Große Zitate (Seite 44)
Selbstmitleid
manchmal fordere ich mein Selbstmitleid heraus,
treibe es auf die Spitze,
lade es ein,
sich mir zu zeigen,
mit mir zu tanzen
um das große Feuer,
bis tief in die Nacht.
Nach Stunden der Bewegungen,
verwandelt es sich manchmal,
im Schein des Feuers,
in eine Frau,
die voller Kraft und Phantasie steckt.
Wir tanzen den Tanz,
zwischen Schwäche und Stärke,
zwischen Erschöpfung und Ekstase
oft die ganze Nacht,
bis in die frühen Morgenstunden,
bis das Feuer langsam erlischt.
Lachend und...
Petra Speth
Ein Schatten nur,
Der wandelt, ist das Leben, weiter nichts;
Ein armer Komödiant, der auf der Bühne
Sein Stündchen stelzt und große Worte macht,
Worauf man weiter nichts von ihm vernimmt;
Ein Märchen ist's, erzählt von einem Schwachkopf,
Voll wilden Wortschwalls, doch bedeutungsleer.
William Shakespeare
Das Fest ist jetzt zu Ende.
Unsere Spieler, wie ich euch sagte, waren Geister
Und sind aufgelöst in Luft, in dünne Luft.
Wie dieses Scheines lockrer Bau
So werden die wolkenhohen Türme, die Paläste,
Die hehren Tempel, selbst der große Ball.
Ja, was nur Teil hat, untergehn,
Und, wie dieses leere Schaugepräng erblaßt,
Spurlos verschwinden.
Wir sind solcher Stoff wie der zum Träumen,
Unser kleines Leben umfaßt ein Schlaf,-
Ich bin gereizt, Herr
Habt Geduld mit mir. Mein alter Kopf...
William Shakespeare
Wo ist die Werkstatt, drin die sichere Waffe,
Das Wort, zum Pfeil, zum Schwert, zum Helm und Schild
Geschaffen wird? Nicht wenig liegt daran,
Zu Schutz und Trutz es tüchtig zu besitzen.
Es recht zu schmieden, ist die große Kunst,
Ist unsrer Zeit fast einziges Bestreben;
Denn nicht mehr auf des Degens Spitze nur –
Auch auf der Lippen Schneide ruht die Welt.
Gustav Schwab
Steh auf, wenn du am Boden liegst
Ich sah in die tiefsten Tiefen und erreichte schwindelnde Höhen.
Ich spürte Ignoranz und jemand schenkte mir Beachtung.
Ich erfuhr Enttäuschung und jemand machte mir Mut.
Ich erfuhr schlimmste Demütigungen und jemand schenkte mir aufrichtiges Lob.
Ich erlitt Verlust und jemand versuchte den Ausgleich.
Ich empfand große Leere und mein Becher wurde gefüllt.
Ich bekam schmerzhafte Verletzungen und jemand versorgte meine Wunden.
Ich vergoß Tränen und jemand...
Jutta Schulte
Mitten im Netz
Mitten im Netz
der eigenen Gedanken
gefangen von Seilen
die fester werden
je mehr du versuchst
das Netz zu zerstören
Sträfling in der Zelle Mensch
an den Füßen
große Kugeln
aus Stahl
die dir
von der Vergangenheit erzählen
doch wenn du
einen Stuhl findest
der Liebe heißt
kannst Du aus dem Fenster sehen
die Sonne umarmen
und das Netz liegt
regungslos
hinter dir
Engelbert Schinkel
Menschliches Wissen
Weil du liesest in ihr, was du selber in sie geschrieben,
Weil du in Gruppen fürs Aug ihre Erscheinungen reihst,
Deine Schnüre gezogen auf ihrem unendlichen Felde,
Wähnst du, es fasse dein Geist ahnend die große Natur.
So beschreibt mit Figuren der Astronome den Himmel,
Daß in dem ewigen Raum leichter sich finde der Blick,
Knüpft entlegene Sonnen, durch Siriusfernen geschieden,
Aneinander im Schwan und in den Hörnern des Stiers.
Aber versteht er darum der Sphären mystische...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Es ist die große Sache aller Staaten
Und Thronen, daß gescheh', was rechtens ist,
Und jedem auf der Welt das Seine werde;
Denn da, wo die Gerechtigkeit regiert,
Da freut sich jeder, sicher seines Erbs,
Und über jedem Hause, jedem Thron,
Schwebt der Vertrag, wie eine Cherubswache.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Dicker roter Mond
Ach, ich kann ja gar nicht schlafen!
Über dem dunkelgrünen Myrtentor
Thront ein dicker roter Mond. –
Ob es später wohl noch lohnt,
Wenn man auf dem Monde wohnt?
Über dem dunkelgrünen Myrtentor?
Wär's nicht möglich, daß uns drüben
»Längre« Seligkeiten küßten?
Wenn wir das genauer wüßten!
Hier ist alles zu schnell aus.
Jeder lebt in Saus und Braus.
Wem das schließlich nicht gefällt,
Hält die ganze große Welt
Auch bloß für ein Narrenhaus!
Ach, ich kann ja gar nicht...
Paul Scheerbart
Der Ehemann
Zu Ende ist der Hochzeitsschmaus,
Der letzte Gast verläßt das Haus,
Und emsig eilt der Diener Schar,
Zurück bleibt nur das junge Paar.
Der Gatte drückt in heißer Lust
Das holde Weib an seine Brust,
Schwül brennt der roten Ampel Öl,
Er lispelt leise: enfin seul!
Drei Jahre drauf, zur Sommerzeit
Herrscht wieder große Emsigkeit
Im Haus, es rührt sich jede Hand:
Das holde Weibchen fährt aufs Land.
Mit vieler Müh und dito Zanken
Bringt er es an des Zuges Schranken,
Kehrt heim dann,...
Robert Scharl
O glaube nicht, daß du nicht seiest mitgezählt;
Die Weltzahl ist nicht voll, wenn deine Ziffer fehlt.
Die große Rechnung zwar ist ohne dich gemacht,
Allein du selber bist in Rechnung mitgebracht.
Ja mitgerechnet ist auf dich in alle Weise;
Dein kleiner Ring greift ein in jene größeren Kreise.
Zum Guten, Schönen will vom mangelhaften Bösen
Die Welt erlöst sein, und sollst sie mit erlösen.
Vom Bösen mache dich, vom Mangelhaften frei;
Zur Güt' und Schöne so der Welten trägst du bei.
Friedrich Rückert
Venedig
(Für Helen)
Beseelt seist Du mein Herz, das mir genommen von anmut'ger Schönheit
und einzig'artgem Charme, dem Gefühl beraubt,
wie in einem Gemälde des Tizian verlebt, dieser große Moment, gebannt in die Fugen der Ewigkeit.
In einem Stücke meines Herzens, wollt' ich könnt' ihn in mir tragen, dem Vergangenen entstaubt;
Gleich einem Tryptychone, von dessen vollkommener Pracht immer nur ein Teil der meine zu seien scheint,
während der anderen Stücke auf den Kämmen der Wellen...
Christian Röhrs