Erde Zitate (Seite 20)
Meine Lebensart
In der ganzen Stadt ist keine
Hütte kleiner als die meine;
Für mich ist sie groß genug.
Noch viel kleiner ist mein Gärtchen,
Ich nur gehe durch sein Pförtchen;
Doch auch so ist's groß genug.
Zweimal setz' ich mich zu Tische,
Etwas Fleisch, Kohl, Grütze, Fische;
Hungrig ging ich nie zur Ruh.
Ja, im Sommer, eß' ich Beeren:
Him- und Erd- und Heidelbeeren,
Oft kommt eine Birn dazu.
Bisher hatt' ich stets zwei Kleider;
Viele Menschen haben, leider!
Eines nur, und das noch...
Elisabeth Kulmann
Abend
Die Stunden trugen jede eine Last,
Solang' die Sonne wachte, in den Händen,
Als wollte nimmer sich der Kreis vollenden.
Nun aber war der letzte Glanz verblaßt.
Und endlich hob die Krone ab der Tag.
Auf samtnen Schuh'n mit Füßen silberbleichen,
So zog der Abend her aus fernen Reichen
Zur Erde, die noch jüngst in Purpur lag.
Und da der Frieden still ins Zimmer glitt
Und mir die Augen schloß, die heißen, wachen,
Da weckt' er mir ein goldnes Kinderlachen
Und kam mit meiner Jugend frohem...
Friede Henriette Kraze
Man frage nicht, was all die Zeit ich machte.
Ich bleibe stumm;
und sage nicht, warum.
Und Stille gibt es, da die Erde krachte.
Kein Wort, das traf;
man spricht nur aus dem Schlaf.
Und träumt von einer Sonne, welche lachte.
Es geht vorbei;
nachher war's einerlei.
Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.
Karl Kraus
Die Ehebrecherin
Zum Herrn und Meister, der im Tempel lehrte,
Bringt einst das Volk ein sündig Weib herein.
"Was soll", so fragt es, "ihre Strafe sein,
Da Moses will, daß sie gesteinigt werde?"
Der Herr blickt auf mit ruhiger Gebärde.
"Wer lautern Herzens ist und wahr und rein,
Werf auf die Sünderin den ersten Stein!"
Er sprach's und schrieb stillschweigend auf die Erde.
Da standen jene plötzlich wie vernichtet
Und schlichen aus dem Tempel allzusammen;
Es wurden bald die heil'gen Hallen...
Karl Theodor Körner
Ein weicher Wind von Mai und Duft getragen,
Sinkt übers müde Land.
Mein offnes Fenster fängt ein Finkenschlagen,
Ein Sehnsuchtsruf, ein fernes Glockenfragen, –
Am Abendhimmel noch ein zartes Band.
Wie ist die Erde heut so lilienmilde,
Voll Güte unerschöpflich tief.
Ich steh vor ihrem wundersamen Bilde,
Vor dem Madonnenbild verzückt, der Wilde
Der Träumer, den sie zum Erstaunen rief.
Ioannis Kondylakis
Frage
Ich frage Dich: Sag' mir das Rätsel des Lebens,
Sag' mir des Seins und der Sehnsucht Sinn!
Ist alles Sehnen und Streben vergebens?
Kannst Du mir künden: "Woher?" und "Wohin?"
Ich klopfte an allen Toren der Erde.
Bis zu den Sternen stieg ich empor.
Am Leib erlebt' ich das "Stirb und Werde".
Die Seele sang mit den Engeln im Chor.
Ich hab' mit Dämonen um mich gestritten
Und mit dem Dämon in eigener Brust.
Ich hab' mich gemüht, ich habe gelitten,
Wie's keinem, auch keinem ward bewußt.
Da...
Karl Ernst Knodt
Weihtrunk an die toten Freunde
Daß euer stilles Gebein, und was ihr mehr noch wart
als vermodernd Gebein, diesen geweihten Wunsch
in dem Schoße der Erde und Elysiums Tal vernehm:
Daß wir weise, wie ihr, und der Erinnerung
eures Todes getreu leben, zwar fröhlich sein -
Doch als stündet ihr alle mit den glücklichen Freunden hier!
Friedrich Gottlieb Klopstock
Der Sämann streut die reiche Saat
Still hoffend in die lockre Erde;
Sein ist der Wille, sein die That,
Gott weiß, ob sie entkeimen werde.
Ja, hoffe still und streue fort,
Streu aus nimmermüden Händen,
Ob sie verweht, ob sie verdorrt,
Du darfst dein Säen drum nicht enden,
Und frag' nicht, wann ein Frühlingsblick
Die Saat dir reift mit lindem Lichte,
Denn Gott vollendet dein Geschick;
Dein ist die Saat, sein sind die Früchte!
Hermann Kletke
Ewige Ostern
Als sie warfen Gott in Banden,
Als sie ihn ans Kreuz geschlagen,
Ist der Herr nach dreien Tagen
Auferstanden.
Felder dorren. Nebel feuchten.
Wie auch hart der Winter wüte:
Einst wird wieder Blüt' bei Blüte
Leuchten.
Ganz Europa brach in Trümmer,
Und an Deutschland frißt der Geier, –
Doch der Frigga heiliger Schleier
Weht noch immer.
Leben, Liebe, Lenz und Lieder:
Mit der Erde mag's vergehen.
Auf dem nächsten Sterne sehen
Wir uns wieder.
Klabund
Das Notabene
Holt mir Wein in vollen Krügen!
(Notabene: Wein vom Sundgau)
Und ein Weib soll bei mir liegen!
(Notabene: eine Jungfrau)
Ewig hängt sie mir am Munde.
(Notabene: eine Stunde…)
Ach, das Leben ist so lyrisch
(Notabene: wenn man jung ist),
Und es duftet so verführisch
(Notabene: wenn's kein Dung ist),
Ach, wie leicht wird hier erreicht doch
(Notabene: ein Vielleicht noch…)
Laß die Erde heiß sich drehen!
(Notabene: bis sie kalt ist)
Deine Liebste, sollst du sehen...
Klabund
Und doch, wie traurig wäre das Wandern,
Und doch, wie öde wäre die Welt,
Wie kalt der Mond und alle Gestirne,
Wüßt ich nicht fern auf der kleinen Erde
Irgend ein heimliches Nest mir gebaut,
Ein kleines Nestchen,
Und wüßt' ich im Nestchen ein Herz nicht,
Das in Sehnen mir schlägt
Und des Wandernden denkt;
Und säßen im Nestchen
Die Vögelchen nicht
Aufsperrend die Schnäblein,
Und zwitscherten lustig
Und fragten die Mutter:
Kommt der Vater auch bald
Und bringt uns Futter?
Johann Gottfried Kinkel
Stimmung
Düster liegt die Welt mir da,
Wie ein ödes Meer,
Und der Abgrund ist so nah,
Und er reizt mich sehr.
Drin vergessen und versenken,
Selbst das Schöne mit,
Nichts mehr fühlen, nichts mehr denken,
Erde, wir sind quitt!
Keine Lust ist's, keine Wonne,
Aber mehr als Das,
Keinen Schatten, keine Sonne, –
Keine Lieb', kein Haß! –
Denn im Nichts die Freiheit lieget,
Nicht Notwendigkeit –
Und von fern es schon besieget
Alles – Muß – und Leid.
Düster liegt die Welt mir da,
Wie ein ödes...
Friederike Kempner