Ich Bin Zitate (Seite 132)
Anrede
Ich bin nur Flamme, Durst und Schrei und Brand.
Durch meiner Seele enge Mulden schießt die Zeit
Wie dunkles Wasser, heftig, rasch und unerkannt.
Auf meinem Leibe brennt das Mal: Vergänglichkeit.
Du aber bist der Spiegel, über dessen Rund
Die großen Bäche alles Lebens geh'n,
Und hinter dessen quellend gold'nem Grund
Die toten Dinge schimmernd aufersteh'n.
Mein Bestes glüht und lischt – ein irrer Stern,
Der in den Abgrund blauer Sommernächte fällt –
Doch deiner Tage Bild ist hoch und...
Ernst Maria Richard Stadler
Der Spargel und die Schwarzwurzel
"Ich bin weiß und du nicht!"
sprach der Spargel zur Schwarzwurzel.
Da traf ihn der Spargelstich.
"Black is beautiful!"
antwortete die Schwarzwurzel darauf dem Spargel.
Schon ging es auch ihr an den Kragel.
Eine Stunde später
schwammen sie in derselben Suppe.
Da war es ihnen schnuppe.
Peter-T. (Torsten) Schulz
Schlummerlied
Will du auf Töpfchen?
Fühlst du ein Dürstchen?
Oder ein Würstchen?
Senke dein Köpfchen.
Draußen die schwarze, kalte
Nacht ist böse und fremd.
Deine Hände falte.
Der liebe Gott küßt dein Hemd.
Gute Ruh!
Ich bin da,
Deine Mutter, Mama;
Müde wie du.
Nichts mehr sagen -
Nicht fragen -
Nichts wissen -
Augen zu.
Horch in dein Kissen:
Es atmet wie du.
Joachim Ringelnatz
Ein Pflasterstein,
Der war einmal
Und wurde viel beschritten.
Er schrie: "Ich bin ein Mineral
Und muß mir ein für allemal
Dergleichen streng verbitten!"
Jedoch den Menschen fiel's nicht ein,
Mit ihm sich zu befassen,
Denn Pflasterstein bleibt Pflasterstein
Und muß sich treten lassen.
Joachim Ringelnatz
An Jeanette
Nimm meine Bücher, meine kleinen Reime,
Mein Häuschen hin, und sei zufrieden wie ich bin,
Nimm meinen sanften Schlummer, meine Träume,
So hold sie sind, auch hin.
Und wenn mir ja noch etwas übrig bliebe,
Mein Becher, Kranz und Stab, so mag es deine sein;
Doch willst du mehr, mein Herz und meine Liebe?
Die sind schon lange dein.
Novalis
Letzte Rosen
Ich bin auf stillen Wegen
Fortgegangen von dir.
An der Brust sind mir
Deine letzten Rosen gelegen.
Rosen, noch spät gerötet
Von der Herbstsonne Licht.
Rosen, die man bricht
Schnell, eh der Frost sie tötet.
Wie schnell man vom Leben,
Eh die Jugend verglimmt,
Noch eine Liebe nimmt…
… Meine letzten Rosen hast du mir gegeben.
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Das Leben ist ein Kerzenlicht, so warm und doch vergänglich
Es brennt bei Sturm und Sonnenschein ganz frei und unverfänglich.
Geschützt von Liebe, Mut und Hoffnung trotzt es sogar dem Regen
So leuchtet es dank deiner Kraft auf allen deinen Wegen.
Und wenn dich mal der Mut verläßt und alle Hoffnung schwindet
So denk an mich, ich bin dein Freund, der's mit dir überwindet!
Heiko Noack