Alte Zitate (Seite 30)
Altbauidylle
Hinter Häusern, hinter Mauern,
hat das Stadtkind sein Zuhause,
Tag für Tag im Hof rum kauern,
keinen Freiraum für Gesause.
Nur Beton und Wäscheleinen,
weder Blumenbeet, noch Rasen,
Sonnenlicht bleibt hinter Steinen,
nur der Wind kann zaghaft blasen.
Unrat quillt aus Kunststofftonnen,
durch alte Fenster dröhnt Musik,
Jahre sind hier schnell verronnen,
der Altbau modert Stück für Stück.
Dem Eigentümern scheint's egal,
Mitgefühl ist nicht vorhanden,
für ihn sind Kinder...
Horst Rehmann
Zusammenleben
Der Mensch muß wachgerüttelt werden,
dies gilt für Jung und Alt auf Erden,
das Motto heißt – Zusammenleben,
gemeinsam an der Zukunft weben.
Ruckartig muß sich etwas ändern,
auch in korrupt geführten Ländern,
damit sich's wieder lohnt zu leben,
um freudig seinen Kopf zu heben.
Gemeinsamkeit kann viel erreichen,
setzt unaufhörlich Richtungszeichen,
sie gehört grundsätzlich ins Revier,
denn: Zusammenhalt ist eine Zier.
Horst Rehmann
Mut
Das alte Jahr ist nun verronnen,
gehört längst zur Vergangenheit,
Sorgen hat´s nicht mitgenommen,
nur verschoben, in die neue Zeit.
Jeder Mensch muss damit leben,
weil nichts daran zu ändern ist,
drum sollte er das Beste geben,
denn stets versagt der Pessimist.
Fester Wille und gesetztes Ziel,
sind besser als Verdrossenheit,
es wird gewiss kein Kinderspiel,
doch Mut vertreibt selbst Ängstlichkeit.
Horst Rehmann
Es ist ein eigen Ding,
Zu sitzen und zu lauschen,
Wenn draußen vor der Tür
Die schwarzen Tannen rauschen,
Wenn Tropf' auf Tropfen klingt
Hernieder von dem Dach,
Und jeder leise Klang
Ein altes Bild ruft wach;
Wenn von dem Bergeshang
Den Schnee die Windbraut fegt,
Und auf dein träumend Herz
Die Hand die Liebe legt.
Das Feuer schilt und murrt,
Im Winkel pickt die Uhr,
Träumend der Jagdhund knurrt,
Verweht wird jede Spur
Von deinem Fuß da drauß',
Da draußen in dem Schnee,
Nun ist die Welt dein...
Wilhelm Raabe
Der Heimliche
Viel hab' ich besessen –
Die Zeit hat's gefressen.
Viel hab' ich erworben –
Der Neid hat's verdorben.
Viel hab' ich gelesen –
Ist Torheit gewesen,
Die Schwärmer erschufen,
Und längst widerrufen.
Aus spärlichen Restchen
In Truhen und Kästchen,
Frei, fern von den Gassen,
So bau' ich gelassen
Im Fleiße der Jährchen
Ein buntes Altärchen,
Drauf opfer' ich allem, was längst mir geraubt,
Und seliger Torheit, an die ich geglaubt.
Rudolf Presber
Trauriges Lied
Sie wuchsen auf und waren jung
Und liefen Hand in Hand,
Und eines Abends, keiner weiß,
Da hob ein Stern mit Neigen leis
Ein Goldgespinste los –
Sie sanken nieder glanzumspannt
Und sanken tief in Traumes Schoß
Mit langer leiser Liebkosung.
Und wachten auf im Wunderwald
Und liefen Hand in Hand,
Und eines Abends, keiner denkt,
Da ward aus seiner Bahn gelenkt
Der Stern zu anderm Ort –
Sie fanden alles unbekannt
Und irrten um, der da, der dort,
Geworden leer und alt.
Ernst Pfeiffer
Der Exorzist
Ein Exorzist trieb Teufel aus;
Nicht einer durfte lang verweilen:
Mit Flüchen, Lachen oder Heulen
Verließ er stracks das fremde Haus.
