Kraft Zitate (Seite 13)
Drum, wer da haßt, der ist allein! der scheidet
Sich aus von diesem großen Reich des Lebens;
Der müßte mehr als Gottes Kraft besitzen,
Um einen Athemzug lang froh zu sein,
Indeß ein Zug vom Quell der Liebe gnügt,
Das ärmste, längste Leben reich zu machen,
Und scheidend ew'ge Seligkeit zu träumen.
Leopold Schefer
Resignation
Ich bin ein alter Narre,
Ich hab meine Zeit verpaßt,
Ich hab meine goldene Jugend
Vergeudet und verpraßt.
Ich kann sie nicht mehr finden
Die überschäumende Kraft:
Zu Asche stob in Sünden
Die lodernde Leidenschaft.
Nun heißt es: sich bescheiden
Mit dem traurigen Funkenrest
Und aus Erinnerungs-Scheiten
Noch feiern ein Abschiedsfest.
Ludwig Scharf
Ecce homo
Seht her: mein Herz ist arm, mein Herz ist arm und blutet;
Des Lebens ganzer Harm hat nächtens es durchfluthet.
Ich gab's den Nöthen preis und aller Qual auf Erden,
Und wähnte, daß sein Schweiß euch könnt' zum Glücke werden.
Nun ist ihm alle Kraft und alle Gluth verflogen,
Denn schweren Giftes Saft hat's aus der Qual gesogen.
Wohin mein Auge schaut, verwelkt das Grün der Bäume,
Die Blüthe stirbt der Braut, verdirbt der Duft der Träume.
Was wollt ihr noch von mir? O laßt mich sterben...
Ludwig Scharf
Wenn es Worte gibt,
die streicheln,
sind es Deine Worte.
Wenn es Worte gibt,
die Trost zusprechen,
sind es Deine Worte.
Wenn es Worte gibt,
die Kraft vermitteln,
sind es Deine Worte.
Wenn es Worte gibt,
die ein Lachen wecken,
sind es Deine Worte.
Wenn es Worte gibt,
die wärmen,
sind es Deine Worte.
Wenn es Worte gibt,
die Liebe atmen,
sind es Deine Worte.
Für mich.
Helga Schäferling
Lebensregel
O nie in eitlem Hochmuth sprich es aus,
Daß Dieser oder Jener nichts bedeute;
Mit deinem letzten Urtheil halte Haus:
Denn nicht so leicht ergründest du die Leute.
In Jedem schlummert eine sond're Kraft,
Vielleicht noch von ihm selber unbeachtet,
Die plötzlich sich emporhebt, geisterhaft,
Und nimmer duldet, daß man sie verachtet.
Und so geschieht es, daß oft Weisheit spricht
Aus Solchen, die wie Thoren stets erschienen,
Daß heil'ger Muth aus schwachen Seelen bricht –
Du aber stehst...
Ferdinand von Saar
So ist's
Das aber nehmt euch einmal zu Verstande:
Daß einer nie sein Höchstes kann vollbringen,
Wenn nicht ein Gott ihm gnädig löst die Schwingen,
Und nicht ein günst'ger Wind ihn treibt vom Strande.
Denn nie gedeiht der Baum in dumpfem Sande,
Zu Tod sich flattern muß der Aar in Schlingen –
Und ernstes Tun kann stets nur halb gelingen,
Wenn sich die Mitwelt freut an hohlem Tande.
Ja, ob auch eigne Kraft und tiefstes Wollen
Die Größe hebt aus den gemeinen Gleisen:
Des Lebens Mächten muß ein...
Ferdinand von Saar
Ostern
Ja, der Winter ging zur Neige,
holder Frühling kommt herbei,
Lieblich schwanken Birkenzweige,
und es glänzt das rote Ei.
Schimmernd wehn die Kirchenfahnen
bei der Glocken Feierklang,
und auf oft betretnen Bahnen
nimmt der Umzug seinen Gang.
Nach dem dumpfen Grabchorale
tönt das Auferstehungslied,
und empor im Himmelsstrahle
schwebt er, der am Kreuz verschied.
So zum schönsten der Symbole
wird das frohe Osterfest,
daß der Mensch sich Glauben hole,
wenn ihn Mut und Kraft...
Ferdinand von Saar
Achte gut auf diesen Tag,
denn er ist das Leben –
das Leben allen Lebens.
