Genie Zitate (Seite 8)
Lebenskunst
Ach, was sind wir dumme Leute –
wir genießen nie das Heute.
Unser ganzes Menschenleben
Ist ein Hasten, ist ein Streben
Ist ein Bangen, ist ein Sorgen –
Heute denkt man schon an Morgen.
Morgen an die spätere Zeit –
und kein Mensch genießt das Heut.
Auf des Lebens Stufenleiter
eilt man weiter, immer weiter.
Nutz den Frühling Deines Lebens
Leb im Sommer nicht vergebens
denn gar bald stehst du im Herbste
Bis der Winter naht, dann sterbste.
Und die Welt geht trotzdem heiter
Immer...
Christian Reuter
Die Kartoffel
Es ist für uns Materielle
Nur eine Kartoffel die Welt,
Von der der Weise die Pelle
Fürsorglich herunter schält.
Denn eine von unsern Devisen
Ist die: Kartoffel und Welt,
Sind beide nicht zu genießen,
Wenn man sie nicht richtig quellt.
Der idealistische Stoffel,
Der alles für herrlich hält,
Verzehrt die ganze Kartoffel
Natürlich unabgepellt.
Doch liegt sie ihm dann im Magen,
So jammert er und erzählt,
Wie schwer für ihn zu ertragen
Oft diese so "rohe" Welt!
Wir aber genießen...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Am Meer
Wie ist dir nun,
meine Seele?
Von allen Märkten
des Lebens fern,
darfst du nun ganz
dein selbst genießen.
Keine Frage
von Menschenlippen
fordert Antwort.
Keine Rede
noch Gegenrede
macht dich gemein.
Nur mit Himmel und Erde
hältst du
einsame Zwiesprach.
Und am liebsten
befreist du
dein stilles Glück.
dein stilles Weh
in wortlosen Liedern.
Wie ist dir nun,
meine Seele?
Von allen Märkten
des Lebens fern
darfst du nun ganz
dein selbst genießen.
Christian Morgenstern
Das Genie und die Talente
An der höhern Stufe vermißt ihr gewöhnlich die niedre,
Lernt’s doch endlich, sie wird eben mit dieser erkauft.
Daß ein Ganzes werde, muß jeglicher Teil sich bescheiden,
Tritt er einzeln hervor, wuchert er, wie er nur kann,
Und er wird, wo er herrscht, sich freilich stärker erweisen,
Als er tut, wo er dient, aber ein Tor nur vergleicht.
Denkt nur an den Menschen! Ihm gaben alle Geschöpfe
Von dem Ihrigen ab, doch er erreicht auch nicht eins,
Oder hat er die Klaue des...
Christian Friedrich Hebbel
Komm her...
Komm her, vergiß was Du weißt.
Setz Dich vor mich und lehn Deinen Rücken an.
Schließe Deine Augen und laß die Gedanken frei.
Fühlst Wärme und Nähe, genieße sie.
Keine Angst, es wird nichts geschehen,
denn Du wirst glauben, es war ein Traum.
Genieße, statt es zu fürchten.
Laß diesem Moment seinen Raum.
Werde auch meine Augen schließen.
Meine Hände streicheln Dich zart.
Du spürst meinen Atem im Nacken
meinen Herzschlag mit Deinem im Takt.
André Gest
Das Genie
Wenn sie mich ansehn
werden sie einsehn,
ich bin ein Genie,
viele werden es nie.
Ich spiele besser als Paganini –
Siebzehnundvier, denn ich verlier' nie.
Ich halte zum Schlafen nichts von Schafen.
Ich kann besser als Caruso schlafen.
Wenn ich singe, singe ich länger –
als der längste Kammersänger.
Falls sie es wünschen, kann ich es zeigen -
ich kann leiser als Papageno schweigen.
Ich denke wie Einstein – über Jäger,
bin träger als jeder Nobelpreisträger.
Ich koche besser –...
Erhard Horst Bellermann
Der Deutsche genießt sich in seiner Substantialität bei unglücklicher Form, der Engländer ist stolz auf seine Stärke, der Franzose eitel in seiner Eleganz und seinem »point d'honneur«, der Italiener genießt in légèrem Behagen das Bewußtsein, ein klassisches Volk zu sein.
Friedrich Theodor von Vischer
Die Worte »Zufall« und »Genie« bezeichnen nichts wirklich Vorhandenes und lassen sich darum auch nicht definieren. Diese Worte bezeichnen nur einen gewissen Grad von Verständnis der Erscheinungen. Ich weiß nicht, warum diese oder jene Erscheinung eintritt; ich glaube, daß ich es nicht wissen kann; daher kann ich es auch nicht wissen und sage: »Zufall!« Ich sage: eine Kraft ruft eine Wirkung hervor, die zu den gewöhnlichen menschlichen Fähigkeiten in keinem Verhältnis steht; ich verstehe...
Graf Leo Nikolajewitsch Tolstoi