Geheimnis Zitate (Seite 4)
Was nützt dem Geschlechte die heilige Glut,
Die prometheische Flamme?
Des Himmels Geheimnis klingt
Vor tauben Ohren,
Propheten weinen, es lacht das Volk
Der Prophetenträne!
Vergebens stürzte
Der Märtyrer in sein heiliges Blut,
Denn über dem Grabe des Märtyrers wuchs
Stets das neue Geschlecht mit alter Torheit.
Karl Leberecht Immermann
Sorge nie, daß ich verrate
Meine Liebe vor der Welt,
Wenn mein Mund ob deiner Schönheit
Von Metaphern überquellt.
Unter einem Wald von Blumen
Liegt, in still verborgner Hut,
Jenes glühende Geheimnis,
Jene tief geheime Glut.
Sprühn einmal verdächtge Funken
aus den Rosen – sorge nie!
Diese Welt glaubt nicht an Flammen
Und sie nimmt's für Poesie.
Heinrich Heine
Die blauen Frühlingsaugen
Schaun aus dem Gras hervor;
Das sind die lieben Veilchen,
Die ich zum Strauß erkor.
Ich pflücke sie und denke,
Und die Gedanken all,
Die mir im Herzen seufzen,
Singt laut die Nachtigall.
Ja, was ich denke, singt sie
Lautschmetternd, daß es schallt;
Mein zärtliches Geheimnis
Weiß schon der ganze Wald.
Heinrich Heine
Eure Rätsel, dichtversponnene Büsche,
Bald nun sind sie wieder gelöst, wenn spottend
Pfeift der Wind durch die leergeschüttelten Zweige!
Wenig seid ihr selbst: doch flochtet ihr flüsternd
Ein Geheimnis magisch dämmernder Schatten
Um die Triebe schwärmender Sommerpärchen!
Satt sind nun die Hungrigen, die ihr hegtet
Euer Werk ist getan – und rauh in die Gosse
Fegt den dürren Rest das knochige Kehrweib.
Hanns Freiherr von Gumppenberg
Sie schelten einander Egoisten;
Will jeder doch nur sein Leben fristen.
Wenn der und der ein Egoist,
So denke, daß du es selber bist.
Du willst nach deiner Art bestehn,
Mußt selbst auf deinen Nutzen sehn!
Dann werdet ihr das Geheimnis besitzen,
Euch sämtlich untereinander zu nützen;
Doch den laßt nicht zu euch herein,
Der andern schadet, um etwas zu sein.
Johann Wolfgang von Goethe
Ich harrte, als Prinzessinbraut
Stiegst du erneut zur Erde nieder.
Der Morgen leuchtet purpur wider,
Und hundertfältig schenkst du wieder,
Was uns der karge Herbst geraubt.
Du siegtest, flöhst mit raschem Flügel,
Geheimnis raunt die Gottheit sacht,
Es grünt der frische Gräberhügel,
Von ihrem Sieg jauchzend ungezügelt
Eine besinnungslose Macht.
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Stille Frage
Es quillt des Abendsterns
Geheimnißvoller Schein,
So nah' und auch so fern,
Mir in das Herz hinein.
Drin glüht ein and'res Licht,
So nah' und auch so fern,
Das Herz umschließt es dicht –
Doch weit ist's wie der Stern.
Du gold'ner Liebesstrahl,
Geh', frage deinen Stern,
Bleibt er zu deiner Qual,
Dir ewig, ewig fern?
Luise Büchner
Schweige, Mund
Schweige, Mund, und redet, Augen!
Andre Sendung will ich nicht;
Nur so zarte Boten taugen,
Wo ein zart Geheimnis spricht.
Durch der Wimpern Schattenschleier
Dringen Blicke, bang, doch kühn,
Süßes, wunderbares Feuer
Spiegelnd in der Wangen Glüh'n.
Ja, mit Wundermacht entzünden
Licht sie im verwandten Sein,
Wissen schnell die Bahn zu finden
Tief in Herzens Herz hinein.
Und die lieblichen Gesandten
Führen mächt'ge Sprache dort,
Und so schlingt mit Wechselbanden
Sich der Blicke...
Karoline Louise Brachmann
An das Meer
Urfrisches Bild der Jugendzeit
Im goldnen Saum der Ewigkeit,
Das du seit Schöpfungsanfang warst,
Wie du dich heut mir offenbarst!
Du sahst das Erdrund werden alt
Und sich verwandeln mannigfalt –
Auch du oft wechselst dein Gesicht,
Doch deine Seele wechselt nicht!
Du zeigst die ew'ge Schöpferkraft,
Die rastlos aus sich selber schafft,
Stets neue Lebenswellen treibt
Und immer doch die alte bleibt.
Wer deines Herzens Wogenschlag
Und Melodie ergründen mag,
Dem raunst du das Geheimnis...
Friedrich Martin von Bodenstedt
Heidenacht
Wenn trüb das verlöschende letzte Rot
Herschimmert über die Heide,
Wenn sie liegt so still, so schwarz und tot,
so weit du nur schauest, die Heide,
Wenn der Mond steigt auf und mit bleichem Schein,
Erhellt den granitnen Hünenstein,
Und der Nachtwind seufzet und flüstert darein
Auf der Heide, der stillen Heide. –
Das ist die Zeit, dann mußt du gehn
Ganz einsam über die Heide,
Mußt achten still auf des Nachtwinds Wehn
Und des Mondes Licht auf der Heide:
Was nie du vernahmst durch...
Hermann Ludwig Allmers