In seinem kurzen Ablauf liegt alle seine
Wirklichkeit und Wahrheit des Daseins,
die Wonne des Wachsens,
die Größe der Tat,
die Herrlichkeit der Kraft.
Denn das Gestern ist nichts als ein Traum
und das Morgen nur eine Vision.
Das Heute jedoch, recht gelebt,
macht jedes Gestern
zu einem Traum voller Glück
und jedes Morgen
zu einer Vision voller Hoffnung.
Darum achte gut auf diesen Tag.
Rumi
Unsterblichkeit ist nicht der Zukunft aufgespart,
Unsterblichkeit ist im Gefühl der Gegenwart.
Du wärst nicht, der du bist, in diesem Nu der Zeit,
Wenn du derselbige nicht wärst in Ewigkeit.
So bald du denken willst, du wärest nicht mehr einst:
So fühlst du, daß du dich insoweit selbst verneinst.
Verneine nur dies Nein! dazu hast du empfahn
Des Geistes Kraft allein, dich ewig zu bejahn.
Friedrich Rückert
Nie stille steht die Zeit, der Augenblick entschwebt,
Und den du nicht benutzt, den hast du nicht gelebt.
Und du auch stehst nie still, der gleiche bist du nimmer,
Und wer nicht besser wird, ist schon geworden schlimmer.
Wer einen Tag der Welt nicht nutzt, hat ihr geschadet,
Weil er versäumt, wozu ihn Gott mit Kraft begnadet.
Friedrich Rückert
Die Liebe sprach: In der Geliebten Blicke
Mußt du den Himmel suchen, nicht die Erde,
Daß sich die beßre Kraft daran erquicke,
Und dir das Sternbild nicht zum Irrlicht werde.
Die Liebe sprach: In der Geliebten Auge
Mußt du das Licht dir suchen, nicht das Feuer,
Daß dir's zur Lamp' in dunkler Klause tauge,
Nicht dir verzehre deines Lebens Scheuer.
Die Liebe sprach: In der Geliebten Wonne
Mußt du die Flügel suchen, nicht die Fesseln,
Daß sie dich aufwärts tragen zu der Sonne,
Nicht...
Friedrich Rückert
Die Brüder
Der Weekend traf den Weekbeginn:
»Guten Morgen!«
»Guten Abend!«
Sie mochten sich anfangs nicht leiden,
Und immer hatte von beiden
Der eine ein unrasiertes Kinn.
Trotz dieser trennenden Kleinigkeit
Lernten sie doch dann sich leiden
Und gingen klug und bescheiden
Abwechselnd durch die Zeit.
Und gaben einander Kraft und Mut
Und schließlich waren die beiden
Nicht mehr zu unterscheiden.
Und so ist das gut.
Joachim Ringelnatz
XVIII
Hörst du das Neue Herr,
dröhnen und beben?
Kommen Verkündiger,
die es erheben.
Zwar ist kein Hören heil
in dem Durchtobtsein,
doch der Maschinenteil
will jetzt gelobt sein.
Sieh, die Maschine:
wie sie sich wälzt und rächt
und uns entstellt und schwächt.
Hat sie aus uns auch Kraft,
sie, ohne Leidenschaft,
treibe und diene.
Rainer Maria Rilke
Gott
So bin ich nur als Kind erwacht,
so sicher im Vertraun,
Nach jeder Angst und jeder Nacht
Dich wieder anzuschaun.
Ich weiß, so oft mein Denken mißt:
wie tief, wie lang, wie weit, –
Du aber bist und bist und bist,
Umzittert von der Zeit.
Mir ist als wär' ich jetzt zugleich
Kind, Knab und Mann und mehr,
Ich fühle: nur der Ring ist reich
Durch seine Wiederkehr.
Ich danke Dir, Du tiefe Kraft,
Die immer leister mit mir schafft
Wie hinter vielen Wänden;
Jetzt ward mir erst der Werktag...
Rainer Maria Rilke
Du Dunkelheit, aus der ich stamme
ich liebe dich mehr als die Flamme,
welche die Welt begrenzt,
indem sie glänzt
mich nicht so sehr verhinderte am Wachen -
für irgend einen Kreis,
aus dem heraus kein Wesen von ihr weiß.
Aber die Dunkelheit hält alles an sich:
Gestalten und Flammen, Tiere und mich, wie sie's errafft,
Menschen und Mächte -
Und es kann sein: eine große Kraft
rührt sich in meiner Nachbarschaft.
Ich glaube an Nächte.
Rainer Maria Rilke