Ein altes Weib wird vorgeführt,
Die sich mit allen Vieren bäumet;
Der Priester droht, die Vettel schäumet
Und Satanas kapituliert;
Erlaube mir nach altem Brauch
In eine fette Sau zu fahren;
Er sprachs und fuhr mit Haut und Haaren
Dem Exorzisten in den Bauch.
Gottlieb Konrad Pfeffel
Liebeseifer
Ach Liebste laß uns eilen!
Noch ist es Zeit
Es schadet das Verweilen
Uns beiderseit.
Der edlen Schönheit Gaben
Fliehn Fuß für Fuß
Daß alles, was wir haben,
Uns schwinden muß.
Der Wangen Ziehr verbleichet
Das Haar wird greiß
Der Augen Feuer weichet
Die Brunst wird Eiß.
Das Mündlein von Korallen
Wird ungestalt,
Die Hände, sie verfallen
Und du wirst alt.
Drum laß und jetzt genießen
Der Jugend Frucht
Eh' als wir folgen müssen
Der Jahre Flucht.
Wo du dich selber liebest,
So liebe...
Martin Opitz
Moral
Wird man älter, wird man kälter!
Notgedrungen, liebe Jungen,
Weil die Lendenkräfte enden,
Wenn der Rücken sich bejahrt!
Ach, der Mädchen runde Wädchen
Würden freilich noch abscheulich
Uns erregen und bewegen
Zu Versuchen schlimmster Art.
Stünde Kinder, nicht dahinter
Der Kadaver! Unser braver,
Jugendbarer Tugendwahrer
Spricht in strengem Tone dann:
Pfui den wüsten Sinnenlüsten!
Ich, der Alte, ich enthalte
Mich der Sünde! [Tugendgründe:
Weil er leider nicht mehr kann!]
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Kein Glück
Kein Glück! So hat die Alte mir
mit fahlem Lächeln prophezeit,
wer in der Liebe Spuren geht,
des Weggenoß heißt Herzeleid.
Kein Glück! Ich ging durch Klamm und Kluft
stieg gipfelauf in Mittagglast
und trank der Sonne rotes Blut
und mit mir trank der bleiche Gast.
Kein Glück! Ich trug den Demantkranz,
das Purpurkleid im Märchenschloß,
und steh nun doch an Abgrunds Rand –
und leise lacht...
Clara Müller-Jahnke
Altdeutsches Rätsel
Der junge Held Dietrich von Bern
hatt' edle Sprüch und Rätsel gern.
Da sprach der alte Hildebrand,
sein weiser Meister, wohlbekannt,
des Abends bei der Herdesruh'
einstmalen ihm auch dieses zu:
"Wer ist gar müde, starr und karg,
freudlos wie ein verschloßner Sarg?
Wer sehnt sich hold zum Himmel auf,
Stellt nach dem Christ den Lebenslauf?
Wer sinkt in Erdenlust und Not,
vergißt all göttliches Gebot?
Nun rate, wer da raten kann!
Das alles ist ein einz'ger Mann."
Errötend...
Friedrich Heinrich Karl Freiherr de la Motte-Fouqué
Doch Einer hilft, doch Einer bringt den Frieden.
Umsonst läßt sich vom Himmel nichts erwerben –
du treuer Tod! dich ruft man und du hilfst!
O glücklich ist der Mensch, er kann noch sterben!
All' Glück kann uns der alte Gott zerschlagen,
Nur deinen Trost, du freundlicher Gesell',
Wird er uns nimmermehr versagen.
Julius Mosen
Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden,
Geht endlich arm, zerrüttet, unbeschuht;
Dies edle Haupt hat nicht mehr, wo es ruht,
Mit Tränen netzet sie der Füße Wunden.
Ach, Peregrinen hab' ich so gefunden!
Schön war ihr Wahnsinn, ihrer Wange Glut,
Noch scherzend in der Frühlingsstürme Wut,
Und wilde Kränze in das Haar gewunden.
War's möglich, solche Schönheit zu verlassen?
– So kehrt nur reizender das alte Glück!
O komm, in diese Arme dich zu fassen!
Doch weh! O weh! was soll mir dieser...
Eduard Mörike