Dem Leben Zitate (Seite 45)
Wohl dem, der schon aus seiner Frühlingswelt
zurück zur Heimat kehrt, wo keine Blume
Verwelkt, kein Sommer drückt, kein Herbstwind rauscht,
Die falben Blätter über Stoppeln jagend,
Kein Wintersturm, die greisen Locken schüttelnd,
Mit Schnee die Flur sowie das Herz bedeckt!
Dann ist der Tod ein treuer Freund, der nur
Zu sanftem Schlummer uns die Augen schließt,
Der aus dem Labyrinth des Lebens uns entführt
Und zu dem bessern Sein uns aufwärts trägt.
Minerva, »Taschenbuch für Damen
Lebensquell
Aus dem Wasser kommt das Leben!
Dunst stieg hinauf zu Himmelshöhen,
das Wetter und des Windes Böen
reinigten Luft und Land mit Regen.
Vor grauer Zeit begann sein Werden,
im tiefen kühlen Grund der Erden.
Aus tiefer Kluft da springet silberhell
hervor ein lieblich zarter Bergesquell.
Labt und belebt so manches Lebewesen,
Rinnsal um Rinnsal zum Bache streben,
viele Flüsschen zum Flusse werden,
Ströme fließen dem Meere entgegen.
Pflanzen und Tiere den Lebensquell hegen,...
Horst Reiner Menzel
Im Frühling
Morgenduft!
Frühlingsluft!
Glühend Leben,
Mutige Lust,
Freudiges Streben
In freudiger Brust!
Hinauf, hinauf
Auf der lichten Bahn
Dem Frühling entgegen!
Auf allen Fluren
Der Liebe Spuren,
Der Liebe Segen.
Wälderwärts
Zieht mich mein Herz,
Begaus, Bergein,
Frei in die Welt hinein,
Durch des Tages Glut,
Durch nächtlich Grausen.
Jugendmut
Will nicht weilen und hausen.
Wie alle Kräfte gewaltig sich regen,
Mit heißer Sehnsucht spät und früh,
Dem ewigen Morgen der Liebe...
Karl Theodor Körner
Im Gefängnis
(nach Paul Verlaine)
Der Himmel ist über dem Dach
So blau, so stille.
Ein Baum wiegt über dem Dach
Seines Wipfels Fülle.
Die Glocke im Himmelsraum,
Sie läutet leise.
Ein Vöglein singt auf dem Baum
Seine traurige Weise.
Mein Gott, welche Ruhe hat
Hier das schlichte Leben!
Friedlich dringt aus der Stadt
Ein raunend Weben.
– Sage, was hast denn du,
Weinend in Bann und Acht,
Mit deiner Jugend du,
Ärmster, gemacht?
Karl Henckell
Drängt schon erneuertes Leben
Aus dem erfrornen Reise?
Siehst du die Schollen sich heben?
Regt es sich unter dem Eise?
Morgendlich wärmendes Wehen,
Wiegen und Heben und Senken …
Was will im Innern geschehen,
Wo sich die Wurzeln verschränken?
All du verlornes Empfinden,
Seufzen und Sehnen und Lachen,
Willst du mich wieder umwinden?
Willst du mir wieder erwachen?
Schatten verwundener Schmerzen
Sind nur im Traum noch lebendig
Und in dem klopfenden Herzen
Ruft es und singt es beständig.
Henry von Heiseler
Höchstes Gebot
Hab Achtung vor dem Menschenbild
Und denke, daß, wie auch verborgen,
Darin für irgendeinen Morgen
Der Keim zu allem Höchsten schwillt!
Hab Achtung vor dem Menschenbild
Und denke, daß, wie tief er stecke,
Ein Hauch des Lebens, der ihn wecke,
Vielleicht aus deiner Seele quillt!
Hab Achtung vor dem Menschenbild!
Die Ewigkeit hat eine Stunde,
Wo jegliches dir eine Wunde
Und wenn nicht die, ein Sehnen stillt!
Christian Friedrich Hebbel
Die Unbeliebte
Habt ihr denn wirklich keinen Schimmer
Von Angst, daß ihr noch ruhig schlaft?
Wird denn in dieser Welt nicht immer
Das Leben mit dem Tod bestraft?
Ihr lebt vergnügt, trotz dem Verhängnis,
Das näher stets und näher zieht.
So stiehlt der Dieb, dem das Gefängnis
Und später gar der Galgen blüht.
Hör auf, entgegnet frech die Jugend,
Du altes Jammerinstrument!
Man merkt es gleich: du bist die Tugend,
Die keinem sein Vergnügen gönnt.
Wilhelm Busch
Zwanzig Jahre sind nötig, um den Menschen von dem Pflanzenleben, das er im Schoße seiner Mutter führt, und dem rein animalischen Leben, das der Anteil seiner ersten Kindheit ist, zu dem Zeitpunkte zu bringen, wo die Reife der Vernunft zu dämmern beginnt. Dreißig Jahrhunderte waren nötig, um seinen Bau ein wenig kennen zu lernen. Die Ewigkeit wäre nötig, um etwas von seiner Seele kennen zu lernen. Nur ein Augenblick ist nötig, um ihn zu töten.
Voltaire
... in einer Rabatte vor dem Häuschen stand der größte Geißblattstrauch, den ich noch gesehen, und viele Hundert Blüten waren darauf und verbreiteten ihren würzigen Duft, und viele Bienen und Fliegen und Wespen und Schmetterlinge summten und surrten darauf herum und sogen an den Blüten. Da setzte ich mich denn auf die Holzstufen zu dem kleinen Lusthaus und sah träumerisch dem fremden Leben zu.
Theodor Storm
Sein Blut hingeben, es ist vielleicht das höchste und gewiß das letzte Opfer, das ein Mensch dem anderen bringen kann; aber wie unzählige Male ist dem anderen nicht damit gedient: wie oft ist es eine Münze, die keinen Kurs hat auf dem Markte des Lebens! Eine Handvoll Thaler würde Rettung bringen, ein Stück Brot, eine wollene Decke – ein Nichts – nur daß wir mit all unserem Blute gerade dies Nichts nicht herbeischaffen können.
Friedrich Spielhagen
Mit dem ersten Bewußtsein einer Außenwelt ist auch das Bewußtsein meiner selbst da, und umgekehrt, mit dem ersten Moment meines Selbstbewußtseins tut sich die wirkliche Welt vor mir auf. Der Glaube an die Wirklichkeit außer mir entsteht und wächst mit dem Glauben an mich selbst; einer ist so notwendig als der andere; beide – nicht spekulativ getrennt, sondern in ihrer vollsten, innigsten Zusammenwirkung – sind das Element meines Lebens und meiner ganzen Tätigkeit.
Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling