
Was wecken aus dem Schlummer mich
Für süße Klänge doch?
O Mutter, sieh! Wer mag es sein
In später Stunde noch?
"Ich höre michts, ich sehe nichts,
O schlummre fort so lind!
Man bringt dir keine Ständchen jetzt,
Du armes, krankes Kind!"
Es ist nicht irdische Musik,
Was mich so freudig macht;
Mich rufen Engel mit Gesang,
O Mutter, gute Nacht!
Ludwig Uhland
Im Herbst
Die Sonnenblumen leuchten am Zaun,
Still sitzen Kranke im Sonnenschein.
Im Acker mühn sich singend die Fraun,
Die Klosterglocken läuten darein.
Die Vögel sagen dir ferne Mär,
Die Klosterglocken läuten darein.
Vom Hof tönt sanft die Geige her.
Heut keltern sie den braunen Wein.
Da zeigt der Mensch sich froh und lind.
Heut keltern sie den braunen Wein.
Weit offen die Totenkammern sind
Und schön bemalt vom Sonnenschein.
Georg Trakl
Unsere schöne Welt
Die Welt ist schön, so wunderbar,
die Berge hoch, das Meer so klar,
es war der Anbeginn der Zeit,
der Mensch natürlich und bereit,
die Welt als Scheibe zu erkunden,
um so die Erde zu umrunden.
Viel Zeit verging, mit ihr auch Jahre,
nun liegt sie auf der Krankenbahre,
uns're kranke schöne Welt,
wird verschachert gegen Geld,
Plastik, Öl treibt in den Meeren,
wo sind geblieben diese fairen
Menschen, die zu schätzen wissen
einst das sanfte Ruhekissen.
es geht ganz klar...
Heinz Bernhard Ruprecht
Stille
Wenn ein Kranker schlummernd liegt,
Mild von Traumesarm gewiegt,
Schweigen Alle im Gemache,
Daß der Arme nicht erwache.
Leis' ihr Hauch und stumm der Mund,
Kaum berührt ihr Fuß den Grund –
Und der Kranke schlummert weiter,
Ruhbeseligt, traumesheiter.
Innig fleh' ich jetzt zu dir:
Halte du es so mit mir,
Mit dem tieferschöpften Herzen,
Das entschlummert ist voll Schmerzen.
Halb verblutet schläft es fort;
Weck' es nicht mit deinem Wort!
Trage schonendes Erbarmen
Mit dem kranken, müden,...
Betty Paoli
Der Kranke:
»Oft zu sterben wünscht ich mir…
Und wie dankbar bin ich doch,
daß ich leb und leide noch
im gesetzten Nun und Hier.
Bleibt mir doch damit noch Zeit,
abzubauen manch Gebrest,
komm ich nimmer auch zum Rest,
werd ich besser doch bereit.
Wenn ich jetzt nicht wirken kann,
helf ich also doch dem Mir,
das dereinst nach Nun und Hier
wirken wird im Dort und Dann.«
Christian Morgenstern
Wie gern
Wäre ich jetzt bei dir,
bewachte deinen Schlaf
und hielte alle bösen Träume von dir fern.
Wie gern
Legte ich jetzt die Hand auf deine Stirn,
nur ganz leicht,
damit du spüren könntest, daß ich für dich da bin.
Wie gern
Fühlte ich jetzt deine Hand auf meiner Stirn,
sie würde mir den Schmerz nehmen,
der mich krank macht,
weil ich nicht bei dir sein kann.
Regina Meier zu Verl
Hast Du Geld, dann bückt sich Jeder.
Bist Du arm, dann drückt Dich Jeder.
Hast Du Geist, verehrt Dich Jeder.
Bist Du schön, begehrt Dich Jeder.
Hast Du Witz, belacht Dich Jeder.
Bist Du dumm, veracht't Dich Jeder.
Bist Du grob, verläßt Dich Jeder.
Bist Du fein, hält fest Dich Jeder.
Hast Du Herz, dann liebt Dich Jeder.
Bist Du stolz, dann flieht Dich Jeder.
Giebst Du gern, dann such Dich Jeder.
Nimmst Du gern, verflucht Dich Jeder.
Bist Du stark, dann schätzt Dich Jeder.
Bist Du schwach,...
Heinrich Martin